„Die Hundesteuer bringt uns höhere Einnahmen als die Gewerbesteuer“

(pm/ea) – Wenn die Hundesteuer mehr Geld in die Kasse spült als die Gewerbesteuer, denkt jeder sofort an einen Buchungsfehler. Denn bis dato wäre dies unvorstellbar gewesen.

Deshalb reagierte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky auch mit großer Skepsis, als ihm die aktuelle Entwicklung der Gewerbesteuer für das zweite Quartal 2020 vorgelegt wurde, und hofft, dass sich dieser historisch bisher einmalige Umstand nicht wiederholen wird. „Tatsächlich liegt unser wichtigster Einnahmeposten sogar noch deutlich unter der Hundesteuer, die mit rund 83.000 Euro zu Buche schlägt,“ kommentiert er die jüngsten Zahlen, die eine dramatische Entwicklung für die Brüder-Grimm-Stadt abbilden und eindrucksvoll dokumentieren, wie essentiell die finanzielle Unterstützung in dieser Ausnahmesituation durch Bund und Land ist. „Hanau erhält rund 32,1 Millionen Euro aus den Hilfspaketen zur Kompensation der Gewerbesteuerausfälle und kann damit zumindest einen großen Teil des erdrutschartigen Einbruchs ausgleichen,“ zeigt sich Hanaus OB erleichtert, dass die Versprechungen von Bund und Land, die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen, auch eingelöst wurden. Dennoch stehen der Brüder-Grimm-Stadt finanzwirtschaftlich höchst schwierige Zeiten bevor, macht Kaminsky deutlich, dass der Fehlbetrag enorm bleibt.

Während die Einnahmen aus der Gewerbesteuer im ersten Quartal dieses Jahres noch weitgehend unbeeinflusst von Corona rund 13,4 Millionen Euro betragen hatten, sieht es für das Folgequartal noch schlimmer als befürchtet aus. Für die Zeit von April bis Juni beläuft sich die Summe auf nur mehr 57.818 Euro. Der Grund dafür sind genehmigte Stundungen und über das beim Finanzamt gestellte Herabsetzungsanträge zu den Vorauszahlungen sowie Rückzahlungsforderungen.

„Man musste kein großer Hellseher sein, um nach dem Lockdown mit massiven Einbrüchen bei der Gewerbesteuer zu rechnen. Ein Rückgang auf beinahe Null konnte sich aber keiner vorstellen“, erinnert der OB, dass er bereits Ende März erste haushalterische Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatte, um der Stadt Handlungsspielräume für die Zeit danach zu erhalten. Dazu gehörte auch ein radikaler Ausgabe-Stopp innerhalb der Verwaltung, der überall dort galt, wo die Stadt es noch in der Hand hatte. Ausgenommen waren nur jene Investitionen, die die Zukunft der Stadt sichern. „Überall dort, wo wir konsumtiv eingreifen können, um Kosten zu reduzieren, haben wir es getan.“ Darunter waren auch die bereits im Stellenplan abgebildeten Neueinstellungen gefallen.

Aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit ist der Magistrat in seinem Haushaltsentwurf nicht ausschließlich den Orientierungsdaten des Landes gefolgt, da insbesondere bei der Gewerbesteuer die örtlichen Gegebenheiten sehr deutlich berücksichtigt werden müssen. „Wir haben uns mit den eigenen Prognosen wie schon früher auf bewährt konservativem Terrain bewegt, auch wenn der Ansatz von 78,4 Millionen Euro für 2020 heute utopisch erscheint.“

Während er Mitte Juni noch mit 55 Millionen Euro kalkulieren konnte, lag die Prognose vier Wochen später bei nur mehr bei 40 Millionen. Doch ging Kaminsky seinerzeit schon davon aus, dass „wir die Zahlen in diesem Jahr nicht das letzte Mal nach unten korrigieren mussten“. Jetzt liegen die aktuellen Schätzungen vor und bestätigen seine Befürchtungen. Für das dritte und vierte Quartal 2020 rechnet die Finanzverwaltung jetzt mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von jeweils rund 9 Millionen Euro. Hinzu kommen die aktuell noch offenen Forderungen aus Stundungen in Höhe von rund 6 Millionen Euro. In der Summe ergibt dies erwartete Gewerbesteuereinnahmen für das Jahr 2020 in Höhe von rund 37,5 Millionen Euro. Zusammen mit den Kompensationsleistungen des Bundes und des Landes ergibt sich ein Aufkommen von rund 69,6 Millionen Euro. „Gegenüber unserem Planansatz bleibt also eine Lücke von rund 8,8 Millionen Euro“, erinnert Kaminsky daran, dass in die Berechnung dieses Fehlbetrags noch nicht die corona-bedingten zusätzlichen Ausgaben eingeflossen sind. Angefangen bei einer kulanten Erstattung der Kita-Beiträge über den Verzicht auf städtische Gebühren bis hin zur Finanzierung konkreter Unterstützungsangebote wie die Sozial-Hotline, das Bürgertelefon oder auch das Hilfspaket für Handel und Vereine müssen im laufenden Haushaltsjahr eine Vielzahl von Kosten gestemmt werden, mit denen Anfang des Jahres noch niemand hat rechnen können.
Doch für ihn sei klar, so Hanaus Oberbürgermeister, dass die öffentliche Hand sich in den nächsten Wochen und Monaten nicht weiter in die Krise hineinsparen dürfe. „Wer jetzt über Gebühren- oder Steuererhöhungen redet, schadet dem Ganzen“, macht Kaminsky deutlich, dass die Hanauerinnen und Hanauer weder das eine noch das andere befürchten müssen. Er fordert vielmehr, den Fokus darauf zu richten, wie mit zielgerichtetem Kapitaleinsatz ein zukunftsorientierter Kurs gestaltet werden kann und soll. Denn aus Erfahrung heraus könne er mit Überzeugung sagen, dass es sich lohne, mit Investitionen die Basis für ein künftiges Wachstum zu schaffen. „Wir haben in der jüngeren Vergangenheit schon einmal zielgerichtet qualitatives Wachstum gefördert und damit einen ganz wesentlichen Beitrag für den finanzwirtschaftlichen Neustart geleistet, der uns bis zur Corona-Krise geglückt war,“ zeigt der OB zuversichtlich, dass es Hanau wieder gelingen wird, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

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