(pm/ea) – In Kürze nimmt der Main-Kinzig-Kreis ehemalige Kasernen-Gebäude in Hanau für die Unterbringung von Geflüchteten in Betrieb.
Auf dem Underwood-Gelände in Hanau-Großauheim hatte die Stadt Hanau im vergangenen Jahr zwei große Trakte grundsaniert, die der Kreis seit Beginn des neuen Jahres zu diesem Zweck einrichtet und vorbereitet. Dort sollen im laufenden Betrieb etwa 550 Personen einen Wohnplatz erhalten. Schrittweise werden im Gegenzug die zwei Leichtbauhallen auf dem Gelände, die seit Februar 2023 als Notunterkunft dienen, zurückgebaut. Der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Hanau kooperieren bei diesem Projekt als Mietpartner. Gemeinsam stellten Landrat Thorsten Stolz, Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler, und Hanaus Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri das Konzept vor.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hatte vor gut einem Jahr, formal, der städtischen BAUprojekt Hanau GmbH das Kasernengelände überlassen. Die BAUprojekt GmbH überlässt die Gebäude ihrerseits dem Kreis für den Aufbau eines weiteren – und von den Dimensionen her mit Abstand größten – Wohnraum-Puffers für die Kreiskommunen.
„Diese neue Gemeinschaftseinrichtung wird vom Kreis betrieben, aber die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis stimmen sich eng ab und ziehen natürlich beide einen Nutzen daraus“, erklärte Landrat Thorsten Stolz. „Uns als Landkreis geht es vor allem darum, allen Städten und Gemeinden im Kreisgebiet weiter Zeit für ihre eigenen Unterkunftskonzepte zu verschaffen. Natürlich kann eine Einrichtung dieser Größe auch einiges abfedern, sollten die Flüchtlingszahlen wieder steigen. Insgesamt haben wir eine sehr flexible Übereinkunft mit Hanau getroffen, um auch auf stark rückläufige Zahlen reagieren zu können.“
Die Stadt Hanau profitiert unter anderem dadurch, dass Grundsteine für eine langfristige Nutzung des Geländes gelegt werden. Kurzfristig erhält sie ebenfalls mehr Zeit, eigene Unterbringungs-Konzepte anzuwenden. Hanau werde die Zeit etwa nutzen, die Kaserne Sportsfield zu entlasten, wie Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri ankündigte. „Hanau als Ganzes steht bei diesem Thema zusammen und zu dem Wort, das wir gemeinsam mit dem Main-Kinzig-Kreis geben. Erinnert sei nur mal an die Notunterkunft in Mittelbuchen. Wir haben gemeinsam dauerhafte Lösungen als Ersatz für Turnhallen-Notunterkünfte versprochen und dieses Versprechen gehalten. Das hier ist ein weiterer sichtbarer Teil davon“, so Bieri. „Ebenso wie mit der Gemeinschaftsunterkunft auf Sportsfield haben wir in Hanau mit der ehemaligen Underwood Kaserne Möglichkeiten der Unterbringung von geflüchteten Menschen, die andere Kommunen nicht haben. Das ist natürlich ein Glücksfall für unsere Stadt, weil uns das vor schlechteren Alternativen bewahrt.“
In bewährter Zusammenarbeit zwischen der Stadt Hanau und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sei es gelungen, zusätzliche Kapazitäten einer soliden Unterbringung zu realisieren. „Wir sind froh, Lösungen erarbeitet zu haben, die weder Sporthallen noch Bürgerhäuser oder den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt zusätzlich belasten“, erklärt Bieri. Sein besonderer Dank gilt allen Gewerken, die die erforderlichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen in gerade einmal neun Monaten bewerkstelligt haben. Die Geschwindigkeit dokumentiere vorbildlich die effiziente und zielführende Umsetzung des Projekts.
Die Bundesregierung hatte im Herbst 2022 den Kommunen und Kreisen eine leichtere Nutzung von früheren Kasernen-Immobilien für die Unterbringung von Geflüchteten zugesagt. Zuvor hatte sich der Main-Kinzig-Kreis mit vielen weiteren Landkreisen genau dafür eingesetzt. Das Gelände in Großauheim gehörte zu den ausgewählten Grundstücken der BImA. Seit Frühjahr des vergangenen Jahres, als feststand, dass Underwood genutzt werden darf, standen der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Hanau direkt im regelmäßigen Kontakt, um das Formale, vor allem aber das Bauliche zügig abzuarbeiten.
Keine zwölf Monate später sind die Vorbereitungen schon weitestgehend abgeschlossen. Die Vereinbarung steht, die letzten Arbeiten sind in wenigen Tagen beendet. Für mindestens fünf Jahre bezieht der Kreis die Gebäude; auch Teile der Verwaltung und ohnehin die kreiseigene Standortleitung ziehen mit ein. Die Zusammenarbeit kann überdies verlängert werden. Falls der Kreis, umgekehrt, eine Gemeinschaftseinrichtung dieser Größe – rund 10.500 Quadratmeter in den Wohngebäuden sowie ein ehemaliges Kantinengebäude mit rund 500 Quadratmetern – nicht mehr benötigt, kann die Stadt Hanau vorzeitig mit einsteigen und selbst Personen unterbringen und betreuen.
