Schimmelpilzbefall in Wohnräumen

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Zu diesem „heißen Thema“ wird häufig nach Fachberichten angefragt. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Dipl.Ing. Ralf Schneider aus Erlensee (www.svd-schneider.de), häufig von Gerichten und Privatpersonen als Gutachter u.a. zu diesem Spezialgebiet beauftragt, informiert darüber in nachfolgendem Beitrag.

Schimmelpilze sind ein natürlicher Teil unserer belebten Umwelt und ihre Sporen sind daher auch in Innenräumen vorhanden. Diese sind normalerweise harmlos. Erst wenn die Konzentration ein bestimmtes Maß übersteigt, kann es zu gesundheitlichen Problemen bei den Bewohnern kommen.

Äußerst genügsam

Das Schimmelpilzwachstum im Innenraum wird hauptsächlich von drei Faktoren beeinflusst: Temperatur, Nährstoffangebot und Feuchtigkeit. Der Temperaturbereich, in dem Schimmelpilze wachsen können, ist weit und in Wohnräumen fast immer gegeben. Auch das Nährstoffangebot ist in den meisten Fällen vorhanden. Schimmelpilze wachsen auf organischen Untergründen, wie Holz, Papier, Textilien, Leder oder Farben, Lacken und Klebern. Doch auch in und auf Zement und Beton kann Schimmelwachstum entstehen. Schimmelpilze sind sogar so genügsam, dass sie selbst auf Materialien gedeihen, die selbst keine Nährstoffe abgeben (z.B. Glas), wenn sich auf ihnen organische Partikel oder Stäube aus der Luft abgesetzt haben.
Die wichtigste Voraussetzung für das Schimmelpilzwachstum ist jedoch das Vorhandensein von Feuchtigkeit. Es genügt bereits eine relative Luftfeuchtigkeit von ca. 80 Prozent an der Oberfläche des Materials, dass der Schimmelpilz wachsen kann. Besonders gut gedeiht er jedoch dort, wo flüssiges Wasser, z.B. in Form von Tauwasser, vorhanden ist.

Ursache: Tauwasserbildung

Wenn das Gebäude vorschriftsgemäß abgedichtet ist, über einen intakten Schlagregenschutz verfügt, keine Leckagen aufweist und weder durch einen Rohrbruch noch durch Hochwasser beschädigt wurde, ist das Schimmelpilzwachstum in der Regel auf Tauwasserbildung an Innen-Oberflächen zurückzuführen. Die Ursachen dafür können entweder in einem Baumangel (z.B. Wärmebrücken) liegen, oder aber in einem falschen Nutzerverhalten begründet sein.
Ist die Raumluftfeuchte zeitweise oder dauernd erhöht, ist das Risiko für ein Schimmelpilzwachstum vorhanden. Ob dies der Fall ist, lässt sich leicht mithilfe eines Hygrometers feststellen. Als Faustregel kann im Altbau von einem Grenzwert von 50 Prozent im Neubau von 60 Prozent (während der Heizperiode) ausgegangen werden. Wird dieser Wert überschritten, sollten dringend Maßnahmen zur Absenkung der Raumluftfeuchtigkeit ergriffen werden. Damit die Raumluftfeuchtigkeit nicht „unnötig“ erhöht wird, sollte der Wohnungsnutzer einige Regeln beachten:
• keine Wäsche in der Wohnung trocknen (eine Maschinenladung gibt im geschleuderten Zustand in 24 Stunden ca. 1,0 – 1,5 Liter Feuchtigkeit an die Luft ab, tropfnass aufgehängt sind es sogar 2,0 – 3,5 Liter)
• den Bestand an Grünpflanzen begrenzen (aus Grünpflanzen verdunsten in 24 Stunden ca. 0,5 – 1,0 Liter Feuchtigkeit)
• nach dem Duschen sofort lüften und das Wasser an der Duschwand abtrocknen (beim Duschen entstehen ca. 0,5 – 1,0 Liter Feuchtigkeit)

