„Jetzt wird der Wasserhahn bewusster aufgedreht“ – Hinter den Kulissen des Rückinger Wasserwerks

(ms/ea) – Vor kurzem besuchten Mitglieder des Erlenseer Geschichtsvereins das Wasserwerk in Erlensee-Rückingen. Erlensee Aktuell-Fotograf Wolfgang Racek war mit seiner Kamera dabei.

Der Leitende Meister Burkhard Langer führte die Besuchergruppe durch das Wasserwerk und erläuterte fachkundig und kurzweilig die gesamte Technik bis ins Detail.

Von außen wirken Wasserwerke unspektakulär und werden oft nicht erkannt. So auch das hinter Bäumen versteckte Wasserwerk in Rückingen am Ortsausgang in Richtung Langenselbold. Doch in ihrem Inneren geschieht Wesentliches für die Menschen im Versorgungsgebiet der Kreiswerke. Komplexe Anlagen sorgen mit verschiedenen technischen Verfahren dafür, dass stets einwandfreies Trinkwasser aus der Leitung kommt.

Die Kreiswerke versorgen rund 34.000 Haushalte in der Region Main-Kinzig jährlich mit 5,3 Millionen Kubikmetern Trinkwasser – dies sind 5,3 Milliarden Liter!

Zum Vergleich: Die Cheops-Pyramide in Ägypten hat ein Volumen von 2,6 Millionen Kubikmetern – es wären also zwei dieser gigantischen Bauwerke nötig, um die geförderte Wassermenge auf einmal zu speichern.

Rund 60 % des Trinkwasserbedarfs fördern die Kreiswerke aus eigenen Gewinnungsanlagen. Rund 40 % werden aus benachbarten Gebieten hinzugekauft.

Pro Jahr bereiten die Kreiswerke rund 3,0 Millionen Kubikmeter Wasser auf, davon rund 750.000 Kubikmeter im Wasserwerk Rückingen, eines der größten im Versorgungsgebiet der Kreiswerke. Insgesamt betreibt das Unternehmen fünf verschiedene Aufbereitungsanlagen: neben Rückingen in Niedermittlau, Windecken, Langenselbold und Lützel.

Je nachdem, welche Stoffe aus dem Wasser entfernt oder zugesetzt werden müssen, werden unterschiedliche Verfahren angewendet. In Rückingen werden beispielsweise Eisen und Mangan per Filtration sowie die natürliche Kohlensäure per Belüftung aus dem geförderten Rohwasser der Brunnen entfernt.

Historische Daten des Wasserwerks Rückingen:

Baujahr 1957

Das Wasserwerk versorgt die Orte Rückingen, Langendiebach und Niederrodenbach. Hierbei ist die Besonderheit, dass der Ortsnetzdruck über Pumpen (mengenproportional zum Verbrauch) geregelt wird.

Zur damaligen Zeit wurde das Wasserwerk aus 5 Brunnen gespeist, die sich in einem Radius von ca. 500 Metern in Richtung Kinzig-Auen und in nördlicher Richtung befinden. Die damalige Speicherkapazität des Tiefbehälters betrug 1.000 m³

Im Zuge des steigenden Bedarfs an Trinkwasser wurden zahlreiche Umbaumaßnahmen und Erneuerungen durchgeführt; u.a. auch die Erweiterung der Trinkwasserspeicher Ende der sechziger Jahre um 3.000 m³ auf ein Gesamtvolumen von 4.000 m³.

1975

Bau eines neuen Belüftungssystems zur Verbesserung der Filterleistung und Stabilisierung des pH-Wertes

1980

Erneuerung der Filtersysteme (Enteisenung und Entmanganung)

1985

Technische Erneuerung der Pumpen, die die Ortsnetze mit ausreichendem Druck versorgen

1997

Umbau und Aufstockung des Wasserwerksgebäudes: Neuer Technikraum für die Trinkwasserdesinfektion sowie sanitäre Einrichtungen und Sozialraum

1998

Aufbau einer Visualisierungstechnik, die es ermöglicht, eine Komplettübersicht über das gesamte Versorgungsgebiet der Kreiswerke zu geben. Angefangen von den Quellgebieten in Biebergemünd-Lützel bis nach Nidderau-Erbstadt (30 Brunnen, 12 Quellen, 16 Hochbehälter). Hierdurch wurde eine komfortablere und gezieltere Überwachung der Ortsnetze möglich. Verlustmengen können schneller lokalisiert werden

