Vorerst keine verkaufsoffenen Sonntage mehr in Hanau

(pm/ea) – In Hanau wird es vorerst keine weiteren verkaufsoffenen Sonntage geben – das ist das Ergebnis eingehender Beratungen zwischen der Stadt Hanau sowie Vertretern des Einzelhandels, nachdem das Verwaltungsgericht Frankfurt den ursprünglich für den 5. November geplanten Aktionstag kurzfristig untersagt hatte.

„Wir wissen, dass das ein schwerer Schlag für den Hanauer Einzelhandel ist. Eine rechtssichere Planung von verkaufsoffenen Sonntagen ist nach unserer Auffassung aber nicht mehr möglich. Und nochmalige Hängepartien sind dem Handel, den Beschäftigten und den Kunden nicht zuzumuten“, erklärt Oberbürgermeister Claus Kaminsky.

„Das Risiko, dass weitere verkaufsoffene Sonntag kurzfristig abgesagt werden müssen, ist einfach zu groß“, teilt Norbert Schalinsky, Vorsitzender des Hanau Marketing Vereins (HMV), die Auffassung des Oberbürgermeisters. „Die Geschäfte decken sich im Vorfeld mit teils verderblichen Waren ein, finanzieren Werbeaktionen, arbeiten Dienstpläne aus und planen Sonderaktionen – der Schaden, der durch eine kurzfristige Absage entsteht, ist immens“, so Schalinsky weiter. Die Einschätzung, dass weitere Sonntagsöffnungen in Hanau vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils nicht mehr verantwortungsvoll planbar wären, teilen auch die IHK und der Handelsverband Hessen e.V.

Schalinsky und Martin Bieberle, Geschäftsführer der Hanau Marketing GmbH (HMG), fordern deshalb eine Anpassung der Rechtslage in Hessen: „Verkaufsoffene Sonntage sind für den Einzelhandel, der sich gegen den rund um die Uhr geöffneten Internethandel behaupten muss, enorm wichtig“, sind sich die beiden einig. „Sie generieren zusätzlichen Umsatz für den Handel, stellen ein Erlebnis für die ganze Familie dar, beugen der Verödung der Innenstädte vor, dienen der Neukundenakquise und positiven Eigendarstellung der Stadt.“ Die Städte und der Einzelhandel bräuchten mindestens drei – maximal vier – rechtssicher durchführbare Sonntagsöffnungen, so Schalinsky und Bieberle.

Dass die Stadt Hanau angesichts des jüngsten Urteils vorerst darauf verzichten wird, weitere Sonntagsöffnungen zu genehmigen, sei absolut nachvollziehbar, so Schalinsky, „aber diese Entscheidung ist schmerzhaft“. Gemeinsam mit der HMG gehe es nun darum, kurzfristig neue Aktionen zur Belebung des Hanauer Einzelhandels zu kreieren. „Wir wissen um die Kreativität und die Umsetzungskraft des Hanauer Handels und der HMG, dennoch werden neue Veranstaltungsformate die verkaufsoffenen Sonntage nicht kompensieren können“, so der HMV-Vorsitzende.

Das Verwaltungsgericht in Frankfurt hatte den verkaufsoffenen Sonntag in der Brüder-Grimm-Stadt am 5. November kurzfristig untersagt. Es hatte einer Klage stattgegeben, die per Eilantrag von Verdi Hessen eingereicht worden war. Sie bezweifelte die Rechtmäßigkeit der von der Stadt Hanau erlassenen Allgemeinverfügung zur Durchführung des verkaufsoffenen Sonntags aus Anlass des Herbstmarktes. Das Gericht führte in seiner Begründung unter anderem an, dass es die prognostizierten Besucherzahlen für den Herbstmarkt nicht nachvollziehen könne.

„Die Entscheidung des VG Frankfurt zum verkaufsoffenen Sonntag in Hanau, zeigt erneut, dass dringender politischer Handlungsbedarf besteht“, sagt Jochen Ruths, Präsident des Handelsverband Hessen e.V. Eine rechtsichere Anwendbarkeit des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes sei nicht gegeben. „Die Urteilsbegründung macht zudem deutlich, dass selbst erprobte und durchdachte Eventkonzepte für Städte nicht ausreichend sind, um diese mit einem verkaufsoffenen Sonntag zu verbinden“, stellt Ruths fest. Die Ablehnung der Besucherstromschätzungen durch das Verwaltungsgericht Frankfurt impliziere, dass zukünftig permanente Frequenzmessungen in den Innenstädten nötig seien. „Diese sind grundsätzlich sinnvoll für ein Stadtmarketing, kosten die Stadt aber auch viel Geld und unterliegen hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Es wird für unsere Städte damit ein ‘Bürokratie-Monster‘ geschaffen, dass für die Verwaltung und die kommunalen Haushalte kurzfristig nicht zu stemmen ist“, so Ruths. Besonders erschreckend sei, dass die hessische Landesregierung die gesellschaftspolitische Bedeutung der Thematik ignoriere und eine zielführende Diskussion unterlasse, obwohl andere, auch CDU-geführte Bundesländer sich sinnvoll um die Lösung der Problematik kümmerten.

