Haushalt mit Stimmen von Bündnis 90 / Die Grünen und SPD beschlossen – CDU stimmt dagegen

(ms/ea) – Der Haushalt 2022 der Stadt Erlensee wurde am Donnerstagabend auf einer knapp dreistündigen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen von Bündnis 90 /Die Grünen und der SPD beschlossen. Die CDU stimmte dagegen. Damit ist der Weg frei für die Anhebung des Grundsteuer-Hebesatzes auf 675 Punkte. Beschlossen wurde auch der Bau der Kita Fröbelstraße sowie die Kernsanierung des Rathauses.

Das Abstimmungsverhalten der Fraktionen entsprach im Wesentlichen dem in der eine Woche zuvor stattgefundenen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, so dass am Ende der diesjährige Haushalt mehrheitlich statt einstimmig, wie dies in Erlensee bisher zum überwiegenden Teil üblich war, beschlossen wurde.

In seiner Haushaltsrede warf SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Martin Maul der CDU-Fraktion vor, keine Verantwortung zu übernehmen für Entscheidungen und Entschlüsse, die sie selbst jahrelang mitgetragen habe. Sie habe sich bei dem unangenehmen Thema „Grundsteuererhöhung“ einfach weggeduckt. Die von der CDU-Fraktion geäußerte Idee, die prognostizierten Gewerbesteuer-Einnahmen um 700.000 € nach oben zu korrigieren, um auf die Erhöhung der Grundsteuer zu verzichten, könne nicht akzeptiert werden, dies sei ein Taschenspielertrick, wogegen sich Erste Stadträtin Birgit Behr (CDU) in einem Zwischenruf verwahrte.

Natürlich bestehe auch die Möglichkeit, Ausgaben zu senken. Da die Pflichtaufgaben nicht entfallen könnten, blieben nur Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen.

„Erste Stadträtin Birgit Behr bemängelte in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, dass es da keine Vorschläge von der SPD und den Grünen gegeben habe, und diese eben „lieber“ oder „einfach“ die Grundsteuer erhöhen. Aber ist es nicht so, dass die Partei, die partout keine Steuererhöhung haben möchte, nämlich die CDU, als erste die Pflicht hätte, Einsparungen, also Streichungen von freiwilligen Leistungen vorzuschlagen?“, so Maul, der der CDU-Fraktion in diesem Zusammenhang Wählerstimmenfang vorwarf.

Die Grundsteuererhöhung einer Streichung von Einrichtungen für die Bevölkerung vorzuziehen, sei Konsens in der SPD-Fraktion, denn KiTa, TKJE, Kinderhorte, Fußballzentrum, Bücherei und Schwimmbad seien wertvolle Einrichtungen, die der gesamten Bevölkerung zu Gute kämen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Martin Maul betonte, dass der Haushaltsentwurf insbesondere die Kinderbetreuung sicherstelle, die es nicht zum Nulltarif geben könne. Aufgrund der Nachverdichtung im Stadtgebiet erwarte er einen weiter steigenden Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen, was auch mit steigenden Kosten verbunden sei.

„Leider sind diese Kosten stärker gestiegen als die Gewerbesteuer-Einnahmen, so dass eine Finanzierungslücke entstanden ist, die wir durch höhere Grundsteuern auffangen müssen.
Zu der Erhöhung der Grundsteuer gibt es keine Alternative, da eine weitere Erhöhung der Gewerbesteuer über die 425 Punkte hinaus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Verlagerung des Steueraufkommens großer Kapital-Gesellschaften führen wird, da diese bei mehreren Standorten den Ort für die Versteuerung ihres Umsatzes unter Umständen beeinflussen werden“, so Dr. Martin Maul.

Für ein durchschnittliches Eigenheim bedeute die Erhöhung der Grundsteuer eine Verteuerung um rund 10 Euro im Monat. Maul betonte, dass durch Abschaffung der Straßenbeiträge Eigenheimbesitzer nun nicht mehr damit rechnen müssten, „alle zwanzig Jahre mit einem Betrag von bis zu 20.000 € auf einen Schlag belastet zu werden.“

Zu den weiteren Anträgen der CDU-Fraktion entgegnete der SPD-Fraktionsvorsitzende, dass der Bau der KiTa-Fröbelstraße aufgrund der prognostizierten Zahlen nötig sei. Die Kernsanierung des Rathauses sei laut Urteil der Experten die kostengünstigste und ökologisch sinnvollste Variante. Einen Neubau lehne man daher ab. Bevor nicht eine unabhängige Expertenkommission im Rahmen des KOMPASS-Programms eine Empfehlung getroffen hat, könne man dem Antrag der CDU auf Einführung des Freiwilligen Polizeidienstes nicht unterstützen, da dieser verfrüht sei.

