Verkehrsbericht des Polizeipräsidiums Südosthessen für das Jahr 2023: „60 Prozent mehr Unfälle mit E-Scootern“

(pm/ea) – Die Anzahl der polizeilich aufgenommenen Verkehrsunfälle, die sich im Jahr 2023 im Bereich des Polizeipräsidiums Südosthessen ereignet haben, ist gegenüber dem Vorjahr um etwa sieben Prozent auf 13.895 gestiegen (2022: 12.953, + 942) und entspricht dem Hessentrend. Somit wurde durchschnittlich alle 38 Minuten ein Verkehrsunfall im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Südosthessen polizeilich aufgenommen.

Gleichwohl die Verkehrsunfallzahlen weiterhin noch unter den Werten vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 (14.667) liegen, so dürfte deren erneuter Anstieg auf die Normalisierung des Straßenverkehrs nach Wegfall der Corona-Einschränkungen sowie auf eine generell steigende Verkehrsdichte zurückzuführen sein.

Trotz des Anstiegs reduzierte sich die Anzahl der Schwerverletzten von 408 auf 392. Umso bedauerlicher ist es, dass – wie im Vorjahr – 19 Menschen ihr Leben bei 18 Verkehrsunfällen auf den hiesigen Straßen verloren haben. Unter den Verkehrstoten sind sechs Fußgänger und zwei Radfahrer, wodurch mehr als 40 Prozent der Verkehrstoten in die Kategorie „Schwächere Verkehrsteilnehmer“ fallen. Sechs Personen starben innerhalb geschlossener Ortschaften, elf auf den außerhalb gelegenen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sowie zwei auf den Autobahnen.

Bei Verkehrsunfällen mit Personenschäden ist neben der Missachtung der Vorfahrt und dem zu geringen Abstand nach wie vor die überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit eine der Hauptunfallursachen. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit der Ursache Geschwindigkeit stieg von 1.089 auf 1.131, glücklicherweise sank dabei die Zahl der schwerverletzten Personen von 110 im Jahr 2022 auf 100 im Jahr 2023. Bedauerlicherweise verloren sechs Menschen ihr Leben; im Vorjahr waren es neun.

In der langfristigen Verkehrssicherheitsstrategie bleiben laut Behördenleiter Muth nach wie vor die „Schwächeren Verkehrsteilnehmer“, insbesondere die Fußgänger und vermehrt auch die Elektrokleinstfahrzeuge (E-Scooter) im Fokus, da die Unfälle mit Beteiligung von E-Scootern um 60 Prozent zugenommen haben. „Daneben haben wir ein besonderes Augenmerk auf die Senioren, insbesondere die „Generation 75+“ sowie die „Jungen Fahrer“, teilt Polizeipräsident Daniel Muth mit.

Zur Gruppe „Junge Fahrer“ zählen Frauen und Männer im Alter von 18 bis 24 Jahren. Marco Weller, Leiter der Abteilung Einsatz, erklärt: „Mehr als jeden zweiten Unfall verursachten die 18- bis 24-Jährigen selbst. Wir registrierten im letzten Jahr 2.490 Unfälle und damit 138 mehr als im Jahr 2022. Dies entspricht einem Anteil von 17,71 Prozent an der Gesamtunfallzahl. Ein Mensch starb, 41 erlitten schwere Verletzungen.“

Beim Thema „Junge Fahrer“ und Senioren 75+ setzt die Polizei vor allem auf die Prävention. Im Rahmen von Veranstaltungen wie etwa dem diesjährigen Blaulichttag in Nidderau oder dem Sicherheitstag in Rödermark hatte die Polizei jeweils einen Verkehrspräventionsstand aufgebaut. Die Schutzleute sprachen gezielt die jungen Fahrer an, informierten über die Themen Alkohol, Drogen und zu schnelles Fahren. Zudem hatten sie in Rödermark auch die Rauschbrille im Repertoire, um den Leuten anhand dieser Simulation darzustellen, welche Beeinträchtigungen durch den Einfluss von Alkohol entstehen können. Auch für die Senioren 75+ ist die Rauschbrille interessant, denn es erweitert das Bewusstsein für mögliche Beeinträchtigungen der Augen und des kompletten Sehfeldes, zumal geistige und motorische Fähigkeiten nicht selten zu Fehleinschätzungen führen.

Die Kategorie der Verkehrsteilnehmer 75+ war im Jahr 2023 an 1.251 Unfällen beteiligt und somit an 151 mehr als im Vorjahr. Bedauerlicherweise stieg die Anzahl der Verstorbenen von drei auf sieben Personen an. Insgesamt erlitten 54 schwere Verletzungen, im Jahr 2022 waren es 37. Auch die ausgebildeten Sicherheitsberater im Polizei-präsidium Südosthessen sprechen bei ihren Veranstaltungen und Treffen die Thematik Verkehrssicherheit immer wieder an, damit auch weiterhin alle sicher ans Ziel gelangen.

Die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Kindern ist mit 238 fast auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr (236). Bei den Jugendlichen gab es einen leichten Anstieg von 181 Unfällen auf 211. Glücklicherweise starb im Jahr 2023 weder ein Kind noch ein Jugendlicher infolge eines Verkehrsunfalls.

