HLNUG zieht Bilanz zum Ende des hydrologischen Winterhalbjahrs

(pm/ea) – Zwar sind die Oberböden weitgehend gesättigt und die Grundwassersituation hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert, das Trockenjahr 2018 aber wirkt noch immer nach. Dies zeigt die diesjährige Bilanz des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) zum Ende des hydrologischen Winterhalbjahrs.

„Wir sorgen dafür, dass Hessen immer genügend sauberes Wasser hat. Diese Entwicklungen zeigen uns jedoch erneut, dass die Wasserversorgung nicht selbstverständlich ist. Es ist entscheidend, dass wir mit den bestehenden Reserven richtig haushalten und die Nutzung von Brauchwasser, die Grundwasserneubildung sowie die Umsetzung von Sparmaßnahmen aktiv unterstützen. Wir müssen an verschiedenen Stellschrauben ansetzen und jeweils vor Ort die passenden Maßnahmen ergreifen. Hierfür haben wir in diesem Jahr den Zukunftsplan Wasser aufgestellt und fördern unter anderem die Erstellung kommunaler Wasserkonzepte“, sagte Umweltministerin Priska Hinz.

Immerhin ist die Niederschlagsbilanz des vergangenen Winterhalbjahres weitgehen ausgeglichen. Das zurückliegende hydrologische Winterhalbjahr (November 2021 bis April 2022) war sehr wechselhaft: Während manche Monate viel zu trocken ausfielen, brachten andere sehr viel Niederschlag, der Februar sogar Hochwasser.

„Wir stehen vor der Frage, ob die Winter in Zukunft genug Wasser bringen werden, um die häufig trockeneren Sommer auszugleichen“, so Prof. Dr. Thomas Schmid, Präsident des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). „Die zurückliegenden Trockenjahre mit ausgedörrten Böden, Waldbrandgefahr und Niedrigwasser haben uns einen Vorgeschmack darauf gegeben, was auf uns zu kommt. Die Winter müssten künftig schon überdurchschnittlich nass ausfallen, um das auszugleichen.“

Die Daten im Einzelnen:

Temperatur und Niederschlag

Das hydrologische Winterhalbjahr war wieder einmal zu warm, besonders die Monate Januar und Februar. Über das Halbjahr gemittelt betrug die Temperatur 4,6 Grad Celsius – vergleicht man diese Zahl mit der international verwendeten Referenzperiode 1961-1990, war es 1,9 Grad wärmer als im langjährigen Mittel. Das Niederschlagsgeschehen war wechselhaft: Insgesamt fielen im hydrologischen Winterhalbjahr hessenweit 342 mm Niederschlag, was gegenüber dem Mittelwert der Referenzperiode 1961-1990 (384 mm) 11 Prozent weniger Regen bedeutet. Die Niederschlagsverteilung war recht unterschiedlich, zu trockene Monate (November, Dezember und März) und zu nasse Monate (Januar, Februar und April) wechselten einander ab. Vor allem der Februar war deutlich nasser als im langjährigen Mittel, während der März besonders trocken war. Detaillierte Informationen zur aktuellen Witterung in Hessen im Vergleich zum beobachteten Klima der Vergangenheit (Daten ab 1881) lassen sich als Zeitreihen und neuerdings auch als Karten über das neue Klimaportal Hessen abrufen.

Entwicklung des Grundwassers

Das hydrologische Winterhalbjahr ist für die Regeneration des Grundwassers besonders wichtig: In dieser Zeit ruht die Vegetation, und die Verdunstung fällt wegen der niedrigeren Temperaturen geringer aus als im Sommer. So kann ein großer Teil des Niederschlags versickern und zur Grundwasserneubildung beitragen.

Die wechselhafte Witterung des zurückliegenden hydrologischen Winterhalbjahres bewirkte in der Summe eine moderate Erholung im Grundwasser, wobei regionale Unterschiede zu beobachten waren. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Grundwasserstände Ende April an 70 Prozent der Messstellen auf einem höheren Niveau als vor einem Jahr, an 30 Prozent der Messstellen wurden niedrigere Grundwasserstände als vor einem Jahr beobachtet. Auch wenn sich die Grundwassersituation im Vergleich zum letzten Jahr vielerorts leicht verbessert hat, konnten die aus den trockenen Vorjahren resultierenden Defizite im Grundwasser durch das zurückliegende hydrologische Winterhalbjahr nicht ausgeglichen werden. Dabei sind die aktuellen Defizite im Grundwasser zum großen Teil immer noch auf das hohe Niederschlagsdefizit des extrem trockenen Jahres 2018 zurückzuführen.

Grundwasserneubildung und Klima

Neben den zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahren 2018 -2020 ist bei der Grundwasserneubildung in Hessen bereits seit dem Jahr 2003 ein deutlicher Rückgang zu beobachten. In dieser Zeit traten allenfalls noch durchschnittliche, meist aber unterdurchschnittliche Neubildungsjahre auf. Neubildungsreiche Nassjahre, durch die Grundwasserspeicher wieder nachhaltig aufgefüllt werden, gab es zuletzt in den Jahren 2001 und 2002. Gegenüber der Referenzperiode von 1971 bis 2000 fiel die Grundwasserneubildung in Hessen in den letzten 19 Jahren durchschnittlich 27 Prozent niedriger aus. Es bleibt abzuwarten, ob sich der seit 2003 beobachtete Trend in der Zukunft fortsetzt.