„Da es uns bewusst ist, dass wir die Bürger in diesen Zeiten zusätzlich zu Corona und den steigenden Energiepreisen weiter belasten, haben wir, um ein Zeichen zu setzen, auf eigene Anträge in diesem Haushaltsjahr verzichtet. Es gibt zwar vieles, was noch wünschenswert wäre, aber was wir uns aus Gründen der Haushaltsdisziplin verkneifen wollen“, so Dr. Martin Maul abschließend.

CDU-Fraktionsvorsitzender Horst Pabst entgegnete, „Rot-Grün“ sei nun so deutlich in Erscheinung getreten wie nie zuvor in Erlensee. Er betonte, dass aufgrund der Erhöhung der Grundsteuer um mehr als 22 Prozent auf Eigenheimbesitzer je nach Baujahr des Hauses bis zu 200 Euro Mehrkosten im Jahr zukämen. „Wir haben die Leute hierher geholt, diese werden jetzt nicht begeistert sein“, so Pabst. Erlensee habe 2021 als einzige Kommune im Kreis die Grundsteuer erhöht. Diese wäre damals noch höher ausgefallen, hätte man einem CDU-Antrag, ebenfalls die Gewerbesteuer zu erhöhen, nicht zugestimmt. Jetzt hätten 600 Punkte laut Pabst auch ausgereicht, wenn man bedenke, was man alles hier angesiedelt habe.

Bei den Berechnungen der Kosten für die Kernsanierung habe man noch nicht das erst später bekannt gewordene Grundstück der Kita Am Rathaus berücksichtigt, so dass nun eine andere Rechnungsgrundlage herangezogen werden müsse. Aufgrund des Einsparens eines Grundstückskaufs seien die Kosten für einen Neubau und für die Sanierung gleich.

Für Renate Tonecker-Bös, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen, bestehe keinen Zweifel, dass die Kita Fröbelstraße gebaut werden müsse, da die Zahlen nichts anderes hergäben. Beim Rathaus sei eine Sanierung die einzige nachhaltige Möglichkeit, außerdem gehöre das Rathaus in die Stadtmitte. Sie stimmte dem SPD-Fraktionsvorsitzenden zu, dass man die freiwilligen Leistungen nicht missen möchte, denn diese gehören zu einer lebenswerten Stadt dazu. „Auch uns ist die Entscheidung für eine Erhöhung der Grundsteuer schwer gefallen, aber auch bei den Kommunen steigen die Kosten“, so Tonecker-Bös. Man sei enttäuscht darüber, dass das Gewerbe bisher nicht genug Gewerbesteuer zahlten, was sich zukünftig hoffentlich ändern werde. Man dürfe außerdem die zunehmende Belastung durch den LKW-Verkehr nicht kleinreden. Dennoch sehe man von einer Erhöhung der Gewerbesteuer ab, da diese auch viele kleine und mittlere Betriebe in Erlensee träfe.

Sie dankte der SPD-Fraktion für die gute interfraktionelle Zusammenarbeit. „Bei der CDU gibt es hier noch Luft nach oben“, so Tonecker-Bös abschließend.

Nachfolgend die einzelnen Anträge der Fraktionen, Näheres dazu auch im Bericht über die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses

Anträge der CDU-Fraktion:

Verzicht auf Anhebung der Grundsteuer-Hebesätze, stattdessen Anhebung der Gewerbesteuer-Hebesätze

Kein Bau der Kita Fröbelstraße

Martin Pest (CDU) kritisierte hier im Besonderen, dass es „keine ausreichenden Untersuchungen vor dem Kauf des Gebäudes gegeben hat, sonst wären die massiven Baumängel aufgefallen, die dann zum Abriss führten“ und sprach vom „teuersten Grundstück, was die Stadt Erlensee jemals gekauft hat“. Man habe nach Fertigstellung der Kita Leipziger Straße Kinderbetreuungsplätze im Überschuss, so dass man auf einen Bau einer Kita Fröbelstraße verzichten könne. Doris Fuchs (SPD) und Bürgermeister Stefan Erb wiedersprachen den von Pest genannten Zahlen.

