(pm/ea) – „Im Main-Kinzig-Kreis gibt es bisher keinen einzigen Positivbefund der Afrikanischen Schweinepest. Das ist ein großes Glück für unsere Region. Aber wir bereiten uns intensiv auf einen möglichen Ausbruch vor“, erklärte Veterinärdezernent Jannik Marquart. Der Kreisbeigeordnete kann die Sorgen verstehen, die insbesondere die Landwirtschaft und die Jagdverbände haben.
„Viele Menschen haben im Moment Angst um ihre Tiere, nicht nur innerhalb der Restriktionszone um den Landkreis Groß-Gerau herum. In unserem Landkreis fürchten viele eine weitere Ausbreitung in unsere Richtung und die langfristigen Folgen. Wir nehmen das sehr ernst und sind in der Kreisverwaltung für einen möglichen Ausbruch gut vorbereitet. Wir können aber im Moment alle einen kleinen Beitrag leisten, um eine Ausbreitung zu verhindern“, so Marquart.
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine fast immer tödlich verlaufende Viruserkrankung, die ausschließlich Haus- und Wildschweine befällt. In Hessen ist erstmals am 15. Juni dieses Jahres ein Wildschwein positiv auf die Afrikanische Schweinepest getestet worden. Der Fundort war südlich von Rüsselsheim nahe einer Landstraße. Am 8. Juli hat das Landwirtschaftsministerium außerdem mitgeteilt, dass die ASP in Hessen erstmals in einem Hausschweinebestand nachgewiesen worden ist. Bis einschließlich Samstag, 27. Juli, hat das Land Hessen 65 positiv getestete Wildschweinkadaver gemeldet, davon 64 im Landkreis Groß-Gerau, eins im Landkreis Bergstraße. Zudem waren sechs Hausschwein-Bestände im Kreis Groß-Gerau betroffen.
„Für die Beteiligten im Main-Kinzig-Kreis, von der Kreisverwaltung über die landwirtschaftlichen Betriebe bis hin zu den Jägern, bedeutet das seit Mitte Juni eine erhöhte Wachsamkeit. Dazu möchte ich auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger aufrufen“, sagte Jannik Marquart.
Eine erste Präventionsmaßnahme ist die Reduzierung des Wildschweinbestandes. Um hierfür einen Anreiz zu schaffen, haben Kreisbeigeordneter Marquart und der Leiter des Amts für Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Dr. Stefan Rockett, eine Beschlussvorlage auf den Weg gebracht, um Jägern wieder eine Abschussprämie pro erlegtem Wildschwein zu zahlen. Eine solche Aufwandsentschädigung in Höhe von 20 Euro ist in der Vergangenheit bereits gezahlt worden. Diese Maßnahme hatte der Main-Kinzig-Kreis jedoch im April aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung beendet. Aus Sicht des Kreisbeigeordneten Jannik Marquart stellt diese Abschussprämie hingegen eine sinnvolle Maßnahme im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest dar und soll daher wieder eingeführt werden.
„Neben der Erhöhung der Abschussprämie auf 25 Euro werden wir außerdem die Trichinenuntersuchung von Schwarzwild wieder gebührenfrei stellen. Die Jäger leisten einen unverzichtbaren Beitrag beim Monitoring und der Prävention der ASP und wir wollen sie dabei unterstützen“, erläutert Marquart.
Die Jäger seien diejenigen, die das Fallwild auffinden, zu Unfallwild gerufen werden oder kranke Wildschweine erlegen. „Über die Jagdpächter bekommen wir frühzeitig Hinweise auf den Seuchenstand und können so auch im Moment mit einiger Bestimmtheit sagen, dass das Virus noch im engen Umkreis rund um den ersten Fundort in Rüsselsheim zirkuliert und vom Main-Kinzig-Kreis ein großes Stück entfernt ist“, so Marquart. Die Krankheit verläuft beim Tier akut und hochfieberhaft, so dass sich die infizierten Stücke sehr schnell zurückziehen und keine größeren Strecken mehr zurücklegen. „Die Jägerschaft leistet durch die ordnungsgemäße Beprobung dieser Tiere einen wichtigen Beitrag zur Seuchenbekämpfung und sorgt dafür, den Bestand insgesamt zu regulieren“, bestätigte Dr. Rockett.
