(pm/ea) – Beim Thema Kinderlähmung (Poliomyelitis) sind die Bürgerinnen und Bürger des Main-Kinzig-Kreises dazu aufgerufen, den Impfstatus ihrer Kinder zu überprüfen. Darauf macht das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-Kreises aufmerksam. Hintergrund sind alarmierende Ergebnisse eines Abwassermonitorings in mehreren deutschen Städten.
Die auch als Kinderlähmung bekannte Poliomyelitis, die in den 50er Jahren zu mehreren zehntausend schweren Krankheitsfällen führte, lässt sich zuverlässig durch die Impfung mit inaktivierten Polioviren vermeiden. Diese sogenannte IPV-Impfung wird in Deutschland seit 1998 von der Ständigen Impfkommission empfohlen. Zuvor stand lediglich die Schluckimpfung mit lebenden, abgeschwächten Polioviren zur Verfügung, die jedoch mutieren und in seltenen Fällen eine Polioerkrankung auch bei ungeimpften Kontaktpersonen hervorrufen können. In einigen Ländern wird eine solche Schluckimpfung weiterhin verabreicht, so dass sich das risikobehaftete Schluckimpfvirus weiterverbreiten kann. Kürzlich wurden solche Viren auch in dem vom Robert-Koch-Institut (RKI) als Frühwarnsystem eingesetzten Abwassermonitoring in mehreren deutschen Städten nachgewiesen, Erkrankungen oder Verdachtsfälle wurden allerdings nicht gemeldet.
Die IPV-Impfung schützt sowohl gegenüber diesen Impfvirus-Varianten als auch gegenüber dem klassischen Poliovirus, das in der östlichen Mittelmeerregion nach wie vor präsent ist.
Die hochansteckende Krankheit Kinderlähmung bedroht vor allem ungeimpfte oder nicht vollständig geimpfte Personen und Kinder unter fünf Jahren. Sie wird überwiegend mittels Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen, gelegentlich jedoch auch über Tröpfchen (Husten, Niesen) und kann in schweren Fällen dauerhafte Lähmungen verursachen. Eine gute Händehygiene kann die Ansteckung und Verbreitung der Polioviren reduzieren, der beste Schutz vor der Erkrankung ist jedoch ein vollständiger Impfschutz. Dank hoher Impfquoten und guter Hygienebedingungen gilt das Infektionsrisiko in Deutschland derzeit als gering.
Das RKI warnt jedoch davor, dass bei anhaltender Zirkulation der Viren vereinzelt Erkrankungsfälle auftreten könnten. Gerade bei vielen Kindern in Deutschland ist der Polio-Impfschutz nicht optimal. Laut RKI sind im Alter von zwölf Monaten gerade einmal 21 Prozent der Kinder vollständig geimpft, obwohl die Grundimmunisierung bis zu einem Alter von zwölf Monaten abgeschlossen sein sollte. Im Einschulungsalter von sechs Jahren haben laut RKI 88 Prozent den vollständigen Schutz. Ziel ist eine Impfquote von mindestens 95 Prozent bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Im Main-Kinzig-Kreis liegt die Impfquote bei rund 93 Prozent. Das ergaben die im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung erhobenen Daten des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes des Amtes für Gesundheit und Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-Kreises.
Der Leiter des Amtes für Gesundheit und Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-Kreises, Dr. Wolfgang Lenz, empfiehlt daher, den Impfstatus von Kindern als besonders vulnerable Gruppe für Poliomyelitis überprüfen zu lassen und versäumte Impfungen schnellstmöglich nachzuholen. Um einen langanhaltenden Impfschutz zu erzielen, sollte nach der vollständigen Grundimmunisierung im Kindesalter eine Auffrischimpfung im Alter von 9 bis 16 Jahren erfolgen.
Weitere Auskünfte erteilen die Haus- und Kinderärzte im Main-Kinzig-Kreis und das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr.