(ms/ea) – „Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern werden nicht erhöht, Abfallgebühren müssen angehoben werden, Hallenbadschließung ist unvermeidlich, alle anderen freiwilligen Leistungen bleiben erhalten“: Diese Kernaussagen lassen sich aus dem Haushaltsentwurf der Stadt Erlensee für das Jahr 2023 extrahieren, den Bürgermeister Stefan Erb am Donnerstagabend vorlegte.
Der Bürgermeister erläuterte auf der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ausführlich den Haushaltsentwurf und insbesondere auch die Hintergründe, die letztendlich zur Entscheidung des Magistrats geführt haben, das Hallenbad zum 30. Juni 2023 zu schließen.
Bereits bei den Vorbereitungen für den Haushalt habe sich gezeigt, dass es für 2023 unmöglich werde, trotz aller Sparbemühungen aufgrund von Mehraufwendungen im Bereich der Energie-, Material- und Baukosten sowie dem zu erwarteten Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst, die Position der Sach- und Dienstleistungen konstant auf dem Vorjahresniveau zu halten: Es haben rund 5 Mio Euro gefehlt, wie der Bürgermeister ausführte.
Bei sich anschließenden Beratungen und in der Klausurtagung des Magistrats seien daher Streichungen vorgenommen worden. Das Defizit konnte so auf 1,5 Mio. € für das Jahr 2023 reduziert werden. „Dieser Fehlbetrag zeigt, dass wir nicht ausreichend Finanzmittel erwirtschaften können, um unseren Haushalt auszugleichen“, so Bürgermeister Stefan Erb.
Allein zur Finanzierung des Status Quo 2023 müsste der Grundsteuerhebesatz auf 940 Punkte ansteigen, und zwar ohne Berücksichtigung der Kosten für eine Sanierung des Hallenbades und des dann darauf entfallenden Schuldendienstes und ohne Berücksichtigung der vertagten Maßnahmen.
Dies sei aber bereits heute im Haushalt zu berücksichtigen, weil die Kommunal- und Finanzaufsicht auch die Entwicklung der drei auf das Jahr der Haushaltsplanung folgenden Jahre – also bis einschließlich 2026 – betrachten muss, um den Haushalt genehmigen zu können.
„Bei einer Fortschreibung der Zahlen „mit Hallenbad“ würden folgerichtig auch die 940 Punkte Hebesatz bei der Grundsteuer weiter anwachsen müssen“, betont der Bürgermeister, der darauf hinwies, dass der Magistrat aufgrund dieser Zahlen einstimmig der Meinung gewesen sei, dass diese Mehrbelastungen den Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzumuten seien.
Zitat Bürgermeister Stefan Erb:
„Bereits die genannten 1,5 Mio. € Defizit lassen einen Weiterbetrieb nicht zu. 2011 nach der Wiedereröffnung nach der Sanierung der Technik lag das Defizit des Hallenbades übrigens noch bei 600.000 €. Unser Herz hätte das Bad gerne für alle Schülerinnen und Schüler, Vereine und Bürgerinnen und Bürger erhalten. Übrigens auch für die dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen, die mit ihrem hervorragenden Einsatz auch ein Grund für die Beliebtheit unseres Bades sind. Aber am Ende geht es auch einer Stadt wie Ihnen und mir:
Man kann nicht mehr Geld ausgeben, als man hat…“
Die Schließung des Hallenbades ist nach den Worten des Bürgermeisters die wohl einschneidenste Konsolidierungsmaßnahme in der Geschichte Erlensees. Mit dem Weiterbetrieb des Hallenbades wäre ein Haushaltsausgleich in 2024 bis 2026 nicht zu erreichen.
„Daher entschied sich der Magistrat schweren Herzens dazu, der Stadtverordnetenversammlung vorzuschlagen, das Hallenbad zu schließen, während die anderen freiwilligen Leistungen – darunter die Bücherei, die Hallen, das Fußballzentrum, die Kinder- und Jugendarbeit des Teams TKJE, der Familienbus, die Seniorenarbeit, die Spielplätze – auch weiterhin angeboten werden sollen“, so Bürgermeister Stefan Erb.