Feuchtigkeit abtransportieren

Schimmelpilzbildung tritt häufig in Gebäuden auf, die nachträglich mit dichten Isolierglasfenstern ausgestattet oder bereits entsprechend der Wärmeschutzverordnung/Gebäudeenergiegesetz gebaut wurden. Durch die hohe Dichtigkeit der Fenster wird der natürliche Luftaustausch reduziert. Der Wohnungsnutzer muss seine Gewohnheiten ändern und die im Raum entstehende Feuchtigkeit durch vermehrtes Lüften ableiten. Leider wird die zu hohe Luftfeuchtigkeit aber meist erst wahrgenommen, wenn es zur Schimmelbildung kommt. Früher, als die Fenster diejenigen Bauteile waren, an denen der Wärmeverlust am größten war, machte sich eine zu hohe Luftfeuchtigkeit durch Beschlagen der Scheiben bemerkbar. Nach dem Einbau dichter Isolierglasfenster ist der kälteste Punkt in einem Raum nicht mehr die Fensterscheibe, sondern beispielsweise die Leibung oder eine Außenecke. Da die Tauwasserbildung dort nicht sofort wahrgenommen wird, kommt es häufiger zu Schimmelpilzbefall. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, mithilfe eines Hygrometers die Luftfeuchtigkeit zu beobachten, um einer Schimmelbildung rechtzeitig durch entsprechende Maßnahmen, z. B. Lüften, entgegenzuwirken.
Beim Lüften gelangt kalte Außenluft in den Innenraum. Diese nimmt beim Erwärmen Feuchtigkeit auf. Durch erneutes Lüften kann die Feuchtigkeit so abtransportiert werden. Je kälter die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie beim Erwärmen aufnehmen. Daher können insbesondere im Winter durch Lüften große Mengen Feuchtigkeit aus einem Raum entfernt werden. Dies dürfte auch ein gutes Argument für die Ausführung von Maler- und Stuckateurarbeiten im Innenbereich während der – ohnehin auftragschwächeren – Wintermonate sein. Durch Streichen oder Verputzen eingebrachte Feuchtigkeit bleibt während der kalten Jahreszeit nicht so lange im Raum vorhanden wie im Sommer.

Richtiges Lüften

Doch eine Lüftung bringt nur dann den gewünschten Erfolg, wenn sie richtig durchgeführt wird. Bei üblicher Nutzung ist eine Luftwechselrate von 0,5/h sinnvoll. Das bedeutet, dass die Luft eines Raumes insgesamt einmal komplett innerhalb von zwei Stunden ausgewechselt werden muss. Der notwendige Luftaustausch ist jedoch von der Raumgröße und in erster Linie von der Belegungsdichte abhängig. Idealerweise sollte mehrmals täglich eine kurze Stoßlüftung durchgeführt werden. Dazu werden ein oder – noch besser – mehrere Fenster für fünf bis zehn Minuten weit geöffnet. Durch diese Form des Lüftens wird die Luft zwar relativ schnell ausgetauscht, die Räume kühlen aber nicht aus. Wände, Decken und Boden können die Wärme für einige Zeit speichern. Problematisch kann dagegen eine ständige Kippstellung der Fenster werden. Zum einen ist der Luftaustausch wesentlich geringer, zum anderen können die Bereiche um das Fenster auskühlen. Trifft die warme, mit Wasser gesättigte Raumluft auf die kalten Oberflächen, kann es zur Schimmelpilzbildung kommen.
Aus demselben Grund ist auch bei der Lüftung von Kellerräumen im Sommer Vorsicht geboten. Dort ist die Wandtemperatur auch im Sommer häufig niedrig. Strömt die warme Außenluft in den Kellerraum und kühlt auf den Oberflächen ab, kann es auch hier zur Kondensation und möglicherweise zum Schimmelpilzwachstum kommen.
Schimmelpilzbildung ist häufig in Schlafzimmern oder selten genutzten Räumen, wie z.B. Gästezimmern anzutreffen. Diese Räume werden meist nicht oder nur wenig geheizt und durch Öffnen der Zimmertüre gelegentlich mittels warmer Luft aus anderen Zimmern kurzfristig (z.B. am Abend) aufgewärmt. Auch hier strömt mit der warmen Luft Feuchte in den Raum, die sich an den kühlen Wand- oder Deckenflächen niederschlagen kann. Ein gleichmäßiges Heizen ist daher empfehlenswert. Die Raumluftfeuchte sinkt, und die Oberflächentemperatur wird angehoben. Das Risiko für einen Schimmelpilzbefall wird reduziert. Wenn man bedenkt, dass eine Person pro Nacht bis zu einem Liter Wasser abgibt, wird klar, warum richtiges Heizen und Lüften gerade in diesen Räumen besonders wichtig ist.

