„Wir sind die mit der guten Laune“: Erlenseer Grüne luden zum außergewöhnlichen Neujahrsempfang

(mb/ea) – Theaterstücke und eine Band, statt Anzug, Krawatte und obligatorischem Sektglas, wobei letzteres natürlich auch beim Neujahrsempfang der Erlenseer Grünen nicht fehlte. Doch bis auf das Willkommensgetränk war die diesjährige Veranstaltung so gar nicht das, was man von einem Neujahrsempfang – und vor allem von einem politischen, erwartet hätte.

Angesichts der aktuellen Krisen und Probleme in unserer Welt war es schwer vorstellbar, welche Worte gleichzeitig auf eine gute politische Zukunft voller wegweisender Entscheidungen einstimmen und dem Leid der Menschen beispielsweise in der Ukraine gerecht werden könnten. So begann die Fraktionsvorsitzende Renate Tonecker-Bös ihre Rede an die Gäste, unter denen neben Bürgermeister Stefan Erb, die Erste Stadträtin Birgit Behr, die Grüne Direktkandidatin für die Landtagswahl im Oktober, Anja Zeller, und zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Vereine waren, mit einem Gedicht von Erich Fried: „Wer will, dass die Welt so bleibt wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt“. „Wir alle wollen eine bessere Welt“ dazu gehöre aber neben dem richtigen strukturellen Lebensumfeld vor allem der Umgang miteinander,“ so Tonecker-Bös.

Vielleicht hatte man sich auch gerade deshalb dazu entschieden, mit seinem Programm auch zum Nachdenken anzuregen und das Thema Rassismus ganz oben auf die Tagesordnung zu stellen. Dazu hatte man das „BusStop, Theater gegen Rassismus“ eingeladen, dessen Schauspielerinnen und Schauspieler Szenen zum Thema Alltagsrassismus spielten – oft erschreckend ehrlich und direkt, manchmal skurril und lustig, manchmal traurig und erschütternd. Da stimmt es umso nachdenklicher, dass die Geschichten von ihren Darstellern meist selbst erlebt wurden und normalerweise ein 90-minütiges Programm füllen.

Doch die Fraktionsvorsitzende richtete den Blick auch auf das bereits Erreichte, wenngleich sie sich in Bezug auf die Zukunft des Erlenseer Hallenbades von der Arbeitsgruppe vielleicht doch noch eine Lösung für den Weiterbetrieb des Bades erhofft. Luft nach oben für weitere Ziele bleibt also.

Vielleicht auch für den prominenten Gast des Abends, dem Fuldaer Grünen-Landtagsabgeordnete und Sprecher für Kommunales, Tourismus, Handwerk und Mittelstand, Markus Hofmann, denn Renate Tonecker-Bös verwies in ihrer Anmoderation darauf, dass in der Vergangenheit alle Gastreder wie Tarek Al-Wazir, Angela Dorn, oder Omid Nouripour anschließend sehr prominent geworden seien. Vielleicht ein gutes Omen…

„Es sind Zeiten, die uns einiges abverlangen. Die Krisen, die wir momentan haben, türmen sich vor uns auf wie eine und überwindbare Mauer – Inflation, Energiekrise, die größte Fluchtbewegung seit dem 2. Weltkrieg in Europa und der Fachkräftemangel. Meine Strategie ist es, diese Mauer Stück für Stück abzubauen und wenn man erst einmal anfängt, wird man merken, es gibt viele helfende Hände und viele Menschen mit gleichem Empfinden“, so Hofmann.

In Bezug auf die Klimakrise verteidigte Hofmann den ausgehandelten Deal mit RWE und äußerte stattdessen Unverständnis gegenüber den Klimaaktivisten, die grüner Politik die Schuld in die Schuhe zu schieben versuchten, hatte die Entscheidungen doch die Vorgängerregierung getroffen. Die Aufgabe der Grünen sei es vielmehr, die Menschen zu sensibilisieren und nicht zu verbieten. Klar sei nur ein „weiter so“ könne man sich angesichts der weltweiten verheerenden Auswirkungen der Klimakrise gar nicht mehr leisten. Ein erster Schritt sei zum Beispiel die Unabhängigkeit von Russland im Energiesektor, die man unter Robert Habeck in kürzester Zeit umgesetzt habe und die man auch einmal loben sollte. Zwar sei das nur der Anfang, aber umso wichtiger, dort weiterzumachen. So lobte der Landtagsabgeordnete auch die Einführung des 31-Euro-Tickets und die Abfederung der Inflationsspritzen durch die Regierung.

Kritischer äußerte er sich hingegen zur Beschaffungskrise der Bundeswehr. Zwar wünsche er dem neuen Minister viel Glück bei seiner Arbeit, jedoch sei die Krise ein strukturelles Problem und es reiche nicht einen Minister auszutauschen. Das Fazit des Abends war jedoch ein durchweg Positives, voller Aufbruchsstimmung und Tatendrang. „Ich habe den Eindruck, andere Parteien im Landtag haben per se schlecht Laune. Wir sind die mit der guten Laune und müssen uns nicht kleiner machen“, sagte Hofmann.
„Wir haben etwas erreicht und nicht etwas verloren“.

Im Anschluss ließen die Gäste den Abend kulinarisch und mit Musik der Frankfurter Frank Hammer (Gitarre) und Thomas Schilling (Kontrabass) zu eigenen Songs und Klassikern der Beatles, Stones, Elvis, Frank Sinatra, oder AC/DC ausklingen.

Bericht und Fotos: Mike Bender

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