(pm/ea) – Als Kommune, die derzeit als erste Stadt Hessens den Weg in die Kreisfreiheit sucht, hat der Innenausschuss des Hessischen Landtags in Wiesbaden Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky die Gelegenheit gegeben, Stellung zu beziehen zur beabsichtigten Neufassung der Hessischen Gemeindeordnung (HGO).
Laut Pressemitteilung der Stadt Hanau dokumentiert diese Novelle eindrucksvoll, dass die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis einen zukunftsorientierten Kurs eingeschlagen haben. Nach einer ausführlichen Erläuterung zum laufenden Prozess der Kreisfreiheit in Hanau gab der OB schließlich bekannt, dass abweichend vom bisherigen Zeitplan der Abschied vom Main-Kinzig-Kreis erst zum Jahreswechsel 2021/2022 stattfinden soll.
Der Innenausschuss beschäftigte sich mit dem Gesetzentwurf zur Änderung der HGO, der unter anderem erstmals klare Kriterien für die Anerkennung einer Stadt als „kreisfreie Stadt“ und „Sonderstatus – Stadt“ festgeschrieben werden festlegen will. Unter anderem sieht der Entwurf vor, dass künftig Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern auf Antrag durch Gesetz zur kreisfreien Stadt erklärt werden können.
In seinen Ausführungen machte Hanaus OB deutlich, dass er diese Neuregelung ausdrücklich begrüßt, weil sie für die Zukunft Rechtssicherheit schaffe. Allerdings könne diese nur für Verfahren gelten, die nach Inkrafttreten des Gesetzes auf den Weg gebracht würden. „Die Stadt Hanau hat ihren Weg zur Kreisfreiheit bereits durch Beschluss und Antragstellung vom 20. August 2018 herbeigeführt, so dass die neue gesetzliche Regelung auf Hanau keine Anwendung finden kann.“ Kaminsky unterstrich, dass nach der damaligen und heutigen Rechtslage der Status der kreisfreien Stadt nicht an eine bestimmte Einwohnerzahl geknüpft sei, sondern an das öffentliche Wohl und dem verfassungsrechtlichen Anspruch aus Artikel 28 Abs. 2 GG und Artikel 137 HV.
Ungeachtet dessen werde die Brüder-Grimm-Stadt aber auch die Einwohnerzahl von 100.000 in naher Zukunft überschreiten. „Nach einer von uns in Auftrag gegebenen Prognose wird Hanau noch im Jahr 2020 mehr als 100.000 Einwohner haben. Bis zum Jahr 2035 wird sich die Einwohnerzahl bis auf 114.000 erhöhen,“ zitierte er aus der Studie, die von dem renommierten GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH Anfang letzten Jahres vorgestellt wurde. Schon heute weise das städtische Melderegister zum 31. Januar 2020 98.858 Einwohner aus. „Dies stellt gegenüber Januar 2010 einen Zuwachs von 10.910 Einwohnern dar.“ Dass die maßgeblichen Zahlen des Hessischen Statistischen Landesamtes davon abweichen, sei allen bewusst. „Doch wir werden in absehbarer Zeit auch nach den Zahlen des HSL die 100.000-Einwohner-Marke überschreiten.“ Die Differenz zwischen Melderegister und HSL könne deshalb auf den laufenden Prozess keinen Einfluss haben.
Kaminsky erinnerte noch einmal daran, dass der partei-, fraktions- und gremienübergreifende Antrag auf Auskreisung im August 2018 ohne Gegenstimmen von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde. Noch am gleichen Tag sei dieser Beschluss dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier übersandt worden, mit der Bitte, ein Gesetz zur Auskreisung der Stadt Hanau zu veranlassen. Das daraufhin von der Landesregierung geforderte Konzept zur Kreisfreiheit wurde zeitnah erstellt. Darin habe die Stadt ihre Leistungsfähigkeit nachgewiesen und nachvollziehbar dargestellt, wie sie zusätzliche Aufgaben wahrnehmen wird.
Wie Hanaus OB weiter ausführte, hat die Stadt zu den zwischen Kreis und Stadt klärungsbedürftigen Fragen den Entwurf eines Auseinandersetzungsvertrages erstellt und dem Kreis im Oktober 2019 übersandt. Im November habe schließlich auch der Kreistag des Main-Kinzig-Kreises beschlossen, Verhandlungen mit Hanau zur Auskreisung zu führen. Nach einem ersten Treffen der Verhandlungskommission werde jetzt auf Arbeitsebene nach Lösungen für offene Fragen in Sachen Personal, Finanzen, Gesundheit, aber auch mit Blick auf das künftige Zusammenarbeiten gesucht. An dieser Stelle dankte Kaminsky ausdrücklich Landrat Thorsten Stolz stellvertretend für allen seitens des Main-Kinzig-Kreises Beteiligten für die – unter Wahrung der jeweiligen Interessen – konstruktive Zusammenarbeit und das Engagement. Am Ende des Prozesses werden sich zwei gleichberechtigte Gebietskörperschaften gemeinsam mit starker Stimme im Osten des Rhein-Main-Gebiets für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger einsetzen.“ Er sei überzeugt davon, dass der eingeschlagene Weg auch für den Main-Kinzig-Kreis Vorteile bringen und am Ende die gesamte Region von dieser epochalen Entscheidung profitieren werde.
Da am 1. April 2021 die neue Wahlzeit beginnen werde, habe sich dieser Termin als Abschluss des Auskreisungs-Prozesses angeboten. Hanauer Wahlberechtigte hätten dann auch einen Kreistag nicht mehr mitwählen müssen. „Es hat sich zwischenzeitlich aber herausgestellt, dass eine Jahresregelung in vielen Bereichen sinnvoller und zweckmäßiger ist. Deshalb streben wir die Kreisfreiheit nunmehr zum 01.01.2022 an.“