Einen Geldsegen aus Berlin, Wiesbaden oder Gelnhausen zu erwarten, würde der Kommunal- und Finanzaufsicht nicht genügen, wie Bürgermeister Stefan Erb betont, und anfügt, dass er persönlich diesen auch angesichts der Sonderbelastungen der jüngsten Vergangenheit für eher unrealistisch hält.
Selbst Landrat Thorsten Stolz habe in seiner Pressemitteilung „Breites Bündnis für Erhalt von Hallenbädern und Mitfinanzierung aus Kommunalem Finanzausgleich“ geschrieben: „Was ‚freiwillig‘ geleistet wird, kann und muss sogar bei sehr schlechter Haushaltslage gestrichen werden, das ist eine der Vorgaben der landespolitischen Ebene für die kommunalen Kämmereien.“
Einzelne Eckdaten zum Haushalt 2023 (in Euro, gerundet):
Erträge des Ergebnishaushaltes: 47,120 Mio €
Aufwendungen: 47,010 Mio €, davon Personalaufwendungen: 15,55 Mio. €
Überschuss im ordentlichen Ergebnis: 110.000 €
Erträge aus Gewerbesteuer: 7,35 Mio. €
Steuererträge, einschließlich Gemeindeanteil an Einkommens- und Umsatzsteuer: 23,04 Mio
Investitionen: 7,26 Mio €
Bei den Steuern verteilen sich die Erträge wie folgt:
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer:
9.180.000 € gegenüber 8.327.000 € in 2022
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer:
1.235.000 € gegenüber 1.162.000 € in 2022
Gewerbesteuer:
7.350.000 € gegenüber 7.000.000 € in 2022
Grundsteuer A:
46.200 € gegenüber 46.200 € in 2022
Grundsteuer B:
4.146.200 gegenüber 4.186.200 € in 2022
Hundesteuer:
72.000 € gegenüber 70.000 € in 2022
Spielapparatesteuer:
1,4 Mio. € gegenüber 1,3 Mio € in 2022
Die Investitionen von rund 7,26 Mio. € beinhalten 5.707.000 € auf Baumaßnahmen, 1.501.600 € auf den Erwerb von beweglichen Sachen und immateriellem Anlagevermögen sowie 50.000 € auf den Erwerb von Grundstücken.
Bei den Gebühren für den Bereich der Ver- und Entsorgung ist die Stadt verpflichtet, diese kostendeckend zu erheben. Hier sind Preissteigerungen abzufangen, insbesondere die zu entrichtende Deponiegebühr für den Restmüll, die vom Eigenbetrieb Abfallwirtschaft des Main-Kinzig-Kreises nachkalkuliert wurde. Zusätzlich hat sich in den letzten Jahren die Anzahl der Behälter erhöht. Die Erhöhung für eine 60 Liter-Tonne beträgt zum Beispiel 2,90 € monatlich, für eine 80 Liter-Tonne 3,80 € und für eine 120 Liter-Tonne 5,90 €.
⇒Die dazugehörigen Folien stehen ebenfalls zum Download bereit.
In der nächsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung wird der Haushaltsentwurf nach Einbringung der Haushaltsanträge der einzelnen Fraktionen beraten und mit eventuellen Änderungen endgültig beschlossen.
Am 28. November um 19.00 Uhr findet im großen Saal der Erlenhalle eine Bürgerversammlung zum Thema „Zukunft des Hallenbades der Stadt Erlensee“ statt. Alle Erlenseer Bürgerinnen und Bürger sind herzlich dazu eingeladen.
Weiter wurde auf der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, die Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeit der Energieeinsparung im Alltag durch einen Flyer, der auf der stadteigenen Homepage abzurufen sein soll, zu informieren. Der ursprüngliche Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, diesen an alle Haushalte zu verteilen, wurde durch einen Änderungsantrag der SPD-Fraktion zur ausschließlichen digitalen Bereithaltung auf der stadteigenen Homepage abgeändert.
Bericht und Archivfoto: Markus Sommerfeld