Gemeinsame Pressemitteilung zum Haushalt 2022 in Erlensee der Fraktionen der SPD und Bündnis 90 / DIE GRÜNEN

(pm/ea) – „Mit Bedauern nehmen die Fraktionen der GRÜNEN und der SPD den sehr polemischen CDU-Artikel „Sitzung nach „Gutsherrenart““ zur Kenntnis“, so die beiden Fraktionen in einer Pressemitteilung.

Weiter heißt es darin:

„Vor allem die Angriffe gegen den Gesamtelternbeirat, den Magistrat und auch die Fachanwältin für Vergaberecht sind inakzeptabel und entsprechen nicht den demokratischen Grundsätzen in unserer Stadt. Anstelle einer Antwort auf die vielen im CDU-Artikel geschriebenen Tatsachenverdrehungen und Absonderlichkeiten wollen wir im Folgenden für die Bürger die Überlegungen und Hintergründe zum aktuellen Haushalt darstellen.

Erstmals entscheiden sich die Fraktionen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und von SPD mit einem gemeinsamen Beitrag an die Presse zu gehen. Beiden ist es wichtig, bei den Bürgern und Bürgerinnen für Verständnis für die schwierigen Entscheidungen zu werben, die in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss empfohlen worden sind.

Trotz Mehreinnahmen durch die Gewerbesteuer ist die Erhöhung der Grundsteuer notwendig

Trotz der erwarteten Mehreinnahmen durch die Gewerbesteuer von rund einer Million Euro ist der Haushalt 2022 ohne Grundsteuererhöhung nicht zu stemmen.

Die Stadt Erlensee bietet unter anderem allen Familien für ihre Kinder ausreichend und hochwertig qualifizierte Betreuungsplätze in Kinderkrippen, Kindergärten und Hortplätzen an. Im Gegensatz zu manch einer Nachbarkommune erfüllt Erlensee damit nicht nur die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl von Kindergartenplätzen, sondern deckt mit den Horten auch weitergehende Bedarfe.

Das im Haushalt abgebildete Defizit im Bereich der Kinderbetreuung ist gegenüber dem Vorjahr um rund 17 % auf 6,25 Millionen Euro gestiegen, was einerseits mit der Zunahme der Betreuungsplätze zu tun hat und andererseits aber auch maßgeblich mit dem erhöhten Personalschlüssel, der durch das „Gute-Kita-Gesetz“ von Bundes- und Landesebene vorgeschrieben wurde.

Einnahme- und Ausgabeseite des städtischen Haushalts

Der städtische Haushalt weist auf der Einnahmenseite anteilige Steuereinnahmen aus Einkommenssteuer und Umsatzsteuer aus. Auf der Ausgabenseite anteilige Aufwendungen für den Unterhalt von Schulen, Krankenhäusern usw., die der Landkreis unterhält – sogenannte Kreisumlagen. Für den Haushalt 2022 haben uns zum einen Steuerzuweisungen des Landes auf dem Niveau von 2020 und eine gleichzeitig erhöhte Kreisumlage „erwischt“. Beides führt ebenfalls zu einem erheblichen Defizit des städtischen Haushaltes.

Im Übrigen sind natürlich die in den vergangenen Jahrzehnten beschlossenen Infrastrukturmaßnahmen und vielfältigen Angebote der Stadt ein erheblicher Kostenfaktor. Hier einige Beispiele:

1. Auf die Erhebung von Straßennutzungsbeiträgen wird seit zwei Jahren verzichtet.
2. Das städtische Hallenbad mit einem jährliche Zuschussbedarf von rd. 1,25 Millionen bleibt bei moderaten Eintrittsgebühren für die Bürgerinnen und Bürger weiter offen.
3. Die Bücherei, die verschiedenen Bürgerhäuser und Hallen stehen allen Bewohnerinnen und Bewohnern, den Vereinen und Künstlern zu vertretbaren Kosten zur Verfügung. Dafür sind jährliche Zuschüsse im Haushalt eingeplant.
4. Der städtische Haushalt beinhaltet anteilige Zuschüsse der Stadt für verschiedene Projekte der Gemeinwesen- und Sozialarbeit (Römerspielplatz, Schulen etc.)
5. Das Fußballzentrum bietet, vor allem auch Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, gemeinsam ihrem Sport nachzugehen
6. Der Limespark bietet Jung und Alt vielfältige Möglichkeiten der Erholung.

Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf unsere Stadt

Andere Kommunen greifen in Corona-Krisenzeiten auf ihre Rücklagen zurück, um Rückgänge bei den Steuereinnahmen auszugleichen. Diese Möglichkeit (Rücklagen aufzulösen) hat die Stadt Erlensee nicht, da seit der Jahrtausendwende neue Wohn- und Gewerbegebiete mit der notwendigen Infrastruktur entstanden sind und dafür viel Kapital aufwendet wurde. Es ist unausweichlich, der Kommunalaufsicht einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, da sonst der Haushalt nicht genehmigt werden würde und die Stadtverwaltung ihren Aufgaben nicht nachkommen kann. Die Stadt ist gezwungen, aus haushaltrechtlichen Gründen eine Liquiditätsreserve aufzubauen. Dafür sind jährlich weitere rund 300.000,– € anzusparen.

Die Frage an das Parlament stellt sich jedes Jahr – und dieses Jahr besonders dringlich: Durch welche Maßnahmen kann der Haushalt ausgeglichen werden?

1. Option: Gewerbesteuer erhöhen

Für uns, SPD und GRÜNE scheidet die Option, entsprechend die Gewerbesteuersätze anzuheben, aus. Wir halten dies für ungeeignet, da wir gerade von der Ansiedlung von Gewerbe mittel- und langfristig eine Erhöhung der Einnahmeseite erwarten (was nachweislich ja geschieht, nur in Coronazeiten halt langsamer als erhofft). Mit dem Gewerbesteuersatz befinden wir uns in Konkurrenz zu allen Kommunen rings herum. Erlensee liegt mit dem bisherigen Gewerbesteuersatz bereits im oberen Drittel der Steuersätze unserer Mitbewerber. Erhöhen wir jetzt den Gewerbesteuersatz hätten wir den höchsten Gewerbesteuersatz kreisweit. Das wollen wir nicht, da wir damit dem Standort Erlensee schaden und langfristig auch weniger Einnahmen an Gewerbesteuer haben könnten. Gewerbebetriebe, die sich jüngst bei uns angesiedelt haben, können weiterhin mit dem im letzten Jahr beschlossenen Gewerbesteuerhebesatz von 425 Punkten rechnen.

2. Option: Freiwillige Leistungen abbauen

Für uns kommt es nicht in Frage, die vorgehaltene Infrastruktur für unsere Bürgerinnen und Bürger „dicht zu machen“. Es wäre möglich, das Hallenbad und/oder die Bücherei zu schließen, die Hortbetreuung einzustellen oder die Bürgerhäuser und Sporthallen nicht weiterzubetreiben. Es wäre auch möglich, die Unterstützung der Vereine zu streichen, oder die städtische Förderung von Sozial- und Seniorenarbeit einzustellen.

Aber: Alle Menschen, Jung und Alt können sicher sein, dass wir das nicht tun werden!

3. Option: Erhöhung der Grundsteuer

Die Grundsteuer ist eine städtische Steuer. Sie ist von jedem Grundstückseigner zu zahlen. Die Höhe richtet sich nach einem steuerlichen „Einheitswert“, der bei Erwerb des Grundstückes vom Finanzamt festgesetzt wird. Die Steuerhöhe wird vom Stadtparlament in Prozentpunkten festgesetzt. Seit dem letzten Jahr gilt in Erlensee ein Grundsteuerhebesatz von 550 Punkten.
Wir halten eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes auf 675 Punkten für unausweichlich, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Diese Erhöhung um 125 Punkte bedeutet z.B. für Bewohnerinnen und Bewohner in einem selbstgenutzten Einfamilienhaus aus dem Jahr 1960 eine Erhöhung der Steuer um monatlich rund 9 €. Die erhöhte Grundsteuer zahlen übrigens alle Hausbesitzer, Grundstücksinhaber und -inhaberinnen genauso wie die Gewerbetreibenden für ihre oft weitaus größeren Immobilien. In der Regel werden diese an die Mieter und Mieterinnen weitergeben. Wir wissen deswegen, es wird uns alle treffen. Und es tut denen, die diese Entscheidung in diesem Jahr treffen müssen, im Herzen weh.

Fazit:

Wir wollen eine Kommune sein, die ihren Bewohnerinnen und Bewohnern mehr bietet als löchrige Straßen und einem Platz zum Schlafen.

Wir sind stolz auf unsere modernen Kinderbetreuungseinrichtungen, die Hallen, das Bad, die Bücherei, die sozialen Projekte, die Fußballer, die Feuerwehr, eine vernünftige Personaldecke (gerade in den Kitas) und vieles mehr, was Geld kostet.

Wir werden verantwortungsbewusst mit dem Geld der Bürger und Bürgerinnen umgehen, gesetzliche Leistungen sicherstellen und freiwillige Leistungen erhalten.

Wir haben viele gute Ideen und wichtige Vorhaben für unsere Stadt, wie zum Beispiel den Klimaschutz voranbringen, die Mobilität neu denken, die Stadtentwicklung und soziale Projekte vorantreiben.

Wir sind überzeugt, hier im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Erlensees zu handeln.“

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