(ms/ea) – Am Dienstag, den 7. August 1984, ertönte um 14.02 Uhr der 4er-Gong: Zugalarm für die Hauptfeuerwache – „Rauchentwicklung im Dachgeschoss von Schloss Philippsruhe“. Was dann geschah, schildert der damalige Jugendfeuerwehrmann und heutige Leiter der Hanauer Bauaufsicht, Oliver Preiß.
„Es war ein schöner Sommertag in der Ferienzeit, die Jugendfeuerwehrleute waren gerade dabei, den neuen Jugendraum im Keller der Feuerwache zu streichen, als um 14.02 Uhr Zugalarm ausgelöst wurde. Jugendfeuerwehrwart Lothar Trefftz sagte noch: „Ich bin gleich wieder da“. Der Löschzug rückte aus mit Stadtbrandinspektor Egon Zeiger im Einsatzleitwagen, dem Tanklöschfahrzeug und der Leiterbühne“, so die Schilderungen von Oliver Preiß der ersten Einsatzminuten. Die Jugendfeuerwehrleute hörten anschließend dem Funkverkehr zu, als wenige Minuten später alle Stadtteilwehren mit allen Schleifen nachalarmiert wurden. Der Funkspruch von Stadtbrandinspektor Zeiger an Wehrführer Walter Heck, der an diesem Tag in der Leitstelle Dienst tat, blieb Oliver Preiß detailgetreu im Gedächtnis.
Ein Teil der Jugendfeuerwehrleute marschierte zur Einsatzstelle, Oliver Preiß blieb mit weiteren Jugendwehr-Kameraden auf der Wache und unterstützte bei der Logistik.
Rückblickend analysiert er den Einsatzablauf wie folgt:
In einer der Mansardenwohnungen des Schlosses, die damals bewohnt waren, nahmen Kinder eine Postsendung entgegen und öffnete diese. Nachdem sie festgestellt hatten, dass das Paket, bestehend aus Büchern, nicht für ihre Familie sondern für das Museum bestimmt war, zündeten sie aus Angst die Bücher in der Dachrinne an und löschten die Glutreste mit Wasser ab. Danach verließen sie die Wohnung. Die Wohnung befand sich im südlichen Haupttrakt des Schlosses.
Glutreste entzündeten sich, das Feuer lief anschließend in das Dach hinein und blieb eine Stunde lang unentdeckt. Damals gab es relativ wenige Brandschutzvorkehrungen, der über der Mansardenwohnung befindliche Spitzboden war durchweg ohne Brandschutzmauern und lief oben um das gesamte Schloss herum.
Als Zugang dorthin gab es nur eine einzige enge Spindeltreppe. Dies und die baulichen Gegebenheiten machten daher einen Löschangriff innerhalb des Spitzbodens unmöglich, so dass sich der Innenangriff auf die Mansardenwohnungen beschränken musste. Das Feuer breitete sich von Süd nach Nord im gesamten Spitzboden aus. Im späteren Einsatzgeschehen lief das Feuer dann in den mit Mauern abgetrennten Turm hinein. Der genaue Weg der Flammen konnte nicht geklärt werden.
Der Feuerwehr war bekannt, dass die Decken der Mansardenwohnungen am Spitzboden angehängt waren. Daher setzte die Feuerwehr alles daran, die tragende Konstruktion auf alle Fälle zu schützen, da ansonsten der Totalschaden des Schlosses drohte.
Etwa 15 Minuten nach Eintreffen des ersten Löschzugs:
Während zunächst geprüft wurde, ob sich noch Personen im Schloss aufhalten, wurde parallel der Löschangriff vorbereitet.
Wie sich das Feuer ausbreitete, zeigt die Bildfolge von der Parkseite aus:
Unterstützung bei den Löscharbeiten kam von Feuerwehren aus der gesamten Region auch von der Feuerwehr der US-Armee sowie von der Bereitschaftspolizei mit ihren Wasserwerfern. Polizei sowie Kräfte der US-Armee bargen während der laufenden Löscharbeiten Museumsgegenstände und bewahrten so viele Schätze vor der endgültigen Zerstörung.
Absperrungen gab es damals so gut wie keine, so dass viele Herbeigeeilte den Brand aus nächster Nähe beobachteten. Für viele ein sehr emotionaler Moment, war doch lange unklar, ob man das Schloss retten konnte.
Zwischen Mansardenwohnungen und Spitzboden gab es einzelne sogenannte Lichtschächte. Mit Leitern versuchte man, durch diese nach oben zu gehen. Das eingebrachte Löschwasser kam den Einsatzkräften jedoch innerhalb von Sekunden als kochendes Wasser entgegen, so dass diese Versuche aus Sicherheitsgründen abgebrochen wurden.
Die neuralgischen Punkte des Schlosses, darunter die einzige enge Wendeltreppe zum Spitzboden und auch die Lichtschächte, durch die sich die Flammen hätten nach unten ausbreiten können, waren der Feuerwehr bekannt.
Schließlich war das Feuer um 16.21 Uhr unter Kontrolle, anschließend begannen die Nachlöscharbeiten.
Nachfolgende Fotos zeigen die Konstruktion der aufgehängten Decken sowie generell die Unzugänglichkeit des Spitzbodens. Die Konstruktion konnte erfolgreich gehalten und somit ein Totalschaden des Schlosses verhindert werden.
Die – letztlich zum Erfolg geführten – Strapazen lassen sich an den Gesichtern ablesen: Wilhelm Kurz (links) und Jugendfeuerwehrwart Lothar Trefftz, der kurz nach der Alarmierung zu seinen Nachwuchsfeuerwehrleuten sagte: „Ich bin gleich wieder da“.
Abends wurde noch die schwere Fahnenmaststange geborgen:
In diesem Bereich (rechts auf dem Foto) nahm das Unglück mit dem Verbrennen der Bücher seinen Lauf.
Heute, 40 Jahre nach dem Brand, erstrahlt das Schloss in gewohnter Pracht (Foto: Medienzentrum Hanau-Bildarchiv):
Ein großes Dankeschön ergeht an Oliver Preiß für die ausführlichen Informationen und für die Fotos aus dem Feuerwehr-Archiv.
Auf dem Titelfoto: Gemeinsames Löschen, gemeinsames Bergen: Mit vereinten Kräften konnte Schloss Philippsruhe und ein Großteil seiner Schätze gerettet werden
Bericht: Markus Sommerfeld
Fotos: Archiv Feuerwehr Hanau