Auswirkungen auf die Oberflächengewässer in Hessen

Wasserstände und Durchflüsse waren Ende 2021, aber auch im Januar, zunächst noch unterdurchschnittlich. Im Februar hingegen führten die Gewässer 64 Prozent mehr Wasser als im Mittel (Vergleichsperiode 1991-2020). Regional kam es zu Hochwasser, vor allem im Fuldagebiet und im Lahngebiet sowie an der Ulster. Im regenarmen März hingegen war es zu trocken, erst die Niederschläge im April sorgten wieder für eine leicht überdurchschnittliche Wasserführung mit einem Plus von sieben Prozent.

Der Inhalt der großen Talsperren wird nicht nur durch das Niederschlagsgeschehen, sondern auch von der Talsperrensteuerung beeinflusst. Die großen Talsperren, Eder- und Diemeltalsperre, wurden wie in jedem Winterhalbjahr eingestaut. Am Ende des Hydrologischen Winterhalbjahres sind die beiden Talsperren zu 100 Prozent gefüllt, der Vollstau ist erreicht. Die übrigen Talsperren und Seen sind auf konstantem Niveau gefüllt.

Entwicklung der Bodenfeuchte

Modellierte Daten des DWD zur Bodenfeuchte für das Winterhalbjahr 2021/2022 zeigen zusammenfassend, dass die Wasserversorgung der Oberböden in Hessen im vergangenen Winter im Mittel ausreichend bis sehr gut war. Die Unterböden wiesen im Gegensatz dazu eher eine unterdurchschnittliche Bodenfeuchte auf, was vor allem die Wasserversorgung im tieferen Wurzelbereich der Baumvegetation negativ beeinflussen kann.

Zu Beginn des Winterhalbjahres waren vor allem in Nordhessen die Oberböden (0-10 cm) noch relativ trocken. Hier entspannte sich bis Ende November die Situation und die Böden waren flächendeckend ausreichend mit Wasser versorgt, stellenweise war es sogar zu nass. Erst der sehr niederschlagsarme März führte dazu, dass die Bodenfeuchte in den Oberböden merklich abnahm, was örtlich zu Tagen mit leichtem Trockenstress geführt hat. Anfang April entspannte sich die Situation zunächst erneut. In der zweiten Aprilhälfte kam es allerdings wieder zu einem Rückgang der Bodenfeuchte, was zu vereinzelten Trockenstresssituationen in den Oberböden entlang des Rheins bis zum Main geführt hat.

Bei den Unterböden (40-50 cm) stellt sich die Situation etwas anders dar. Hier waren, mit Ausnahme der Höhenlagen, die Böden bis Ende Dezember hessenweit fast durchweg zu trocken. Erst ab Ende Januar entspannte sich die Lage. Bis auf einige Gebiete in Nordhessen zeigten nun auch die Unterböden landesweit nahezu optimale Bodenfeuchten.

Georisiken

Der Klimawandel und damit einhergehende längere niederschlagsarme Phasen haben auch in Hessen Auswirkungen auf oberflächennahe geologische Schichten und Böden. Denn in Teilen von Hessen wird die Landoberfläche von wasserempfindlichen Lockergesteinen oder organischen Schichten gebildet, die sensibel auf Schwankungen des Wassergehalts, also z.B. Trockenheit, reagieren. Tonhaltige Schichten etwa neigen bei Trockenheit besonders stark zum Schrumpfen, was zu Setzungen und damit einhergehend zu Rissen an Gebäuden führen kann. Besonders anfällig für Trockenheit und damit setzungsempfindlich sind auch Böden mit einem hohen Anteil an organischen Bestandteilen, z.B. Torf. In Hessen treten solche setzungsempfindlichen Ablagerungen vor allem in Flussauen auf.

Bei länger anhaltender Dürre können die oben beschriebenen Böden und geologischen Schichten tiefreichend austrocknen, was zu Setzungen an der Geländeoberfläche führen kann. Dabei können mehrere Meter tiefe Trockenrisse, Spalten und Senkungsmulden entstehen. Während dies in unbebautem Gebiet normalerweise folgenlos bleibt, führen solche Oberflächenverformungen in besiedelten Regionen zu Schäden an Häusern, Straßen und Leitungen.

In Hessen wird diese Problematik in den letzten Jahren als Folge anhaltender Trockenheit immer deutlicher sichtbar. Besonders in dicht bebauten Gebieten, wie dem Rhein-Main-Gebiet und Teilen der Niederhessischen Senke treten bereits vermehrt Gebäudeschäden auf. In Folge des Klimawandels und weiterer „Trockenjahre“ steht zu befürchten, dass es vermehrt zu Schäden an der Bebauung kommen wird. Informationen über die Verbreitung solcher setzungsempfindlichen Schichten in Hessen, sind im Geologie-Viewer der Internetseite des HLNUG abrufbar.

⇒ www.hlnug.de

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