Was bei der Einrichtung auf Underwood hinzukommt: Während sämtliche Wohnbereiche mit eigenen Küchenzeilen ausgestattet sind, werden die großen Räume im Erdgeschoss der Kasernengebäude für Sprachkurse, Schulunterricht und Integrations-Maßnahmen genutzt. Mit Bildungsträgern steht der Main-Kinzig-Kreis bereits im Austausch, um die Räume schnell mit Leben und Lernangeboten zu erfüllen. „Wir haben hier beste Voraussetzungen für eine Integration ab Tag eins“, brachte es Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler auf den Punkt.
Im Rahmen der Kooperation wird der Main-Kinzig-Kreis zunächst die Kasernenwohnungen in den L-förmigen Gebäuden 791 und 792 nutzen. Grundsätzlich steht noch das frühere Kantinengebäude zur Verfügung, direkt hinter der Hauptzufahrt zum Gelände. Vorübergehend dient es als Lagerstätte. Im Ernstfall könnten hier binnen kürzester Zeit aber viele Dutzend Schlafplätze zusätzlich aufgebaut werden.
In den eingerichteten Wohnungen ziehen jeweils bis zu vier Personen ein. Aufgrund ständiger Fluktuation, wenn etwa Geflüchtete neu für Underwood zugeteilt werden oder in eine dauerhaftere Unterkunft im Kreisgebiet umziehen, rechnet Susanne Simmler mit einer durchschnittlichen Belegung von 500 bis 550 Personen. Zum Vergleich: In den benachbarten beiden Leichtbauhallen finden bei maximaler Auslastung etwa 350 Personen Platz – was aber aufgrund der Beschaffenheit dieser Behelfsunterbringung mit ungleich höherem Aufwand verbunden ist.
„Einen Vorteil finde ich besonders wichtig: Die Menschen erhalten in der Gemeinschaftseinrichtung Underwood mehr Privatsphäre, mehr Eigenständigkeit im Alltag und einen leichteren Zugang zu Integration und Bildung. Und das ist nicht nur beachtlich, gemessen an der Dimension dieser Einrichtung, sondern auch wichtig, mit Blick auf die nächsten Monate. Wir wollen vor der Lage bleiben und Integrationsprozesse schneller und zielgerichtet einleiten“, sagte Susanne Simmler. „Es werden auch in diesem Jahr viele tausend Menschen um Asyl in der Europäischen Union bitten, somit auch in Deutschland, somit auch im Main-Kinzig-Kreis. Und für sie haben wir eine Verantwortung, der wir nachkommen.“
Derzeit sind die beiden Hallen-Unterkünfte auf Underwood noch mit etwas mehr als 140 Personen bewohnt. Wenn die letzten Vorbereitungen in den Kasernengebäuden beendet sind, sollen sie spätestens im Februar umziehen. Die Leichtbauhallen können dann abgebaut werden. Als einzige Notunterkunft dieser Art bleibt im Main-Kinzig-Kreis noch die Leichtbauhalle in Gelnhausen aufgebaut, allerdings nur im Sinne einer vorsichtigen Planung und somit im Stand-by-Betrieb.
Auf Underwood findet neben Betreuung und Begleitung auch Schulunterricht statt. „Menschen unterzubringen ist der erste Schritt“, sagte Landrat Thorsten Stolz. „Wir verstehen das als gemeinsame Aufgabe von Kreis und Kommunen, um Obdachlosigkeit zu verhindern, was angesichts der großen Zahl schon eine Herausforderung ist.“ Ähnlich herausfordernd, aber ebenso wichtig seien die weiteren Schritte. „Hier ist es gut, dass es in Hanau wie auch im restlichen Main-Kinzig-Kreis starke und erfahrene Netzwerkpartner gibt“, so Stolz mit Blick auf das Staatliche Schulamt und die Volkshochschulen beziehungsweise die Bildungspartner Main-Kinzig. „Die Aufgabe wird sein, Menschen den Zugang zu Bildung und zum Erlernen der deutschen Sprache zu ermöglichen. Das ist der Schlüssel zu allem Weiteren in Richtung selbstbestimmtem Leben.“
Im gesamten Main-Kinzig-Kreis sind in den vergangenen beiden Jahren rund 13.300 Geflüchtete untergebracht worden. Durch die große Fluchtbewegung nach Russlands Angriff auf die Ukraine waren es alleine im Jahr 2022 rund 9.200. „Für die örtlichen Verwaltungen bleibt es ein komplexes und sehr forderndes Thema, Wohnungen zu akquirieren und zu schaffen. Wo wir als Landkreis unterstützen können, tun wir das, sowohl auf fachlicher Ebene als auch mit dem Ausbau eigener Unterbringungskapazitäten“, sagte Landrat Stolz. Der Kreis betreibt schon fünf Gemeinschaftseinrichtungen. Hinzu kommen eine Erstaufnahmeeinrichtung in Bad Soden-Salmünster sowie die neue Einrichtung auf Underwood.
Auf dem Titelfoto (v.l.): Landrat Thorsten Stolz, Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri stellten die neue Gemeinschaftseinrichtung Underwood vor
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