Im Jahr 2023 waren 336 Fußgänger an Unfällen beteiligt. Gemessen am Gesamtunfallaufkommen machen diese zwar „nur“ einen Anteil von rund 2,3 Prozent aus, den-noch verstarben sechs Menschen (2022: fünf Menschen) und 56 erlitten schwere Ver-letzungen (2022: 48). Die Hauptursache lag nach wie vor im Bereich des falschen Verhaltens von Fußgängerinnen und Fußgängern (42,56 Prozent). Es ereigneten sich zwei Unfälle in der Nähe einer Fußgängerfurt sowie insgesamt drei Unfälle an Fußgängerüberwegen beziehungsweise Furten.

Immer mehr Menschen steigen auf das Fahrrad beziehungsweise auf das sogenannte Pedelec um. In den letzten Jahren hat die Polizei etliche Aktionen wie Sicherheitstraining für Pedelec-Nutzende sowie Fahrradkontrollen mit Informationsständen durchgeführt. Hierbei greifen wohl die ersten Maßnahmen: Die Anzahl der Pedelec-Unfälle stagniert und ist geringfügig um drei auf nunmehr 110 Unfälle angestiegen. Auch die Gesamtzahl der Fahrradunfälle ist auf 616 Unfälle gesunken. Zwei Personen wurden tödlich und 78 schwer verletzt (2022: ein Mensch starb, 73 Schwerverletzte).

Im Jahr 2022 wurden erstmalig die E-Scooter mit in die Unfallstatistik aufgenommen. Die Unfälle sind im Jahr 2023 von 57 auf 91 gestiegen (+ 60 %). Dabei verunglückten 67 Menschen, darunter sechs schwer. In über 60 Prozent der Fälle setzten die Nutzerinnen und Nutzer selbst die Hauptunfallursache. Hierbei wurden insbesondere die Verkehrstüchtigkeit, Fehler beim Einfahren in den Fließverkehr sowie Vor-fahrt/Vorrang als Unfallursachen regis-triert. Das Verletzungsrisiko der Nutzenden ist nicht unerheblich, da diese oftmals nur unzureichend geschützt sind.

Die Verkehrsunfälle mit motorisierten Zweirädern sind gegenüber dem Vorjahr von 426 auf 441 (+15) gestiegen. Hierbei verloren vier Zweiradfahrer ihr Leben (Vorjahr: fünf), 73 (-7) wurden schwer und 262 (+18) leicht verletzt. Zu den Unfällen mit motorisierten Zweirädern gehören Mofa/Fahrräder mit Hilfsmotor und Kleinkrafträder bis 45 km/h, Leichtkrafträder bis 125 ccm, Motorräder über 125 ccm sowie seit 2022 die Elektrokleinstfahrzeuge.

Die Zahl der Verkehrsunfälle unter Einfluss von Alkohol und/oder anderer berauschender Mittel stieg erneut und zwar auf nunmehr 475 im Berichtsjahr (+13) und nähert sich dem Stand des Jahres 2019 (vor der Corona-Pandemie) an. Bei rund jedem dritten Unfall in dieser Kategorie wurde mindestens eine Person verletzt. Bei 378 dieser Unfälle war Alkohol im Spiel, hierbei starben zwei Menschen (2022: 5, -3) und 32 erlitten schwere Verletzungen (2022: 30; +2).

Im Berichtsjahr wurden zudem insgesamt 1.595 Verfahren aufgrund folgenloser Fahrten wegen Verdachts des Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol und/oder anderer berauschender Mittel eingeleitet, ohne dass es zu einem Unfallereignis kam.

Die zum 1. April bundesweit beschlossene (Teil-)Legalisierung von Cannabis bedeutet nicht, dass damit die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von THC (Tetrahydrocannabinol) unproblematisch wird. Zu den Konsumgrenzen bei der Teilnahme im öffentlichen Straßenverkehr wurden jüngst weitergehende gesetzliche Regelungen veröffentlicht. Cannabis sowie Alkohol stellen nach wie vor Rauschmittel dar, deren Konsum die Sinne trüben und die Reaktionsfähigkeit beeinflussen kann. Somit bleiben Verkehrskontrollen in Hinblick auf Alkohol und/oder vor allem anderer berauschender Mittel auch in diesem Jahr unverzichtbar und ein wichtiger Bestandteil der täglichen Streifentätigkeit.

Die Anzahl der aufgenommenen Verkehrsunfallfluchten ist erneut deutlich um insgesamt über acht Prozent auf 5.909 Unfälle, angestiegen (2022: 5.457; +452). Auch wenn es sich bei über drei Viertel um sogenannte Blechschäden handelt, ist eine Verkehrsunfallflucht nach wie vor eine Straftat. Die Aufklärungsquote im Bereich der Unfallfluchten mit Personenschäden liegt bei rund 53 Prozent; somit wird bei mindestens jeder zweiten Flucht die Verursacherin oder der Verursacher ermittelt.

Bei den Wildunfällen ist die Zahl um 68 auf nunmehr 1.408 Unfälle gestiegen. Jedoch verunglückten weniger Personen gegenüber dem Vorjahr.

Grafiken: PPSOH

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