(pm/ea) – Der Streit um verkaufsoffene Sonntage ist ein Dauerthema in Hessen. Mit dem jetzt veröffentlichen Entwurf für eine Neuauflage des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG) wird klar, dass sich vorerst für die Reglungen zur Sonntagsöffnung nichts ändern wird. „Völlig inakzeptabel“ findet das der Hanau Marketing Verein (HMV).
Kaum eine Stadt in Hessen wagt es noch, Verkaufsoffene Sonntage anzusetzen. Grund ist die Tatsache, dass viele von ihnen – auf Grund von kurzfristigen gerichtlichen Verfügungen – ihre Verkaufsoffenen Sonntage ebenso kurzfristig wieder absagen mussten und am Ende auf Werbekosten, Imageschaden und verderblichen Waren sitzen blieben. Gewerkschaften und kirchliche Organisationen, die sich in der „Allianz für den freien Sonntag“ zusammenschließen, haben in den vergangenen zwei Jahren massiv gegen Städte, die Sonntagsöffnungen planten, geklagt. Dabei berufen sie sich auf die aktuelle Gesetzgebung: Das Hessische Ladenöffnungsgesetz (HLöG) lässt pro Kommune derzeit maximal vier verkaufsoffene Sonntage jährlich zu, aber nur, wenn der Anlass dafür ein „Sonderereignis“ ist wie zum Beispiel eine Messe oder ein Fest von größerer Bedeutung. Die Definition eines solchen „Sonderereignisses“ ist völlig unklar und obliegt dem Ermessen der Richter. In Frankfurt reichte weder das Museumsuferfest, noch die Buchmesse noch die Internationale Automobilausstellung IAA aus, um aus Sicht der Richter des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel eine Sonntagsöffnung zu rechtfertigen.
Die Nachricht, dass auch die Neuauflage des Hessischen Ladenöffnungsgesetztes keine Rechtssicherheit für Kommunen bring, ruft beim Hanau Marketing Verein große Kritik hervor: „Wir sind enttäuscht und verärgert!“, sagt Mehmet Kandemir, 2. Vorsitzender des HMV und Betreiber von zweier Bekleidungsgeschäfte. „Der Einzelhandel braucht die verkaufsoffenen Sonntage dringend, um dem Online-Handel, der rund um die Uhr geöffnet ist, die Stirn bieten zu können! Durch die bestehende Gesetzgebung, die eine Sonntagsöffnung praktisch unmöglich macht, werden wir stationären Händler stark benachteiligt und haben das Nachsehen. Das kann von der Politik nicht gewollt sein!“
Auch Stefan Gebauer, Gastronom und Betreiber mehrerer Lokale in Hanau, ist verärgert: „Von Sonntagsöffnungen profitieren auch die gastronomischen Betriebe in der Innenstadt, die ansonsten an Sonntagen ja wenig belebt ist. Die Menschen gehen bummeln, einkaufen, essen und trinken. Alle genießen die Zeit und alle profitieren davon!“. Es sei nicht einzusehen, warum der Gesetzgeber nicht endlich vier verkaufsoffene Sonntage ohne Auflage gewähre, wie in anderen Bundesländern auch, so Gebauer.
Diana Schreiber-Kleinhenz, Center Managerin des Einkaufzentrums Forum Hanau, bemängelt den neuen Gesetzesentwurf ebenfalls: „Um mit dem Onlinehandel konkurrieren zu können, ist der Einzelhandel aufgerufen attraktive Freizeit- und Shoppingerlebnisse zu kreieren, die Menschen dazu bewegen, in die Innenstädte zu kommen. Die verkaufsoffenen Sonntage waren dazu bestens geeignet. Sie haben hohe Besucherzahlen generiert und die Innenstadt immens belebt.“
Tanja Kolb, Geschäftsinhaberin des Bekleidungsgeschäfts Müller-Ditschler stimmt ihr zu: „Die Menschen genießen es ausnahmsweise an einem freien Sonntag in Ruhe bummeln zu gehen und ohne Zeitdruck einzukaufen. An den verkaufsoffenen Sonntagen kann die Innenstadt ihre Aufenthaltsqualität in besonderer Weise präsentieren und ohne Hektik zum Freizeit- und Familienerlebnis werden.“ Es sei völlig unverständlich, dass man dem Einzelhandel nicht vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr ohne die problematischen Auflagen gewähre, wie in vielen anderen Bundesländern, so Kolb.
Marius Lehr, der jüngst die Leitung des Saturn Elektronikmarkts in Hanau übernommen hat, schließt sich der Meinung der anderen HMV-Mitglieder an: „Der Einzelhandel hat im Moment sehr stark zu kämpfen. Die Verkaufsoffenen Sonntage haben dazu beigetragen, den Druck etwas rauszunehmen. Wenn sie auch zukünftig nicht mehr stattfinden können, wird sich das negativ auf die Innenstädte auswirken!“, ist er sich sicher.
Oberbürgermeister Claus Kaminsky unterstützt die Einzelhändler der Stadt Hanau in ihrem Anliegen voll und ganz: „Seitens der Stadt tun wir viel dafür, dass die Innenstadt belebt wird und veranstalten Aktionstage, Märkte, Konzerte und Events aller Art. Doch der stationäre Handel ist ein unverzichtbarer Stützpfeiler der Innenstädte. Ohne ihn können auch die gastronomischen Betriebe und die Dienstleister nicht überleben“, sagt er. Die Politik sollte daher die Einzelhändler so gut wie möglich unterstützen, um ihren Fortbestand zu sichern. „Die aktuelle Gesetzgebung bietet Städten keine Rechtsicherheit beim Genehmigen von Verkaufsoffenen Sonntagen und ist daher völlig unzureichend. Eine Änderung ist dringend notwendig!“, fordert der Hanauer OB.