(ms/ea) – „Unsere Demokratie ist gegenwärtig Angriffen ausgesetzt, die sowohl von außen als auch von innen kommen“, so Dr. Anton Hofreiter beim – wie bereits kurz berichtet – Neujahrsempfang der Erlenseer Grünen, der in seiner Rede die weltpolitische Lage und deren Auswirkungen auf Deutschland in den Mittelpunkt stellte.
Er skizzierte die globalen Angriffe von Diktaturen auf Demokratien und nannte als Beispiele den Angriff Russlands auf die Ukraine, das iranische Terrorregime und die Absicht Chinas, Taiwan zu überfallen. Aber auch in Europa seien in Ungarn Feinde der Demokratie und Freiheit an der Macht.
In Deutschland sei die Demokratie zudem Angriffen von innen ausgesetzt, die man von den äußeren nicht losgelöst betrachten könne. So unterstütze Russland auf verschiedene Art und Weise beispielsweise die AfD. „Die Neofaschisten wollen Menschen aus unserem Land vertreiben“, so Hofreiter, der zur Verteidigung der Demokratie aufrief.
Es gebe aber auch positive Nachrichten und führte hier die Demonstrationen gegen die AfD an, wovon eine wegen der überaus hohen Anzahl an Teilnehmern aus Sicherheitsgründen sogar vorzeitig beendet werden musste.
Hofreiter rief vehement dazu auf, die Anstrengungen für die innere und äußere Sicherheit zu verstärken.
Diese gelte auch für den Bereich der Technologie- und Energieabhängigkeit: So sei Deutschland auf die in Taiwan hergestellten Halbleiter dringend angewiesen. Bei einem Angriff Chinas auf Taiwan – mit dem in den nächsten Jahren gerechnet werde – sei man von Taiwans Exporten abgeschnitten. Daher habe die Bundesregierung beschlossen, mit Subventionen die Errichtung eines Halbleiterwerks in Magdeburg zu unterstützen. „Dies macht ökonomisch zunächst überhaupt keinen Sinn. Allerdings kann es sein, dass nichts mehr aus Taiwan kommt, daher die Entscheidung auf Reduzierung dieser Abhängigkeit“, so Hofreiter.
Gleiches gelte für den Energiesektor: Deutschland war zum größten Teil von Russland abhängig gewesen. Es sei jedoch gelungen, innerhalb kürzester Zeit diese Abhängigkeit auf Null zu reduzieren.
„Wir brauchen leider mehr Geld für die Bundeswehr, da wir derzeit nur bedingt verteidigungsfähig sind. Ich hätte nie gedacht, sich einmal um militärische Ausrüstung zu kümmern“, so Hofreiter zum Thema Ukraine, der eindringlich forderte, die Ukraine weiter zu unterstützen. „Unser Ziel muss sein, dass Sterben in der Ukraine schnellstens zu beenden“. Die hier bekannten von Russland begangenen Kriegsverbrechen seien nur die Spitze eines Eisbergs. Schon allein aufgrund der unzählig erlittenen Greueltaten werde die Ukraine alles tun, um das Land zu befreien. Putin plane, weitere Länder, auch Kerneuropa, anzugreifen. Es müsse daher in unserem eigensten Interesse sein, dass die Ukraine gewinnt.
„Auch die Klimakrise bedroht unsere Lebensgrundlagen“, so Hofreiter abschließend, der die Thematik des schmelzenden Eises und die Folgen für einen Anstieg des Meeresspiegels beleuchtete. Es gebe aber auch gute Nachrichten: So seien im letzten Jahr in Deutschland so viele neue Photovoltaikanlagen errichtet worden wie nie zuvor.
Seine Rede wurde mehrfach von lauten Zwischenrufen von im Bereich des Eingangs zum kleinen Saal der Erlenhalle stehenden Personen begleitet, denen er zurief, diese sollten doch einmal auf den Roten Platz fahren und versuchen, dort ihre Meinung kundzutun.
Hofreiter sprach selbstkritisch auch Fehler an, die von den Grünen in der Vergangenheit gemacht worden seien. So sei es falsch, von den „alten weißen Männern“ zu reden. Man müsse seiner Meinung nach „anständigen Konservativen“ mit Respekt und Hochachtung begegnen und diese nicht „rechts“ einordnen. Er forderte mehr Mittel für Verfassungsschutz und Polizei und kritisierte eine „Kultur der Straflosigkeit“ in den sozialen Medien. Der Polizei dankte er, dass diese Veranstaltung stattfinden konnte.
Vor der Rede von Hofreiter, die mit einem großen Applaus bedacht wurde, wurde von der Theatergruppe „BusStop – Theater gegen Rassismus“ in einer Szene die Polizei diesbezüglich kritisiert, was bei mehreren Gästen im Nachgang für Kopfschütteln sorgte, zumal die Polizei mit ihren Kräften eben diese Veranstaltung erst ermöglichte.
Die Sicherheitsbehörden waren durch eine Lageeinschätzung im Vorfeld zu dem Entschluss gekommen, Präsenz vor der Erlenhalle und vor dem Veranstaltungssaal zu zeigen. Auch die von den Landwirten beantragte Strecke des Traktoren-Protestzuges wurde mit deren Einvernehmen so festgelegt, dass diese nicht an der Erlenhalle vorbeiführte. Stattdessen wurde vereinbart, dass die Landwirte mit maximal 10 Traktoren vorfahren und mit Hofreiter zu einem Gespräch zusammenkommen können, welches auch im Beisein von Pressevertretern stattfand.
Auf dem Titelfoto: Dr. Anton Hofreiter (2. v.l.) mit Vertretern der Erlenseer Grünen (v.l.) Dieter Nentwig, Gülizar Büyükkoc, Werner Scherer, Renate Tonecker-Bös
Bericht und Fotos: Markus Sommerfeld