(pm/ea) – Wie einen Bauchladen trägt Michael Schenk ein robustes, gegen Wetter und ein Meter Fallhöhe gefeites Laptop vor seinem Oberkörper. Den PC so um seine Schultern gegurtet zu haben, erleichtert dem Fachmann vom städtischen Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) den Blick auf die Bäume im Stadtgebiet, die er in diesen Tagen abgeht.
Der zertifizierte Baumkontrolleur erfasst Informationen für ein digitales Kataster, das HIS derzeit mit einigem Aufwand aufbaut.
„Dieses Datenbanksystem erleichtert die Arbeit und verbessert die Dokumentation“, nennt HIS-Betriebsleiter Markus Henrich die Vorteile der Umstellung. Knapp 100.000 Euro lässt sich der Eigenbetrieb die Anfangsinvestition für das neue Baumkataster kosten.
Seit Ende November schon sind Schenk und ein externer Baumkontrolleur unterwegs, um insgesamt rund 23.000 städtische Bäume in Augenschein zu nehmen und zu erfassen. Voraus ging im Jahr 2017 die Digitalisierung aller Bäume mit Hilfe von Luftbildern und Vermessungsdaten.
Baumkontrolleur Schenk zeigt auf die Standorte, wie sie im Laptop auf der Vermessungskarte eingegeben sind: gelb die noch nicht erfassten, grün die bereits erhobenen und lilafarben die am jeweiligen Arbeitstag schon kontrollierten Bäume.
Ohne PC stellte HIS auch bisher schon Daten städtischer Bäume zusammen, aber nicht so umfassend und systematisch wie jetzt. Das geschah auf Papier, zudem konnte sich der seit 2004 wirkende Baumkontrolleur häufig auf sein Gedächtnis verlassen, gespeist aus vielen hundert Kontrollgängen. „Aber was ist, wenn ich mal ausfalle? Ein computergestütztes System ist also hilfreich“, sagt Schenk.
Er zählt weitere Vorteile auf: Schnell und unkompliziert gebe die Datenbank an, welche und wie viele Bäume nicht mehr verkehrssicher sind. Wie verbreitet die jeweilige Baumart im jeweiligen Betrachtungsraum ist und wie es um die Vitalität der Pflanzen dort steht, lässt sich leichter ablesen. Grundlagen für das Planen von neuen Baumstandorten sind übersichtlicher abbildbar.
Vergibt der Kontrolleur einen Auftrag an eine Firma, die gezielt Totholz entfernen soll, kann er vom Tablet die nötigen Angaben direkt einfließen lassen. Ist ein Antrag auf Baumfällen bei der Unteren Naturschutzbehörde notwendig, füllt er ihn künftig samt dazu gehörender Daten gleich am Tablet aus und verschickt ihn. Im nächsten Schritt, der beim Aufbau des Baumkatasters noch folgen soll, kann Schenk auch Fotos hinzufügen, die er mit dem PC vom kranken Baum schießt.
Zu den Daten, die im elektronischen Kataster erfasst werden, gehören Art und Höhe der Bäume, Kronenbreite, Beschaffenheit der Baumscheibe, vorhandene Schäden in Krone und Stamm oder durch Versorgungsleitungsbau im Wurzelbereich. Wichtig ist auch das Alter der jeweiligen Pflanze.
Eine Recherchequelle sind historische Luftaufnahmen, um beispielsweise zu sehen, welche Bäume kurz nach dem Zweiten Weltkrieg am Freiheitsplatz standen. Nachweise liefern natürlich auch Schenks regelmäßige Standfestigkeitskontrollen mit Klopfhammer und Bohrwiderstands-Messgerät. Zu guter Letzt verlässt sich der in Hanau groß Gewordene auch auf sein Gedächtnis und auf mündliche Aussagen anderer, seit wann welche Bäume in etwa wo stehen.
„Die gesetzlich vorgeschriebenen Baumkontrollen sind im Sinne der Nachweispflicht zu dokumentieren“, erklärt HIS-Betriebsleiter Henrich. Das gelte insbesondere, wenn Unfälle durch herabstürzende Bäume oder Äste zu juristischen Verfahren führen. Das Baumkataster helfe diesen Nachweis „manipulationssicher und damit gerichtsfest“ zu erbringen. Dazu gehören Erfassungsdatum, Kontrolleur, Ort und Prüfergebnis.
Hat Michael Schenk seine Erfassungsphase mit dem Tablet abgeschlossen, dann ist bald zu erwarten, dass er zusätzlich zum PC mit seinen klassischen Werkzeugen unterwegs ist, um Baumstämme beispielsweise auf Hohlräume mit möglicher Fäulnis abzuklopfen. Wie er das bisher bei seinen Kontrollgängen auch schon immer getan hat, aber mit weniger effizienter Dokumentation als ohne die digitale Datenbank.
Foto: Stadt Hanau