Nach der Pandemie-Pause wollen viele Unternehmen auch im Auslandsgeschäft wieder durchstarten – und missachten womöglich manche Risiken. Inkassospezialisten helfen, Forderungen durchzusetzen.
Auf den ersten Blick versprach die Sache wenig Aussicht auf Erfolg. Die Schuldnerin war in die Wildnis Norwegens ausgewandert und hatte in Deutschland offene Rechnungen zurückgelassen. Die Inkassomitarbeiter von Creditreform erhielten von einem Kunden eine titulierte Forderung und suchten nach einer Möglichkeit, Geld von der Auswanderin zu erhalten. Eine Zwangsvollstreckung erschien in dieser Situation wenig aussichtsreich. Aber dann erfuhren die Experten, dass die Schuldnerin mehrere Bücher geschrieben hatte, veröffentlicht von zwei deutschen Verlagen. So ergab sich die Chance, Honorare aus verkauften Büchern zu pfänden und die Forderung zum Abschluss zu bringen. Ein Glücksfall für den Gläubiger.
Als einer der führenden Anbieter von Inkassodienstleistungen im Ausland arbeitet Creditreform mit einem dichten, weltweiten Netz von Landesgesellschaften sowie Partnerunternehmen und Rechtsanwälten zusammen, die auf den Forderungseinzug in dem jeweiligen Land spezialisiert sind. „Die Präsenz vor Ort, Sprachkenntnisse und das Wissen um die landes¬typischen Gepflogenheiten erhöhen üblicherweise die Chance, Forderungen durchzusetzen“, erläutert Oliver Höfs, Abteilungsleiter Auslandsinkasso beim Verband der Vereine Creditreform. Mahnschreiben, so empfiehlt er, sollten möglichst immer in der Landessprache formuliert sein – und zwar professionell. „Wer lediglich mit Übersetzungsprogrammen arbeitet, wird nicht ernst genommen.“ Ganz wichtig sei es, eine eindeutige Zahlungsfrist zu setzen. Die Tonalität könne den im innerdeutschen Geschäftsverkehr üblichen Mahntexten entsprechen, meint Höfs. Das heißt, beginnend mit einer vorsichtigen Zahlungserinnerung bis hin zu einer letzten Mahnung, die finanzielle und rechtliche Konsequenzen der Nichtzahlung aufzeige.
Auslandsinkasso: Dienstleister früh einschalten
Und wenn auch das nicht hilft? Viele Gläubiger scheuen erfahrungsgemäß davor zurück, einen Inkassodienstleister einzuschalten, weil sie fürchten, damit die Geschäftsbeziehung nachhaltig zu zerstören. Höfs widerspricht: „Wer zu lange wartet, verringert die Chance, sein Geld zu erhalten. Denn ein Inkassounternehmen ist umso erfolgreicher, je früher es beauftragt wird. Im Idealfall sollte die übergebene Forderung nicht älter als 60 Tage sein.“ Am Ende bleibt immer noch die Option, vor Gericht zu ziehen. Doch dieser Schritt will gut überlegt sein. Zum einen sollten die zu erwartenden Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zum Forderungsbetrag stehen. Zum anderen ist der zeitliche Aufwand nicht zu unterschätzen. Laufzeiten von drei Jahren und länger sind bei Gerichtsverfahren im Ausland nicht selten.
Bonitätsprüfung: Neue Geschäftspartner auf dem Prüfstand
Am besten ist natürlich, wenn es gar nicht erst zu offenen Forderungen kommt. Exporteure tun deshalb gut daran, neue ausländische Geschäftspartner einer Bonitätsprüfung zu unterziehen und bestehende Beziehungen intensiv zu überwachen. Inkassospezialist Höfs befürchtet, dass viele Unternehmen nach der langen Pandemiezeit nun wieder durchstarten wollen und dabei womöglich manche Risiken vernachlässigen, die im Auslandsgeschäft lauern. „Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen verfügen in der Regel über vergleichsweise wenig Erfahrung im Umgang mit internationalen Geschäftspartnern. Zudem fehlt es ihnen häufig an den notwendigen Kapazitäten für ein umfangreiches Risikomanagement“, beobachtet er.
Viele Exporteure fühlen sich auf der sicheren Seite, wenn sie auch bei Lieferungen ins Ausland einen Eigentumsvorbehalt vereinbaren. Sie vertrauen darauf, dass die Ware – wie im deutschen Recht geregelt – bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises in ihrem Eigentum bleibt. Doch das ist häufig ein Trugschluss. Denn der Eigentumsvorbehalt richtet sich immer zwingend nach der Rechtsprechung des Landes, in dem sich die Ware aktuell befindet. Viele ausländische Rechtsordnungen haben jedoch ein anderes Verständnis vom Rechtsbegriff des Eigentumsvorbehalts oder kennen ihn möglicherweise auch gar nicht. In den USA zum Beispiel ist er völlig unbekannt. „Somit hilft ein Eigentumsvorbehalt als Sicherungsmittel oftmals nicht“, betont Höfs.
Forderungsmanagement: Geduld mitbringen
Eine Sache sollten Gläubiger im Forderungsmanagement mit ausländischen Geschäftspartnern besonders beachten: Sie benötigen Geduld. Während in Deutschland zwischen Rechnungserstellung und Zahlungseingang im Durchschnitt weniger als 30 Tage vergehen, sind es in anderen westeuropäischen Ländern gut 40 Tage und in Osteuropa mehr als 50 Tage. Gläubiger von Unternehmen in Italien und Polen müssen durchschnittlich sogar mehr als 70 Tage auf ihr Geld warten. Inkassofachmann Höfs wundert sich, wie gutgläubig sich viele Unternehmen im Auslandsgeschäft von ihren Schuldnern mitunter vertrösten lassen. „Spätestens wenn der bisherige Ansprechpartner plötzlich nicht mehr erreichbar ist oder auf einmal sprachliche Barrieren auftauchen, sollten die Alarmglocken läuten.“
Immerhin: So schnell wie in Deutschland (nach drei Jahren) verjähren Forderungen in nur wenigen Ländern. In Frankreich beispielsweise sind fünf Jahre üblich, in Italien sogar zehn Jahre. Allerdings: Überall im Ausland beginnt die Uhr mit dem Rechnungs- oder Fälligkeitstag zu ticken. Nur nicht in Deutschland. Hierzulande startet die Frist mit dem Ende des Jahres, in dem die Rechnung erstellt wurde.
Quelle: Magazin „Creditreform“
Text: Stefan Weber
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