(ms/ea) – Nach der Vorlage der finanziellen Bilanz der „Erlenseer Kulturnächte“ am Mittwochabend in der gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses und des Sozialausschusses ist die Zukunft der Veranstaltung ungewiss, wenn man die Redebeiträge der Ausschussmitglieder zusammenfasst.
Klaus Brauer von der Stabsstelle S1 der Erlenseer Stadtverwaltung erläuterte zu Beginn der Sitzung ausführlich die Zahlen (nachfolgend gerundet):
Insgesamt wurden für die drei Konzertveranstaltungen Ausgaben in Höhe von 419.900 Euro getätigt. Darin enthalten sind die Gagen (inkl. Hotel, Shuttle-Service und Catering) für die Künstler Chris Norman (65.600 Euro), Kim Wilde (73.500 Euro) und Manfred Mann (42.200) und die Kosten für Bühne, Technik, Mietservice, PR-Arbeit, Management-Dienstleistung, Versicherungen und Security sowie sonstige Ausgaben, die sich insgesamt auf 238.700 belaufen und sich relativ gleichmäßig auf die drei Veranstaltungen verteilen.
Die Einnahmen aus dem Ticketverkauf belaufen sich auf 182.200 Euro, wobei sich der Ticketverkauf sehr unterschiedlich gestaltete. Bei einem Ticketpreis von 75 Euro für das Konzert von Chris Norman wurden 926 Tickets, für den Preis von 69 Euro (Kim Wilde) 524 Tickets und für 54 Euro (Manfred Mann) 1450 Tickets verkauft. Ursprünglich kalkulierte man mit dem Verkauf von 1500 Tickets pro Konzert.
Insgesamt ergibt sich als Saldo ein Defizit in Höhe von 237.700 Euro, welches durch Spendeneinnahmen von 45.500 Euro auf 192.200 reduziert werden konnte. Durch die Bildung eines Veranstaltungsbetriebs gewerblicher Art ergibt sich als Endergebnis nach Abzug der Vorsteuer ein Minus von 151.200 Euro.
Auf Nachfrage von Ausschussmitgliedern ergänzte Bürgermeister Stefan Erb die aufgezählten Kosten noch um die vom Bauhof erbrachten Leistungen in Höhe von rund 50.000 Euro, so dass sich insgesamt unter Berücksichtigung dieser Kosten ein Defizit in Höhe von rund 200.000 Euro ergibt.
Sascha Schneider (CDU) kritisierte heftig das aufgelaufene Defizit und betonte, dies sei keine Aufgabe der Kommune sondern eher eines Dienstleisters für Konzertveranstaltungen. Bei jeder zusätzlichen Ausgabe für eine freiwillige Leistung komme das Thema „Büchereischließung“ hoch. Doch die Kosten für die Bücherei seien nichts gegen dieses Defizit. Außerdem sprach er die Hallenbadschließung an.
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Renate Tonecker-Bös, bemerkte, „150.000 Euro Defizit sollten wir uns nicht leisten“. Sie sei grundsätzlich nicht gegen die Kulturnächte, aber nicht in dieser Größenordnung. 15.000 Euro sollten ausreichen. Eine Entscheidung könne man derzeit nicht fällen, da der kommende Haushaltsplan noch völlig unbekannt sei.
Für Kulturveranstaltungen mit kleinerem Budget unter Beibehaltung der Marke „Erlenseer Kulturnächte“ sprachen sich auch Sylvia Ostermeyer und Rainer Bousonville von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen aus. Man sollte stärker Erlenseer Bürger einbinden sowie mit Kooperationspartnern und Künstlern aus der Region planen.
Eile für den Beschluss sei deshalb gegeben, weil man für das kommende Jahr Verträge mit den Künstlern abschließen müsse, antwortete Erste Stadträtin Birgit Behr, die zudem darauf hinwies, dass solche Konzertveranstaltungen immer defizitär seien. Man müsse daher normalerweise mit 50.000 bis 70.000 Euro rechnen. „Möchte man den Bürgern etwas bieten, muss man auch Geld in die Hand nehmen“, so Birgit Behr.
John Ennin (CDU) stellte die Frage, „ob wir uns nicht angreifbar machen, wenn wir das Hallenbad schließen und gleichzeitig die Kulturnächte trotz dieses Defizits durchführen“.
Dass dies ein erster Versuch war und der Lerneffekt da sei, betonte Bürgermeister Stefan Erb. Die Kalkulation müsse geschärft werden, außerdem könnten die Stadtverordneten den Beschluss fassen auch im Vorgriff auf die Haushaltsberatungen. Die Beträge für das Hallenbad seien mit denen der Kulturnächte nicht vergleichbar.
SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Martin Maul zeigte sich entsetzt angesichts der vorgelegten Zahlen, die er bislang nicht gekannt habe und sah weiteren Beratungsbedarf.
Stadtrat Werner Bös (Bündnis90/Die Grünen) informierte, dass im Magistrat ausführlichere Zahlen vorgelegt hätten, die man vielleicht auch zur Verfügung stellen könnte.
CDU-Fraktionsvorsitzender Horst Pabst betonte, dass selbst die gut besuchten Festspiele in Hanau ein Defizit ausweisen. Bei den Kulturnächten läge die Hälfte der Kosten nicht bei den Künstler-Gagen sondern im Bereich der Bühne und der Technik sowie den weiteren aufgeführten Bereichen. Man müsse beim Start solcher Veranstaltungen eben lernen und dürfe niemals die Bewirtung abgeben und man müsse auf die Auswahl der Künstler achten. So habe Manfred Mann zum Beispiel die meisten Zuschauer gebracht. Er sprach sich dafür aus, an dem Veranstaltungsformat generell festzuhalten mit geänderter Kalkulation. Das Thema sollte in der Fraktion beraten werden.
Erste Stadträtin Birgit Behr sprach davon, dass es auch Fehler in der Kalkulation gegeben habe. So seien der Stadt Einnahmen entgangen, die der Management-Dienstleister, der Verein „Erlensee Rockt“, für sich gerechnet hätte. Da sei vieles nicht so gut gelaufen, man wolle dies aber ändern.
Bürgermeister Stefan Erb betonte, dass sich die Marke „Erlenseer Kulturnächte“ ja erst einmal einen bekannten Namen erarbeiten müsste. Mit einer Kubanacht oder einer kleinen Veranstaltung sei dies nicht zu schaffen. Wenn die Grundaussage sei, 100.000 Euro sei zu viel, dann müsste man auch über andere Dinge reden. Im übrigen hätte das Team Rathaus um Birgit Behr auch ehrenamtlich gearbeitet, dem er mit einem großen Lob noch einmal herzlich dankte.
Diesem Dank schloss sich Helmut Hasenhait an, der als stellvertretender Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses die Sitzung leitete.
Über den Beschlussvorschlag wurde nicht abgestimmt. Die Entscheidung, ob und wie es mit den Erlenseer Kulturnächten weitergeht, liegt nun bei den Stadtverordneten. Die Sitzung ist für den 5. September terminiert.
Bericht und Archivfoto: Markus Sommerfeld