Mit der jüngsten Entwicklung reiht sich Hanau in eine ganz Serien von Kommunen in Hessen ein, die ihren verkaufsoffenen Sonntag in den vergangenen zwei Jahren kurzfristig absagen mussten. Zuletzt hatte die Absage des verkaufsoffenen Sonntags anlässlich der Buchmesse in Frankfurt für viel Wirbel gesorgt. Auch Darmstadt, Bad Soden, Freigericht, Neu-Isenburg und viele andere mussten aufgrund einer Klage von Verdi auf ihre geplanten verkaufsoffenen Sonntage verzichten, obwohl diese jeweils – wie das Hessische Ladenöffnungsgesetzt vorschreibt – an eine oder mehrere große Veranstaltungen in der Stadt gekoppelt waren.

Oberbürgermeister Kaminsky fordert, dass dieser – für alle Beteiligten unhaltbare Zustand – endlich beendet wird: „Innenstädte und der innerstädtische Handel stehen bundesweit unter großem Druck“, so der OB. Zur Stärkung der Innenstädte gebe es daher vielfältige Bundes- und Landes-Förderprogramme. „Doch an der einfachsten Stelle, wo es darum geht, dem Innenstadthandel mehr Umsatz zu ermöglich, indem man ihn innerhalb gesetzlicher Vorgaben an Sonntagen öffnen lässt, werden unüberwindbare Hürden in den Weg gestellt!“, kritisiert Kaminsky. „Ich fordere die Hessische Landesregierung und die im Landtag vertretenen Parteien auf, für Rechtssicherheit für drei verkaufsoffene Sonntag im Jahr zu sorgen und den Anlassbezug, wie in anderen Bundesländern auch, abzuschaffen“, so der OB. Die Bedingungen, die aktuell an eine Allgemeinverfügung zur Sonntagsöffnung geknüpft seien, seien „realitätsfern“ und für eine Kommune kaum umsetzbar. „Wenn nicht mal die Auto- oder die Buchmesse in Frankfurt genug Anlass für eine Sonntagsöffnung der Geschäfte geben, dann hat in der Realität keine Stadt mehr die Chance, diese rechtssicher zu planen“, stellt Kaminsky fest. „Das kann nicht im Sinne der Landesregierung sein.“ Er kündigt an, zusammen mit dem Hanauer Einzelhandel, den Bürgerinnen und Bürgern und Kundinnen und Kunden eine Initiative für verkaufsoffene Sonntage ins Leben zu rufen.

Auch Andreas Kunz, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, schließt sich der Sichtweise der Stadt an: „Wir halten bei sich weiterhin änderndem Kaufverhalten der Bevölkerung verkaufsoffene Sonntage für ein wichtiges Marketing-Instrument. Sie erweitern nachweislich das Einzugsgebiet und sorgen für die dringend benötigte Erlebnisvielfalt in den Innenstädten und Quartieren. Wir fordern deshalb, dass der Gesetzgeber den Kommunen die Möglichkeit gibt, vier verkaufsoffene Sonntagen im Jahr – ohne weitere Einschränkungen in den Regelungen und ohne Ausweitung auf weitere Sonntage – festzulegen.“
Um die drohenden Umsatz und Imageverluste durch den Wegfall der verkaufsoffenen Sonntage in Hanau zu kompensieren, arbeiten HMG und HMV derzeit neue Veranstaltungsformate aus, die die Besucherfrequenz in der Innenstadt nach oben treiben sollen. „Wir tun was wir können, um den Einzelhandel weiter zu stärken“, stellen Bieberle und Schalinsky abschließend fest.

Hintergrund:

Ladenöffnungen an Feiertagen bzw. Sonntagen sind im Hessischen Ladenöffnungsgesetz geregelt. Dieses sieht vor, dass an bis zu vier Sonntagen im Jahr eine Ladenöffnung erlaubt ist, sofern eine Anlass gebende Veranstaltung (z.B. Traditionsfeste oder Märkte) vorliegt. Die verkaufsoffenen Sonntage sind von der Stadt bzw. Gemeinde zu genehmigen.

Seit ein paar Jahren geht die Allianz für den freien Sonntag Hessen – bestehend aus der Gewerkschaft ver.di und den Kirchen – gegen diese Genehmigungen vor und zweifelt deren Rechtmäßigkeit an.
Laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. November 2015 ist die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot im Zusammenhang mit einer weiteren Veranstaltung nur zulässig, wenn die prägende Wirkung des Festes oder Marktes gegenüber der „typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung“ überwiegt. Die Ladenöffnung darf nur zusätzlich Besucher anlocken. Zudem muss laut Urteil die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Markt oder Fest stehen.

Des Weiteren müsse prognostiziert werden, dass die zusätzliche Veranstaltung als Anlass für sich genommen einen „beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt“. Aktenzeichen: BVerwG 8 CN 2.14

In seinem Widerspruch gegen die vom Hanauer Ordnungsamt ausgestellte Allgemeinverfügung nach dem Hessischen Ladenöffnungsgesetz, welche die Öffnung von Geschäften am Sonntag ausnahmsweise genehmigt, argumentierte Verdi, dass der Herbstmarkt in Hanau nicht genug Anlass für die Ausnahmegenehmigung gebe.

Bundesweit ist der Streit um den verkaufsoffenen Sonntag so alt wie der verkaufsoffene Sonntag selbst. Befürworter verweisen auf den „Event-Charakter“ des Tages, an dem auch Shopping erlaubt sein müsse. Gegner (Allianz für den Freien Sonntag = ver.di & kirchliche Organisationen) pochen auf das gesetzlich garantierte Arbeitnehmerrecht der „Sonntagsruhe“.

 

 

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