(pm/ea) – OB Kaminsky und der für Verkehr zuständige Stadtrat Thomas Morlock bieten Hanau als Modellstadt für den Gratis-ÖPNV an. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Fahrgeldeinnahmen der HSB von jährlich rund 7 Millionen Euro ebenso vom Bund übernommen würden wie der Aufwand für neue Busse und Busfahrer.
Oberbürgermeister Claus Kaminsky begrüßt den Vorstoß der Bundesregierung zu einem möglichen Nulltarif in Bus und Bahn, um für bessere Luft mit weniger Stickoxid-Last in den Städten zu sorgen. Dafür sei freilich eine „üppige Finanzhilfe des Bundes für Länder und Kommunen unumgänglich“. Darüber hinaus sei die Verkehrsinfrastruktur in Ballungsräumen wie Rhein-Main „dringend zu verbessern“. So müsse der Bund beim Umsetzen der nordmainischen S-Bahn „endlich aufs Tempo drücken“.
Kaminsky und Morlock fordern, dass der Bund sagen müsse, wie er den Gratis-ÖPNV bezahlen wolle. Ein bloßes Lippenbekenntnis reiche nicht aus. Allein im RMV, der sich rund zur Hälfte aus Fahrpreiseinnahmen finanziere, müssten statt dessen rund 860 Millionen Euro über Steuergelder oder eine Nahverkehrsabgabe finanziert werden, gibt Morlock zu bedenken. Dabei seien notwendige Investitionen in Verkehrswege, Verkehrsmittel und Fahrpersonal noch gar nicht einkalkuliert, um den starken Zuwachs an zusätzlichen Fahrgästen bewältigen zu können.
Der Vorstoß der Bundesregierung bei EU-Umweltkommissar Karmenu Vella ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass Brüssel wegen grenzwertüberschreitender Stickoxid-Ausstöße in deutschen Städten Berlin nach wiederholten Mahnungen eine Klage angedroht hat. „Wenn wir Fahrverbote vermeiden wollen, darf es keine Denkverbote geben, wie die Luft sauberer werden kann. Dazu zählt die Diskussion über den Gratis-ÖPNV“, betont Kaminsky.
Das lasse sich allerdings nicht kurzfristig flächendeckend bewerkstelligen, weil beispielsweise das Beschaffen neuer Busse bei einer solchen Massenanfrage schwierig zu organisieren sei. „Das erleben wir derzeit bei Test und Kauf von Elektrobussen, deren Markt- und Serienreife nur bedingt gegeben ist“, gibt Stadtrat Morlock zu bedenken.
Hanaus Oberbürgermeister kann der Idee unentgeltlicher Bus- und Bahnfahrten im Nahverkehr auch aus sozialpolitischen Gründen einiges abgewinnen: Einkommensschwache Familien könnten auf diese Weise entlastet werden. So sei das hessenweit gültige neue Schülerticket einerseits begrüßenswert. Aber 365 Euro pro Jahreskarte stellten erst recht für Eltern mit mehr als einem Kind „häufig eine finanzielle Herausforderung“ dar.
Kaminsky und Morlock hoffen, dass es sich beim deutschen Vorstoß in Brüssel nicht um „puren Aktionismus“ handelt. Denn letztlich seien es die Kommunen, die unter Eingriffen in den Straßenverkehr zu leiden hätten, wenn tatsächlich Fahrverbote aufgezwungen würden.