(pm/ea) – Der Öffentliche Gesundheitsdienst – gemeinhin „das Gesundheitsamt“ – hat viele verschiedene Aufgaben, eine davon ist, ergänzend zu den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zu wirken.
„Wir wollen, dass die Themen Gesundheit und Vorsorge auch die Menschen erreichen, die in finanziell schwächeren Verhältnissen leben oder Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen seltener bis gar nicht zu einem Hausarzt gehen. Gesundheit ist auch eine Frage von sozialer Gerechtigkeit und somit eine, um die sich die öffentliche Hand aktiv mit zu kümmern hat“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler zum „Tag des Gesundheitsamtes“ am 19. März. In diesem Jahr lautet das Motto „Soziale Ungleichheit und Gesundheit“.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat den 19. März als jährlichen „Tag des Gesundheitsamtes“ ins Leben gerufen. Damit soll auf die zentrale, weit über den klassischen Infektionsschutz hinausgehende Bedeutung der Gesundheitsämter für den Schutz und die Förderung der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger aufmerksam gemacht werden. In diesem Jahr lenkt das RKI den Fokus auf den Zusammenhang von sozialem Status auf die Gesundheit und die Lebenserwartung, der durch epidemiologische Studien regelmäßig bestätigt wird. Menschen mit niedrigem Sozialstatus sind vermehrt von chronischen Krankheiten, psychosomatischen Beschwerden, Unfallverletzungen sowie Behinderungen betroffen.
„Wir brauchen ein dichtes und wohnortnahes Netz an Haus- und Facharztpraxen. Dafür haben wir uns in unserem Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr starkgemacht. Wir haben in der Pandemiezeit auch dezentrale unbürokratische Angebote zum Testen und Impfen aufgebaut. Wir unterstützen Untersuchungs-Reihen zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Grundschulen. Wir bilden Kooperationen, um Menschen zu kontaktieren, die auf der Straße leben. Wir bieten Gesundheitssprechstunden in Einrichtungen für Geflüchtete an“, zählt Simmler einige Beispiele auf. „Immer steht dahinter der Grundgedanke, nach Möglichkeit alle Bürgerinnen und Bürger erreichen zu können. Notwendige Hilfe darf nicht von Wohnort, Einkommen oder Alter abhängen.“ Die Nutzung von Präventionsangeboten, zum Beispiel Impfungen, nehme erwiesenermaßen mit niedrigerem Bildungsniveau und Einkommen ab. Die stärkere Verbreitung von Krankheiten, Gesundheitsproblemen und Risikofaktoren finde letztlich in einer höheren vorzeitigen Sterblichkeit und geringeren Lebenserwartung der benachteiligten Einkommens-, Bildungs- und Berufsgruppen Ausdruck.
In diesem Kontext nehmen die Gesundheitsämter eine wichtige Rolle als dritte Säule des Gesundheitswesens, ein. Ziel des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) ist es, die Gesundheit aller zu schützen, zu bewahren, zu verbessern und die gesundheitliche Chancengleichheit zu erhöhen. Im Unterschied zu Krankenhäusern oder Arztpraxen, die vorwiegend individualmedizinisch ausgerichtet sind, stehen im ÖGD bevölkerungsbezogene Aspekte, mit präventivem Ansatz, im Mittelpunkt. Es werden Bevölkerungsgruppen versorgt, die keinen oder nur einen erschwerten Zugang zur ambulanten oder stationären Krankenversorgung haben.
Im Main-Kinzig-Kreis werden diese vielfältigen Aufgaben vom Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr wahrgenommen, in dem auch der Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz koordiniert und die Zentrale Leitstelle mit ihrer Notrufnummer „112“ rund um die Uhr betrieben wird. Das Amt ist vor dem Hintergrund der Pandemie-Erfahrungen zusammengeführt und neu gebildet worden. „Damit sind bei einer flächenhaften gesundheitlichen Notlage gute Voraussetzungen für eine enge Verzahnung und Abstimmung aller betroffenen Bereiche geschaffen“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete Simmler.
Die Bandbreite der weiteren Aufgaben reicht von Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Familien mit Kleinkindern, Kita- und Einschulungsuntersuchungen, Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Bereich der Krankenhaus-, Umwelt- und Seuchenhygiene. Weitere Aufgaben sind die Beratungs- und Hilfsangebote für psychisch kranke Menschen, chronisch kranke sowie körperlich beeinträchtigte Menschen, bis hin zur Erstellung amtsärztlicher Gutachten und Zeugnisse, die Gesundheitsberichterstattung und die Politikberatung. Nicht zu vergessen ist der zahnärztliche Bereich als ein hervorragendes Beispiel in der Prävention neben einer Vielzahl anderer im Öffentlichen Gesundheitsdienst.
„Wenn wir über soziale Gerechtigkeit und Gesundheit sprechen, dann kommt dem Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr im Main-Kinzig-Kreis eine Schlüsselfunktion zu. Unsere Präventionsangebote reichen in verschiedene Lebenswelten wie Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen oder sozial benachteiligte Gruppen“, erklärt Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amtes für Gesundheit und Gefahrenabwehr.
Besonderes Augenmerk ist im Rahmen der subsidiären und sozialkompensatorischen Ausrichtung auf Bevölkerungsgruppen gerichtet, für die kein oder ein erschwerter Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung gegeben ist. Bei Erkrankung oder in besonderen gesundheitlichen Lagen mit medizinischem Versorgungsbedarf werden Personen unterstützt beim Zugang zu adäquater gesundheitlicher oder direkter medizinischer Versorgung beziehungsweise bei der Integration in die bestehenden sozialen Sicherungssysteme.
So kann zum Beispiel ein Leben auf der Straße mit vielen Herausforderungen verbunden sein. Das gilt auch für die Gesundheit der Betroffenen. Um wohnungslosen Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen, hat das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr mit seinem Team „Gesundheitsstandort Hanau“ ein Projekt ins Leben gerufen, um diese Menschen wenigstens marginal medizinisch zu betreuen. Das Team ist wöchentlich im Franziskushaus und im zweiwöchigen Rhythmus bei den Strassenengeln e.V. in Hanau im Einsatz, um die medizinische Versorgung der Obdachlosen zu flankieren und die bereits bestehende ehrenamtliche Sprechstunde zu unterstützen. Die medizinische Behandlung umfasst dabei die Wundversorgung, Impfberatung und das aktive Impfen nach den Vorgaben der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Institutes, die Versorgung mit notfallmäßigen Medikamenten sowie die allgemeine medizinische Beratung zu verschiedenen Themen bis hin zur stationären Einweisung. Obwohl viele wohnungslose Menschen zusätzliche Vorerkrankungen haben, verfügen entweder viele über keine Krankenversicherung oder die Hürde, einen Arzt aufzusuchen, ist zu hoch. Häufig auch aus Schamgefühl.
„Ein großer Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf der Verhinderung von Problem- und Gefährdungslagen. Das beginnt bei der Gesundheitsförderung vor Ort, mit leicht erreichbaren und niederschwelligen Präventionsangeboten und reicht eben auch bis hin zur dauerhaften, konstruktiven Vernetzung mit allen anderen Akteuren des regionalen Gesundheitswesens“, verdeutlicht Dr. Lenz.
Auf den Fotos: Prävention fängt bei Kindern an: Zu Aufgaben des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr gehören die Schuleingangsuntersuchungen sowie die zahnärztlichen Vorsorgemaßnahmen
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