„Lockdown für viele Schüler eine Katastrophe!“

(pm/ea) – Im Rahmen ihrer Besuchsreihe „Wie kommen unsere sozialen Einrichtungen durch die Pandemie?“ statteten Hanaus Bürgermeister Axel Weiss-Thiel und Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck jüngst der Gesellschaft für Wirtschaftskunde e.V. (GfW) in der Hanauer Martin-Luther-King-Straße einen Besuch ab.

Die Gesellschaft für Wirtschaftskunde e.V. (GfW) wurde 1966 als gemeinnütziges Bildungswerk der regionalen Wirtschaft von Unternehmerverbänden des Wirtschaftsraumes Hanau, Offenbach und Main-Kinzig-Kreis sowie der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern gegründet. An über 8 Standorten im Main-Kinzig-Kreis und Offenbach unterstützt sie Menschen auf ihrem Weg in die berufliche Zukunft. Als gemeinnütziger Verein steht die berufliche und persönliche Weiterentwicklung von Jugendlichen, Erwachsenen mit und ohne Behinderung oder Migrationshintergrund im Fokus ihrer Arbeit.

Christine Paetzel, die im Sommer 2020 – inmitten der Coronakrise – die Geschäftsführung der GfW übernommen hat, berichtete über die Arbeit in der Pandemie: „Wir machen weiter, aber anders!“, sagt sie: „Unsere Teilnehmer kommen teils aus schwierigen Verhältnissen. Sie haben die Schule abgebrochen oder haben Sprachbarrieren. Für viele von ihnen ist der Lockdown eine absolute Katastrophe.“ Selbst da, wo Distanzunterricht möglich sei, stünden die Dozenten vor großen Problemen: „Wir haben Schüler*innen, die im Lockdown komplett untergetaucht sind und nicht auf Kontaktaufnahmeversuche reagiert haben. Da sind unsere Dozenten persönlich hingefahren und haben an der Haustür geklingelt. So konnten wir fast alle zurückholen.“ Auch würde es den Schülerinnen und Schülern oft an entsprechender Technik für Videokonferenzen sowie der digitalen Kompetenz fehlen. „Nur weil heute jeder ein Smartphone hat, bedeutet das nicht, dass auch digitale Kompetenz vorhanden ist!“, sagt Paetzel. Und im Gegensatz zu Schulen erhielten freie Bildungsträger keine finanziellen Hilfen für die Anschaffung von Notebooks für Schüler*innen, die selbst nicht über genügend finanzielle Mittel verfügten.

„Natürlich arbeiten wir an Lösungen, jedoch sind uns im Lockdown Projekte wie die TalenteWerkstatt, eine Berufsorientierung für Schüler, auch weggefallen. Dadurch haben wir ebenfalls große Einnahmeausfälle verbuchen müssen, die eine Finanzierung von Endgeräten für Schüler schwierig gestaltet“ sagt Paetzel: „Umso dankbarer sind wir über die finanzielle Hilfe von 17.835 Euro aus dem Corona-Hilfspaket der Stadt Hanau. Allerdings deckt es nur einen Bruchteil unserer Fixkosten für Räumlichkeiten und Personal, welches weiterhin für das Projekt vorgehalten werden muss.“ Auch über den weiteren beruflichen Werdegang der Schülerinnen und Schüler macht sich Paetzel große Sorgen: „Vieles von dem, was jetzt wegen des Lockdowns verpasst wurde wie Praktika oder Berufsorientierung, ist kaum mehr nachzuholen. Das wird uns in den nächsten Jahren noch auf die Füße fallen“, vermutet sie, „hier arbeiten wir an praktischen Hilfen.“

Bürgermeister Axel Weiss-Thiel und Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck nahmen den Bericht der Geschäftsführerin besorgt zur Kenntnis. „Berufsorientierung für Jugendliche und Förderkurse für junge Menschen, die sich mit der Schule schwertun, sind sehr wichtig. Wir müssen einen Weg finden diese Jugendlichen zu erreichen!“, sind sie sich einig. Das Angebot der GfW müsse dringend erhalten bleiben, um in Zukunft – nach dem Lockdown – weiterhin jungen Menschen zur Verfügung zu stehen. Der Bürgermeister versprach Gespräche zu führen und weitere Möglichkeiten der Finanzierung auszuloten, um die Arbeit der GfW zu unterstützen.

 

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„Hanau: Erinnern, Verarbeiten, Verändern“ – Vortrag mit Armin Kurtović

Am 19. Februar 2020 ereignete sich einer der verheerendsten rassistischen Anschläge in der jüngeren Geschichte Deutschlands: In Hanau wurden neun junge Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Unter den Opfern war Hamza Kurtović, der Sohn von Armin Kurtović. Die Tragödie hinterließ nicht nur eine tiefe Wunde bei den betroffenen Familien, sondern auch in der gesamten Gesellschaft.

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