Erstellung eines städtebaulichen Gesamt-Konzepts für die Stadt Erlensee

Einführung des freiwilligen Polizeidienstes

Michael Börner (CDU) sprach von einer zentralen Forderung für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und erinnerte an veröffentlichte Straftaten der letzten Wochen. Er kündigte eine Pressemitteilung der CDU an über bisher in der Öffentlichkeit nicht bekannte Taten, sollte der CDU-Antrag abgelehnt werden. „Ihre Ablehnung des Antrags sollten sie den von Straftaten betroffenen Menschen mitteilen“, so Börner in Richtung der Fraktionen von Bündnis 90 /Die Grünen und SPD. Renate Tonecker-Bös, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen, warf ihm daraufhin vor, Angst zu schüren und bezeichnete die von Börner angekündigte Pressemitteilung als unzumutbare Aussage.

Verkürzung der geplanten Verlängerung der Anne-Frank-Straße

Neubau statt Kernsanierung des Rathauses

Werner Beier (CDU) betonte, die CDU-Fraktion hätte dieses Thema gerne noch einmal in einer Ausschuss-Sitzung beraten, was aber von den beiden anderen Fraktionen abgelehnt worden war. Leider lasse der Fraktionszwang bei der SPD-Fraktion keine persönliche Meinung zu. Die Kosten für einen Neubau seien vergleichbar mit denen einer Kernsanierung.

Bürgermeister Stefan Erb widersprach und erklärte, ein Neubau sei teurer. Im übrigen werde man in Kürze einen Mietvertrag mit der Firma Brandenburg abschließen zur vorübergehenden Nutzung des gegenwärtigen Interimsrathauses der Stadt Bruchköbel im Fliegerhorst und dadurch erhebliche Auslagerungskosten während der Kernsanierung sparen.

Überdachung der Fahrradständer am Hallenbad

Aufgrund der fehlenden Gegenfinanzierung wegen des beschlossenen Baus der Kita Fröbelstraße wurde dieser Antrag zurückgezogen.

 

Alle CDU-Anträge wurden abgelehnt.

 

Anträge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen:

Erstellen einer Satzung zur Nutzung und Förderung von Regenwasser-Zisternen

Suchen von geeigneten Anbietern von E-Ladestationen und Ausweisung von entsprechenden Parkflächen

Erstellen eines Verkehrsmanagementkonzepts

Option „Bus on Demand“ beim Familienbus

Zuschuss/ Förderung beim Kauf von Habitats-Bäumen

7500 Euro Zuschuss für Kulturveranstaltungen beim Langendiebacher Hof- und Gassenfest

Sperrvermerk für Investition „Verlängerung Anne-Frank-Straße“

 

Allen Anträgen der Fraktion Bündnis 90 / die Grünen wurde zugestimmt.

 

Weiter wurde beschlossen:

Änderung der Entwässerungssatzung: Die Ermittlung von Berechnungsgrundlagen, die Gebührenberechnung, die Ausfertigung und Versendung von Gebührenbescheiden sowie die Entgegennahme der zu entrichtenden Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser und Sonderwasserzähler werden von den Kreiswerken Main-Kinzig wahrgenommen. Die Festsetzung der versiegelten Fläche verbleibt bei der Stadt Erlensee.

Erlass einer Baumfördersatzung: Privatpersonen wird angeboten, ihre Bäume von einer Fachfirma kontrollieren zu lassen, Maßnahmen zur Erhaltung des Baumes werden finanziell gefördert. Antrag wurde in den Bau- und Umweltausschuss überwiesen.

Ausschreibung Kernsanierung Rathaus: Die Projektsteuerung und die Planerleistungen für die Kernsanierung des Rathauses Erlensee sollen in einem zweistufigen Verfahren (Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb) ausgeschrieben werden. Die Ausschreibungsverfahren sollen unter Beteiligung der Fraktionen stattfinden. Hierzu soll eine Entscheidungskommission gebildet werden, welche sich aus je 2 von den Fraktionen entsandten Mitgliedern, der Fachanwältin, dem Bürgermeister sowie 4 Bediensteten der Verwaltung zusammensetzt.

Bericht und Archivfoto: Markus Sommerfeld

 

 

 

 

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