(pm/ea) – Die Landesregierung hat den Entwurf für ein „Gesetz über die Ausgliederung der Stadt Hanau aus dem Main-Kinzig-Kreis und zur Änderung anderer Rechtsvorschriften“ in den Hessischen Landtag eingebracht. Mit dem Gesetz soll die bisher dem Main-Kinzig-Kreis angehörige Stadt Hanau den Rechtsstatus einer kreisfreien Stadt erhalten.
Zudem soll das Gebiet des Main-Kinzig-Kreises neu gegliedert werden. Grundlage für das Gesetz ist der einvernehmlich zwischen den beiden Kommunen ausgehandelte Auseinandersetzungsvertrag, der die Einzelheiten der Rechtsfolgen, der Auseinandersetzung und des Aufgabenübergangs regelt.
Dazu führte Kommunalminister Roman Poseck aus: „Die Kommunen sind der Ort, an dem sich tausende Menschen heimisch fühlen. Regionale und kommunale Identität sind für unser Gemeinwesen unabdingbar. Mitgeprägt werden sie auch von der Verwaltungseinheit, in der ein Mensch lebt.
Auf Wunsch Hanaus haben die Stadt und der Main-Kinzig-Kreis seit Ende 2019 bilateral über eine Auskreisung der ,Brüder-Grimm-Stadt‘ und deren Folgen verhandelt. Einvernehmlich konnten Stadt und Kreis sich auf einen Auseinandersetzungsvertrag einigen. Allen Beteiligten danke ich für ihre Mitwirkung an einer einvernehmlichen Lösung, die Grundlage für den vorliegenden Gesetzentwurf ist.
Bei einer Auskreisung sind neben den Voraussetzungen an die Stadt auch die Auswirkungen auf den Kreis und die verbleibenden Kommunen zu berücksichtigen. Nur wenn das Überwiegen der Gründe des öffentlichen Wohls gegeben ist, liegen die Voraussetzungen für eine Ausgliederung vor. Eine umfassende Abwägung hat ergeben, dass dies im Falle Hanaus und des Main-Kinzig-Kreises gegeben ist.
Insbesondere seit 2011 verzeichnete Hanau durch Zuzug einen deutlichen Bevölkerungsanstieg. Damit sticht Hanau auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl der größten Städte des Kreises heraus. Als größte Stadt des Kreises und hessenweit einwohnerstärkste Sonderstatusstadt nimmt Hanau, die von 1886 bis 1974 bereits kreisfrei war, seit Jahren selbstständig Aufgaben wie die Schulträgereigenschaft und die Bauaufsicht wahr, die zum Aufgabenbereich kreisfreier Städte oder der Kreise gehören. Auch verfügt Hanau über ein eigenes Schulamt und eine KFZ-Zulassungsbehörde. Dies sind Aufgaben, die in der Regel auch auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte verankert sind. Das zeigt, dass die Leistungsfähigkeit und Verwaltungskraft Hanaus gegeben ist. Von der Eigenständigkeit werden die Bürgerinnen und Bürger Hanaus profitieren, da zukünftig nahezu alle Leistungen aus einer Hand erfolgen sollen.
Parallel ist der Main-Kinzig-Kreis ein starker und erfolgreicher Landkreis mit einer stabilen Kreisstruktur. Auch nach der Auskreisung Hanaus wird er mit rund 320.000 Einwohner der einwohnermäßig zweitgrößte Landkreis bleiben. Mit dem Kreissitz in Gelnhausen ist der Main-Kinzig-Kreis gut aufgestellt. Er ist leistungs- und zukunftsfähig. Mit der angestrebten Eigenständigkeit Hanaus als mit Abstand größte Stadt des Main-Kinzig-Kreises wird die Struktur des Kreisgefüges ausgewogener. Durch den Wegfall eines Teils der Aufgaben für die größte Sonderstatusstadt Hessens sehe ich für den Main-Kinzig-Kreis die Chance, dass die Belange der mittleren Städte und ländlichen Gemeinden noch stärker in den Fokus genommen werden können.
In diesem Ausnahmefall bin ich davon überzeugt, dass mit dem Gesetz die kommunale Identität gestärkt und zwei attraktive und zukunftsfähige Kommunen – eine kreisfreie Stadt Hanau und ein in seiner Struktur ausgewogenerer Main-Kinzig-Kreis – geschaffen werden. Deshalb unterstützt das Land die Auskreisung Hanaus und schafft mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg die Grundlagen für die Eigenständigkeit einer vormals kreisangehörigen Stadt.“
Hintergrund: Grenzänderung und kreisfreie Stadt
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hanau hat in ihrer Sitzung am 20. August 2018 einstimmig beschlossen, das Land Hessen zu bitten, ein Gesetz zu beschließen, das die Ausgliederung der Stadt Hanau aus dem Main-Kinzig-Kreis und die Kreisfreiheit der Stadt Hanau regelt. Dieser Beschluss wurde der Hessischen Landesregierung mit Schreiben vom 20. August 2018 übersandt.
Voraussetzung für die Ausgliederung einer Stadt aus einem Landkreis (Auskreisung) ist ein Landesgesetz. Nach § 14 Abs. 1 der Hessischen Landkreisordnung (HKO) können die Grenzen der Landkreise aus Gründen des öffentlichen Wohls geändert werden. Im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Interessen sind neben den Interessen der Stadt Hanau auch die Auswirkungen der Auskreisung auf den Landkreis und auf die anderen kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Main-Kinzig-Kreises zu berücksichtigen. Nach einer Gesetzesänderung 2019 können Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern nach § 4a Abs. 1 Satz 3 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) auf Antrag durch Gesetz zur kreisfreien Stadt erklärt werden. Da der Antrag der Stadt Hanau bereits vor der Gesetzesänderung gestellt worden war, wurde eine Übergangsvorschrift (§ 149 Abs. 1 HGO) geschaffen, die die Stadt Hanau von der in der HGO festgestellten erforderlichen Mindesteinwohnerzahl ausnimmt. Mit dem Wirksamwerden der Auskreisung durch das Hanau-Auskreisungsgesetz entstehen zwei unabhängige Gebietskörperschaften mit den ihnen qua Gesetz erwachsenden Rechten und Pflichten.
Neben dem Hanau-Auskreisungsgesetz umfasst das in erster Lesung in den Hessischen Landtag eingebrachte Gesetz auch Änderungen aus dem Bereich des Wahlrechts, welche den aufgrund der Ausgliederung der Stadt Hanau aus dem Main-Kinzig-Kreis erforderlichen Neuzuschnitt einiger Wahlkreise regeln, maßgeblich notwendige redaktionelle Folgeänderungen in zahlreichen weiteren Gesetzen und Verordnungen. Voraussichtlich am 16. Dezember 2024 soll der Grenzänderungsvertrag final beschlossen werden. Die Ausgliederung der Stadt Hanau aus dem Main-Kinzig Kreis soll zum 1. Januar 2026 wirksam werden.