2006

Neubau des Brunnens IIA Rückingen zur Sicherung des steigenden Wasserbedarfs

2013

Erneuerung der Filter für das Wasserwerk

2015

Neubau des Brunnens I Rückingen

Zukünftige Herausforderung: Vermeidung von Nitrateinträgen ins Trinkwasser

Die Kreiswerke Main-Kinzig betreiben ein umfassendes Wasserschutzgebietsmanagement. Im Einzugsgebiet aller Brunnen gelten Schutzbereiche mit strengen Auflagen für die Landwirtschaft und den Verkehr, damit die einwandfreie Qualität des Grund- und Quellwassers sichergestellt wird. Denn alle Stoffe, die im Boden versickern, beeinflussen die Grundwasserqualität. Dies gilt für Dünger ebenso wie für austretende Kraft- und Schmierstoffe.

Um die landwirtschaftlichen Betriebe in der Region beim natur- und grundwasserschonenden Bewirtschaften konstruktiv zu beraten und zu begleiten, arbeiten die Kreiswerke Main-Kinzig mit dem Ingenieurbüro „Schnittstelle Boden“ zusammen. Im Rahmen dieser Kooperation werden beispielsweise Düngeempfehlungen gegeben und Fruchtfolgen empfohlen, die den Stickstoff im Boden binden.

Heißer und trockener Sommer 2018

Wegen des immer noch anhaltenden heißen und trockenen Sommers drehten sich Fragen der Besucher selbstverständlich auch um das Thema „Auswirkungen auf die Wasserversorgung und zukünftige Sicherstellung der Wasserversorgung“.

Wie Burkhard Langer informierte, können sich, je nachdem, ob die Wasservorkommen aus Tiefenbrunnen oder Oberflächenquellen entnommen werden, ganz verschiedene Voraussetzungen bei der Belieferungsstabilität ergeben. Tiefenbrunnen greifen auf die in der Vergangenheit gebildeten Grundwasserstände zurück, so dass sie bei temporären Trockenphasen nicht so schnell in Versorgungsengpässe geraten wie Oberflächenquellen.

Während der heißen, trockenen Wochen lagen die Verbrauchswerte im Monatsmittel alleine im Juli 2018 um rund 20 Prozent höher als im Vergleich zu den Juli-Werten der Vorjahre. Die Tageslastspitzen waren dabei prozentual noch höher, was eine enorme Belastung für das Trinkwassernetz mit sich brachte. Gerade zu dieser Zeit haben die Kreiswerke die Bevölkerung noch einmal mit konkreten Maßnahmen zu einem sparsamen Umgang mit dem kostbaren Gut Trinkwasser aufgerufen.

Durch den Aufbau der Netzstruktur der Kreiswerke als Verbundnetz hat der Versorger die Möglichkeit, bei temporären Engpässen wie beispielsweise auch durch Störereignisse, das Trinkwasser aus zusätzlichen Bezugsquellen einzuspeisen und umzuleiten. Dieses Verbundnetz bildet ein solides Fundament für eine stabile Versorgungslage auch während anhaltender Trockenperioden.

Mittel- bis langfristig betrachtet sind aber auch die Kreiswerke Main-Kinzig darauf angewiesen, dass sich die Grundwasserpegel durch ausreichende Niederschläge zum Beispiel im Winter und im Frühjahr wieder erholen können.

Am Ende der beeindruckenden Führung durch das Wasserwerk waren sich alle einig: Beim nächsten Mal wird der häusliche Wasserhahn bewusster aufgedreht, wohl wissend, welche ausgefeilte Technik und menschliches Können täglich die Versorgungssicherheit gewährleisten, und zwar mit dem Lebensmittel, welches am besten von allen kontrolliert wird – das Trinkwasser.

„Der Blick ins Rückinger Wasserwerk“ – Impressionen von Wolfgang Racek

Burkhard Langer, Leitender Meister, führte die Besuchergruppe durch das Wasserwerk Rückingen

   

Werner Borngräber dankte im Namen der Mitglieder des Geschichtsvereins Burkhard Langer für diese sehr informative und beeindruckende Führung und überreichte unter anderem ein Buch über die Geschichte des Wasserwerks Hanau.

Fotos: Wolfgang Racek

Weitere Berichte vom Geschichtsverein unter https://www.erlensee-aktuell.com/category/erlensee/vereine/geschichtsverein/

 

 

 

 

 

 

 

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