(pm/ea) – Am 9. November fand in Rodenbach eine Gedenkveranstaltung zum 86. Jahrestag der Novemberpogrome unter dem Motto „GEMEINSAM GEDENKEN“ statt. Niko Deeg, Botschafter der jüdischen Breslev Gemeinde und Bildungsstättenleiter, hat allen rund 50 Teilnehmern in sehr persönlichen Worten ein großes Dankeschön ausgesprochen und gleichzeitig vor einer bedenklichen Entwicklung gewarnt.
Seine Ausführungen im Wortlaut:
Wir möchten uns herzlich bei allen Bürgerinnen und Bürgern bedanken, die am 09.11.2024, in Rodenbach vor dem Geschichtsverein in der Kirchstraße, an der Gedenkveranstaltung zum 86. Jahrestag der Novemberpogrome / Reichspogromnacht von 1938 durch die Nationalsozialisten und deren Unterstützer aus der bürgerlichen Mitte, teilgenommen haben.
Ihre Anwesenheit und Anteilnahme sind ein kraftvolles Zeichen des Erinnerns und der Solidarität für jüdische Menschen in Rodenbach, wie auf der ganzen Welt. Ein besonderer Dank gilt dem ehrenwerten Bürgermeister von Rodenbach, Klaus Schejna, für seine eindrucksvolle Rede, die uns alle berührt hat. Ebenso danken wir dem Geschichtsverein Rodenbach, Demokratie leben! Erlensee/Rodenbach, der Jüdisch Chassidischen Kultusgemeinde Breslev Deutschland und der jüdischen Bildungsstätte PINOT- Jüdische Bildungsbausteine, für die Organisation und Durchführung dieser so wichtigen und nachhaltigen Gedenkveranstaltung.
Ein besonderer Dank geht an Ricardo Lenzi Laubinger, Sinto, Buchautor und Widerstandskämpfer, der uns mit seiner musikalischen Begleitung durch den Abend geführt hat. Seine musikalischen Stücke haben dazu beigetragen, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam innehalten und gedenken konnten.
Wir sind dankbar für die Unterstützung unserer Mitglieder und Freunde, die sich gemeinsam für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus einsetzen. Gerade in der jetzigen Zeit, in der die Zahlen antisemitischer Übergriffe rasant steigen, ist es unerlässlich, dass wir uns gemeinsam gegen diese Entwicklungen stellen. Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 – 1945 wurden von den 44 namentlich bekannten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern aus Rodenbach 25 Personen in verschiedenen Konzentrationslagern ermordet, drei nahmen sich das Leben. Ihrer sowie aller anderen Opfer möchten wir gemeinsam gedenken.
Es ist erschreckend, dass eine ältere Dame vor der Gedenkveranstaltung bei mir anrief und erklärte, sie würde gerne teilnehmen, aber Angst hat, erkannt zu werden und auch Nachhinein Opfer von Übergriffen zu werden. Diese Schilderungen sind alarmierend und erfordern unser Handeln. Es kann nicht sein, dass jüdische Menschen im Land der Erfindung des Holocaust 86 Jahre nach den Gräueltaten dieser Nacht noch in Angst leben müssen.
Tatsache ist, dass sich heute jüdische Menschen verkleiden müssen, um nicht als Juden erkannt zu werden. Jüdische Symbole wie Schmuck oder Kopfbedeckung werden versteckt. Kinder werden an Schulen misshandelt, und dies nur weil sie Juden sind oder Biblische Namen tragen.
Bürgermeister Klaus Schejna ging auf die aggressiven Übergriffe auf jüdisch/israelische Fußballfans in Amsterdam ein. Selbst Fußballfan, verurteilt Bürgermeister Schejna rassistische, antisemitische Übergriffe im Sport, wie im Alltag.
Ich wurde in den letzten Wochen mitten in der Hanauer Innenstadt antisemitisch angeschrien. Dies am helllichten Tag, mitten in der Innenstadt. Ich trage Kippa und Zizit, somit sichtbar als Jude zu erkennen.
Es ist lobenswert zu erwähnen, dass die Polizei und weitere Ordnungsorgane sich diesem wie anderen antisemitschen Vorfällen angenommen haben, wofür meine Familie sehr dankbar ist.
Die zahlreichen Veranstaltungen in Rodenbach und Erlensee gegen Extremismus, Rassismus, und Antisemitismus, die von Demokratie leben! Erlensee/Rodenbach, die enge und nachhaltig positive Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern, Klaus Schejna für Rodenbach und Stefan Erb für Erlensee sind lobenswert zu erwähnen. Beide nehmen die Arbeit für ein friedliches Miteinander der Bürgerinnen und Bürger in einer gesunden Vielfalt sehr ernst. Diese Arbeit wird seit Jahren unterstützt! Dafür bedanken wir uns von ganzem Herzen.
Danke an alle, die für ein gemeinsames Gedenken und für die Stärkung des Erinnerns an die Opfer des Nationalsozialismus zusammengekommen sind. Für weitere Informationen kann man sich gerne wenden an:
PINOT- Jüdische Bildungsbausteine gUG
Herr Niko Deeg
Steinheimer Straße 47, 63450 Hanau
Telefon: 0171-7438882
E-Mail: niko.deeg@pinot-bildungsbausteine.de
Fotos: PM