(pm/ea) – Kurz nach Veröffentlichung ihres Veranstaltungsprogramms 2024 teilt die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA) mit, dass geplante Kurse und Seminare bereits jetzt wieder abgesagt werden müssen. „Dies betrifft alle Veranstaltungen, die im Alten Pfarrgehöft von Niederrodenbach stattfinden sollten und bei denen der Naturgarten als außerschulischer Lernort eine wesentliche Rolle hätte spielen sollen“, informiert Susanne Hufmann, Vorsitzende der GNA.
Betroffen seien in erster Linie die für das Frühjahr geplanten Botanischen Kurse von Dr. Monika Pickert-Andres (Zertifizierte Blühbotschafterin des Main-Kinzig-Kreises), bei denen die vielfältige Wiesenflora des Gartens Bestandteil der neu aufgelegten Erwachsenenfortbildung gewesen wäre. Ebenso betroffen ist die Berufliche Fortbildung für Erzieher und Erzieherinnen und andere pädagogische Fachkräfte zum Lebensraum Wasser, bei der die beiden Gartenteiche, belebt von Molchlarven, Libellen und vielen anderen Wasserorganismen, erforscht werden sollten.
Hintergrund ist die seit dem 1. Februar 2024 vollzogene Totalräumung des Natur- und Lehrgartens im Alten Pfarrgehöft durch einige Akteure der Evangelischen Kirchengemeinde Rodenbach, von der die gemeinnützige Naturschutzorganisation vollkommen überrascht wurde.
Ein herber Verlust von Lebensraum für Wildblumen, Tiere und den Menschen
Wildwachsende Schlüsselblumenbestände, Schmetterlingsflieder, gelbe Nachtkerzen und die Königskerze sind für immer verschwunden. Ebenso Rosmarinsträucher und Thymiangewächse. Gefällt wurden alte Obstbäume wie Walnuss und Kirsche, aber auch ein alter, schattenspendender Blauregen. Im ganz großen Maßstab entnahm man die Efeugewächse, und mit ihnen einen herbstlichen Lebensspender für Wildbienen, Wespen und Schmetterlinge. Außerdem seien erhebliche Sachschäden an Hochbeeten und anderer Gartenausstattung der GNA entstanden.
Ökologische Begegnungsstätte
Erst 2019 eingezogen, widmeten sich zahlreiche Haupt- und Ehrenamtliche, aber auch Nichtmitglieder in Hunderten von Arbeitsstunden intensiv dem Aufbau einer Ökologischen Bildungsstätte in Rodenbach; damals noch ausdrücklich „mit dem Segen“ der Evangelischen Kirchengemeinde und mit Unterstützung der amtierenden Pfarrer. Neben der Erweiterung der Angebotspalette im Bereich Umweltbildung zählten dazu vor allem die Pflege des großen Gartengeländes, eine naturverträgliche Mahd der Wiese, die Pflanzung von Obstbäumen, der Aufbau eines großen Insektenhotels sowie der Erhalt bestehender Lebensraumstrukturen und ihre Erweiterung.
„Die Eisvögel“ verlieren ihre Heimat
So legte auch die Naturschutzjugend unter der Leitung der Umweltpädagogin Anke Bissert-Bendel in den vergangenen Jahren immer wieder „Hand an“. Es entstanden Lesestein- und Totholzhaufen für eine Vielzahl von Kleintieren, Gemüsebeete wurden gepflegt, Hochbeete mit Kräutern bepflanzt und Gartenvögel beim Nestbau beobachtet. Der Naturgarten wurde für viele Kinder, auch aus umgebenden Kommunen wie Hanau oder Langenselbold, zu einer zweiten Heimat, in der es zu jeder Jahreszeit etwas zu entdecken gab.
Von den Absagen betroffen ist deshalb auch das für den 4. Mai vorgesehene Frühlingskonzert zum Thema Vögel im Frühling, das die Naturschutzjugend in Kooperation mit der Musikschule Erlensee „Klangfontäne“ plante. Wo in Zukunft die Gruppenstunden der Rodenbacher Naturschutzjugend stattfinden werden, ist noch ungeklärt. „Wir suchen aktuell intensiv nach einer Lösung. Vorerst steht uns noch der Gruppenraum im Alten Pfarrgehöft zur Verfügung. Wie lange noch, können wir derzeit nicht mit Bestimmtheit sagen“, berichtet Hufmann. Die Gruppenleiterin stehe derzeit aber vor einer viel schwierigeren Aufgabe: „Wie soll ich das nur den Kindern und ihren Eltern erklären?“ Auch ob die für den März und September geplanten jeweils zweitägigen Gewässerkunde Seminare unten diesen Bedingungen stattfinden können, müsse noch geklärt werden.
Vor dem Hintergrund, dass der Naturgarten im April 2020 als Gewinnerprojekt der Umweltlotterie „GENAU“ ausgezeichnet wurde und der Hessische Rundfunk im Mai in der Sendung „alle wetter!“ darüber berichtete, lässt nach Auskunft von Hufmann die Aktion noch unverständlicher erscheinen. „Über die tatsächlichen Gründe kann ich nichts sagen, da wir darüber nicht wirklich informiert wurden. Ich weiß nur so viel: Der Natur und Lehrgarten Rodenbach existiert nicht mehr.“
Foto: PM