Alle Maßnahmen, mit denen sich der Landkreis, die Kommunen, die hiesigen Landwirte, die Jäger und noch einige andere aktuell beschäftigten, seien „rein präventiver Natur“, wie Dr. Rockett ausführte. „Diese rein präventiven Maßnahmen erfolgen über Informationen der Öffentlichkeit, über Schulungen von Fachpersonal, Materialbeschaffungen, einem verstärkten Monitoring im Schwarzwildbestand und in der Vorbereitung der Organisation für den Fall eines Seuchenausbruchs“, zählte Dr. Rockett auf.
Die Fäden in der Vorbereitung seitens des Amts für Veterinärwesen und Verbraucherschutz laufen in einem internen Tierseuchen-Fachstab zusammen. Dieser Fachstab hält engen Kontakt zur Kreisspitze und zu weiteren Ämtern und Behörden des Bereichs Gefahrenabwehr im Kreis. Der Landkreis ist zuständig, die erforderlichen Maßnahmen vor Ort im Falle eines Ausbruchs anzuordnen. Dazu gehört das Suchen und Beseitigen von Wildschweinkadavern, Festlegen und teilweise Umzäunen der Restriktionszonen – im Radius von mindestens 15 Kilometern rund um den Fundort – ebenso wie das Herausgeben von Allgemeinverfügungen. Im Informationsaustausch stehen die Veterinärinnen und Veterinäre zudem mit der Landesebene und dem zuständigen Landwirtschaftsministerium, dem die übergeordnete Koordination im Seuchenfall obliegt.
Restriktionszonen sollen die weitere Ausbreitung aus Hessens Südwesten und Teilen von Rheinland-Pfalz in andere Regionen verhindern, teilweise eingegrenzt durch Zäune. Innerhalb dieser Zonen gelten strenge Vorgaben für die Landwirtschaft und die Jagd, aber auch für die allgemeine Bevölkerung, etwa bei Spaziergängen in Wald und Flur. Sollte der Main-Kinzig-Kreis Teil einer solchen Restriktionszone werden, würden auch hier im definierten Radiusverlauf Zäune aufgestellt werden und entsprechende Vorgaben gelten, um die Weiterverbreitung nach Möglichkeit zu unterbinden.
Auch ohne Teil einer solchen Restriktionszone zu sein: Maßnahmen gegen eine Ausbreitung der Seuche und zur Verhütung eines Eintrags in die Hausschweinepopulation werden schon seit geraumer Zeit im Main-Kinzig-Kreis ergriffen. Eine besondere Verantwortung tragen die Tierhalter, die gemäß des geltenden Rechts auf EU- und Bundesebene dafür sorgen müssen, dass Tierseuchen weder in ihren Bestand eingeschleppt noch hinausgetragen werden. Dafür gelten entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen. Im Main-Kinzig-Kreis gibt es insgesamt 186 schweinehaltende Betriebe die zusammen rund 7.100 Tiere halten.
„Präventiv zu arbeiten heißt, dass wir auch für das Szenario eines Ausbruchs so gut wie möglich gerüstet sein wollen“, sagte Marquart. Besser sei aber allemal, dem Virus erst gar nicht die Möglichkeit zur Ausbreitung zu geben. Jannik Marquart ist es daher wichtig zu betonen, „dass jeder Einzelne von uns bei der Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest unterstützen kann“: „Werfen Sie keine Speisen einfach in die freie Natur. Achten Sie auf Rastplätzen und Picknickwiesen darauf, dass Speisereste – und insbesondere natürlich Schweinefleischprodukte – immer in verschlossene Müllbehälter geworfen werden.“
Hintergrund ist, dass das ASP-Virus nicht nur von Tier zu Tier übertragbar ist, etwa im Kontakt zwischen Wild- und Hausschweinen, sondern auch über kontaminiertes Material wie Geräte, Kleidung, Futtermittel und Speiseabfälle. Das Virus ist sehr widerstandsfähig gegenüber Umwelteinflüssen und kann selbst in Fleisch- und Wurstwaren über ein Jahr, in tiefgefrorenen Schlachtkörpern sogar viele Jahre infektiös bleiben. Das macht die Übertragung über einen langen Zeitraum und eben auch über große Distanzen, wie das vermutlich im Raum Groß-Gerau geschehen ist, möglich.
Auf dem Foto: Kreisbeigeordneter Jannik Marquart (rechts) und Dr. Stefan Rockett, Leiter des Amts für Veterinärwesen und Verbraucherschutz informierten über die Tierseuche und die präventiven Maßnahmen
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