(pm/ea) – „Das letzte Stück des Lebensweges ist oft besonders schwer zu gehen. Doch niemand sollte ihn alleine gehen müssen“, findet Erika Siepmann: Seit zwei Jahrzehnten ist sie als ehrenamtliche Hospizbegleiterin an der Seite Betroffener und ihrer Angehörigen. Mit viel Herz ist sie für die Menschen da, die in dieser schwierigen Situation Beistand brauchen.
Sie schenkt ihnen Zeit und ein offenes Ohr, ist der Fels in der Brandung wenn die Zeiten stürmisch sind. In den zwanzig Jahren ihres ehrenamtlichen Engagements für die Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst hat sie dabei allerlei Erfahrungen gesammelt und wertvolle Begegnungen gehabt: „Es gibt einem auch ganz viel zurück“, stellt sie mit Blick auf diese vielen Erlebnisse fest.
Seit 1973 lebt Siepmann mit ihrer Familie in Gründau. Von Anfang an engagierte sie sich in der hiesigen Kirchengemeinde, war viele Jahre im Verwaltungsrat und anschließend im Pfarrgemeinderat aktiv. 28 Jahre lang leitete sie eine Flötengruppe für Kinder und 31 Jahre eine Rhythmusgruppe. Sie engagiert sich für die Ökumene und war viele Jahre für ein Kinderhilfswerk aktiv.
Zur Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst kam sie über einen Aufruf von Pfarrer Höfler, der für die damals noch neue Idee der ambulanten Hospizbegleitung warb. Auch wenn sie anfangs zögerte: Das Thema ließ sie nicht mehr los. Sie entschied sich, den einjährigen Ausbildungskurs zu machen. Das war 1999. „Also noch im letzten Jahrhundert“, erinnert sie sich mit einem Schmunzeln.
Seit Februar 2000 ist sie als Hospizbegleiterin aktiv und habe es nie bereut, wie sie betont. „Es ist eine sehr erfüllende Aufgabe.“ Wie vielen Menschen sie im Laufe der zwei Jahrzehnte zur Seite gestanden hat, hat sie nicht gezählt. „Es sind so viele Begleitungen, von denen ich erzählen könnte.“ Jede davon hat ihre eigene Note. Manche Begleitungen dauerten nur wenige Tage oder Wochen, andere mehrere Jahre. Auch viele Nachtwachen waren dabei.
An ihren ersten Einsatz als Hospizbegleiterin kann sich die 77-Jährige noch sehr gut erinnern: Die Frau, die sie begleiten sollte, befand sich bereits im Endstadium ihrer Krankheit. Die Dauer der Begleitung wurde auf etwa wenige Wochen geschätzt. „Daraus sind fünfeinhalb Jahre geworden.“ Die regelmäßigen Besuche haben den Lebensmut der Frau neu geweckt. „Wir haben so viel Spaß miteinander gehabt“, erinnert sich Siepmann lebhaft. Genau das sie bei der Hospizarbeit so besonders: Es geht auch darum, etwas Freude zu den Menschen zu bringen. „Trauer und Angst haben sie schon genug.“ Und genau das, hat Siepmann während der 20 Jahre immer wieder getan. Neben guten Gesprächen, gemeinsamen Gesang oder auch Gebeten hat sie auch immer wieder besondere Erlebnisse möglich gemacht: Sie erfüllte den Wunsch einer Dame, die gerne die frisch renovierte Kirche ihrer Gemeinde noch einmal sehen wollte und organisierte für diese Besuch extra noch einen Organisten. Mit den Kindern aus ihrer Flötengruppe sorgte sie mit kleinen Privatkonzerten für viel Freude. Einem Mann half sie, das Auto seiner Frau zu reparieren, was für sie ausgesprochen wichtig war. „Es hat ihn so sehr gefreut, dass er das geschafft hat“, erinnert sich Siepmann.
Auch Maria Iffland, Koordinatorin und Einsatzleiterin der Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst (AGH), fallen viele weitere Geschichten ein, wenn sie auf das Engagement von Siepmann zurück blickt. Auch wenn das Sommerfest der AGH in diesem Jahr Corona-bedingt ausfallen muss, bedankte sie sich im Namen des ambulanten Hospizdienstes ganz herzlich bei Siepmann für die lange und intensive Zeit, die sie bereits an den Betten der sterbenskranken Menschen verbracht hat. „Hilfreich in Deinen Begleitungen waren dir sicher dein Glaube, deine Geduld, deine Liebe zu den Menschen und deine Bereitschaft, das Wichtige zuerst zu tun“, stellt Iffland fest. Oft habe Siepmann ohne zu zögern ihr privates Programm umgestellt, wenn sie gebraucht wurde. Dabei habe sie auch die Kinder und Enkelkinder der Kranken bei ihren Begleitungen immer im Blick gehabt. Sie hat vielen Angehörigen geholfen Abschied von ihren Lieben zu nehmen, die sich diesen Gang vorher nicht zugetraut hatten.
Siepmann selbst sieht ihren Einsatz dabei ganz bescheiden. Besonders spezialisierte Fähigkeiten brauche es eigentlich nicht. „Was ich mitgebracht habe, ist Zeit.“ Dies sei nur möglich gewesen dank des guten Rückhalts ihrer Familie. Obwohl Siepmann ihren aktiven Einsatz in der Hospizarbeit reduzieren musste, ist sie immer noch mit vollem Herzen bei der Sache. An den regelmäßigen Supervisionen nimmt sie immer noch teil. „Gerade unsere neuen Hospizbegleiter können von deinen Geschichten und Erfahrungen viel lernen. Auch dafür einen herzlichen Dank“, betont Iffland und würdigt außerdem das Engagement Siepmanns im Projekt „Hospiz macht Schule“. Bei den zahlreichen Besuchen in den Schulklassen hat die ehrenamtliche Hospizbegleiterin vielen Schülerinnen und Schülern von ihrer Arbeit erzählt und mit ihnen über das Thema Tod und Sterben gesprochen. Dieses aus der Tabuzone zu holen, liegt der 77-Jährigen sehr am Herzen.
Wenn sie sich mit Blick auf ihre 20 Jahre als Hospizbegleiterin etwas wünschen dürfte, wäre es deshalb Folgendes: „Keiner sollte alleine sterben müssen“, findet sie. „Es gibt Hilfe. Man muss sie nur in Anspruch nehmen.“
Auf dem Foto: Erika Siepmann aus Gründau begleitet seit 20 Jahren schwerstkranke und sterbende Menschen
Foto: PM
Die Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst in Trägerschaft des Caritas-Verbandes für den Main-Kinzig-Kreis begleitet schwerstkranke und sterbende Erwachsene und deren Angehörige seit mehr als 20 Jahren auf diesem schwierigen Weg. Das qualifizierte Team ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer ist dabei in Hanau und dem gesamten Main-Kinzig-Kreis aktiv. Weitere Informationen zur Arbeit der AGH finden Sie auch im Internet unter www.caritas-mkk.de unter der Rubrik Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst. Spendenkonto: Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst, Sparkasse Hanau, IBAN: DE18506500230000040279, Swift-BIC: HELADEF1HAN