Weitere Faktoren

Doch nicht nur falsches Lüften oder Heizen, auch ungeschickte Möblierung kann zu Schimmelschäden führen. Größere, dicht an die Wand gerückte Möbelstücke behindern die Erwärmung der dahinter liegenden Wandfläche. An der kühlen Oberfläche einer Außenwand hinter einem solchen Möbelstück (oder einem langen, dichten Vorhang) kann es zum Tauwasserausfall mit den Folgen der Schimmelpilzbildung kommen. Möbelstücke sollten daher möglichst nicht an nicht oder schlecht gedämmten Außenwänden (oder gar Außenecken) platziert werden. Ist eine andere Platzierung im Raum nicht möglich, sollte ein Mindestabstand von der Wand von 10 cm eingehalten werden. Eine vertikale Zirkulation sollte bei großen Möbelstücken ebenfalls möglich sein (Möbel auf Füße stellen, raumhohe Schränke vermeiden).
Außer hinter Möbelstücken können Wände auch auf Grund von konstruktiven Mängeln (z.B. Wärmebrücken) partiell auskühlen und Schimmelpilzbildung begünstigen. Hier kann nur die Anbringung einer ausreichenden Wärmedämmung (möglichst einer Außendämmung) Abhilfe schaffen. Eine Innendämmung kann aus bauphysikalischen Gründen (die Temperatur im Wandbildner wird stark abgesenkt, und es entstehen dort hohe Feuchten) kritisch sein. Hier sollte man unbedingt einen Fachplaner (Architekt, etc.) hinzuziehen.
In Neubauten kommt neben den erwähnten Feuchtigkeitsursachen noch die Neubaufeuchte dazu. Die verwendeten Mörtel, Putze, Estriche oder Betone enthalten große Mengen Wasser, das teilweise erst über mehrere Heizperioden hinweg austrocknet. Der Nutzer sollte unbedingt darauf hingewiesen werden, dass die erhöhte Luftfeuchtigkeit abgelüftet werden bzw. durch eine technische Trocknung aus der Wohnung entfernt werden muss.

Beseitigung des Befalls

Neben der Suche und – nach Möglichkeit – der Beseitigung seiner Ursachen muss der Schimmelpilzbefall schnellstmöglich entfernt werden. Dabei muss das Ziel sein, die Schimmelpilze vollständig zu entfernen und nicht nur abzutöten. Auch von abgetöteten Schimmelpilzen kann nämlich eine allergische Wirkung ausgehen.
Saugfähige Materialien, wie Holzwerkstoffe (Spanplatten, etc.), Papier und Gipsplatten müssen deshalb vollständig entfernt werden. Auch Heimtextilien müssen meist entsorgt werden. Tapeten sind möglichst nass abzulösen. Die entfernten Materialien werden in reißfesten Behältnissen staub und luftdicht verpackt entsorgt. Massivholz kann eventuell abgewaschen oder abgehobelt werden, bis der Befall entfernt ist. Beschichtete Oberflächen und keramische Beläge können nach der Reinigung (z.B. mit Wasser und normalem Haushaltsreiniger) und evtl. Desinfizierung weiterverwendet werden. Bei befallenen Putzflächen ist entscheidend, wie stark und wie lange sie schon durchfeuchtet sind. Bei längerfristiger Durchfeuchtung muss die gesamte befallene Putzlage großzügig entfernt werden. Da der Schimmel in den trockenen Putz nicht eindringt, muss Schimmelbefall, der durch Oberflächenkondensation ausgelöst wurde, die Putzlage dagegen nicht unbedingt entfernt werden. Die Putzoberfläche kann mit 80-prozentigem Ethylalkohol desinfiziert werden. In Einzelfällen kann auch ‚Chlorbleichlauge eingesetzt werden. Nach einer derartigen Behandlung sollte der Raum allerdings erst freigegeben werden, wenn kein Chlorgeruch mehr wahrzunehmen ist. Häufig wird die Verwendung einer Essiglösung empfohlen. Diese ist aber meist nicht sinnvoll, da viele Baustoffe, wie z.B. Kalk, eine Neutralisation bewirken und mit dem Essig zudem organische Nährstoffe auf das Material gelangen, die das Pilzwachstum sogar noch fördern können. Von der Verwendung fungizider Produkte im Innenraum ist ebenfalls abzusehen da nicht auszuschließen ist, dass die Stoffe die Gesundheit der Bewohner gefährden.
Da bei der Beseitigung von Schimmelpilzbefall sehr hohe Konzentrationen an Sporen freigesetzt werden können, sollte eine Sanierung nur unter geeigneten Sicherheits- und Arbeitsschutzbedingungen durchgeführt werden. Ein Einwegschutzanzug mit Kapuze, geeignete Handschuhe, eine Schutzbrille und eine Atemschutzmaske mit P3-Filter sollten daher zum Schutz getragen werden.

Fundierte Ausbildung nötig

Obwohl Feuchtigkeit und Schimmelpilzbefall in Wohnräumen immer häufiger anzutreffen sind, ist das Fachwissen darüber noch relativ gering. So kommt es immer wieder zu Fehlanalysen, falschen Sanierungsmaßnahmen und zur Gesundheitsgefährdung von Wohnungsnutzer und „Sanierern“.