(ea) – Der Appell von Bürgermeister Stefan Erb zog sich durch alle Vorträge auf der Bürgerversammlung am Mittwochabend in der Erlenhalle und beinhaltet bereits das Ergebnis der mehr als zweistündigen Veranstaltung: Gemeinsam mit allen Bürgern und ergebnisoffen soll die Prüfung einer möglichen Zusammenarbeit von Erlensee und Neuberg erfolgen, wobei das Wort „Fusion“ aus dem Sprachgebrauch gestrichen wurde.
Bei einem Zusammenschluss zweier Kommunen gebe es keinen kleinen oder großen sondern nur gleichwertige Partner, daher sei dieser Begriff dem teilweise negativ besetzten Wort „Fusion“ vorzuziehen, erklärte Bürgermeister Stefan Erb gleich zu Beginn der Bürgerversammlung, die aufgrund des großen Bürgerinteresses in der Erlenhalle stattfand und nicht – wie sonst üblich – im dortigen kleinen Saal.
Der Bürgermeister betonte, dass alles nur gemeinsam mit den Einwohnern beider Kommunen gelingen könne und hob noch einmal deutlich hervor, dass in der Machbarkeitsstudie die Vor- und Nachteile eines Zusammenschlusses von unabhängiger Stelle geprüft werden.
Bezugnehmend auf die eine Woche vorher zum gleichen Thema in Neuberg stattgefundenen Bürgerversammlung und der nachfolgenden Berichterstattung über enttäuschte Erwartungen der anwesenden Bürger (Erlensee Aktuell berichtete) gab er zu bedenken, dass das Vorhaben noch ganz am Anfang stünde und aufgrund der Ergebnisoffenheit der anzufertigenden Studie er auch an diesem Abend keine vorgefertigten Meinungen oder Beschlüsse präsentieren könne, denn schließlich wolle man alles gemeinsam mit den Bürgern erarbeiten.
Leider könne man mit Angst jedoch mehr beeindrucken als mit Optimismus. Er erwarte zahlreiche Synergieeffekte sowie ein größeres Gewicht im regionalen Planungsverband und sehe dem Ausgang optimistisch entgegen.
Karl-Christian Schelzke vom Hessischen Städte- und Gemeindebund stellte klar, dass er kein ausgewiesener Verfechter der Fusion – des Zusammenschlusses – sei, zumal man dabei viel falsch machen könne, wenn man die Bürger nicht in den Entscheidungsprozess mit einbinde. Die Gebietsreform der 70er Jahre habe dies gezeigt. Es sei auch nur eine Form der Zusammenarbeit, aber nicht die einzige. Der Hessische Städte- und Gemeindebund werde das Vorhaben juristisch beratend begleiten.
Erik Schmidtmann, Geschäftsführer der GE/CON Gmbh, die gemeinsam mit der Freiherr von Stein Beratungsgesellschaft die Machbarkeitsstudie erarbeiten wird, informierte über Einzelheiten, wie dabei vorgegangen werden soll. Die Studie soll demnach in einem Lösungskorridor die verschiedenen Ebenen einer interkommunalen Zusammenarbeit aufzeigen. Diese reichen von einer Entwicklung des Ist-Zustandes über eine Vertiefung der interkommunalen Zusammenarbeit oder die Bildung eines Gemeindeverwaltungsverbands und schließlich bis zur Bildung einer Einheitsgemeinde. Dabei sollen alle Entscheidungsträger, alle Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot geholt werden und in offenen und transparenten Diskussionen erarbeitet werden, welche Ebene schließlich die beste wäre.
Geplant sei, im Sommer 2018 eine erste Empfehlung abzugeben. Bis dahin sollen drei Bürgerversammlungen als „Zukunftswerkstatt“ stattfinden.
Auch Dieter Hog von der Freiherr von Stein Beratungsgesellschaft betonte noch einmal, dass alle Facetten einer Zusammenarbeit geprüft werden müssten und appellierte: „Machen Sie alle mit!“
Dass man noch ganz am Anfang des Projektes steht, zeigte sich auch bei der ersten Frage aus dem Publikum nach der konkreten Mitarbeitsmöglichkeit der Bürger. Erik Schmidtmann antwortete, dass zunächst Bürgermeister, Mitarbeiter und Berater Gespräche führen, alles weitere müsse noch festgelegt werden. Bürgermeister Stefan Erb ergänzte, dass die vorgesehenen Zukunftswerkstätten allen offen stehen. Vereine und natürlich die Feuerwehren werden ohnehin gezielt angesprochen. Außerdem soll eine Homepage über den jeweils aktuellen Stand informieren.
Ein Bürger zeigte sich enttäuscht, da seiner Meinung nach alles viel zu akademisch sei. Er habe sich erhofft, dass Argumente eines Pro und Contra einer Zusammenarbeit den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt werden, worauf Bürgermeister Stefan Erb erwiderte, dass man auf diese Weise eben heute nicht mehr arbeiten könne. Das Vorhaben solle ausschließlich gemeinsam, und zwar von Anfang an, mit den Bürgern erarbeitet werden.
Einige Bürger kritisierten auch in Gesprächen nach der Bürgerversammlung, dass nach deren Ansicht zu wenig konkrete Informationen vorgelegt worden seien. Dass die Erarbeitung demokratisch erfolgen solle, wurde positiv bewertet, jedoch habe man sich einige Fakten bereits jetzt gewünscht. Diesbezüglich wurde mehrfach die zukünftige Nutzung des dann erweiterten Stadtgebietes genannt. Wo sollen Gewerbegebiete entstehen, wo Wohnbebauung? Wird dann alles zwischen Erlensee und Neuberg bebaut?
Obwohl hier Bürgermeisterin Iris Schröder bereits darauf hinwies, dass der Flächennutzungsplan vor einer Revision stehe und diese Themen dann dorthin gehörten, war diese Informationen vielen zu wenig. Alles Themen, die auf einer der geplanten „Zukunftswerkstätten“ angesprochen werden sollten.
Weitere Kritikpunkte waren die teilweise ins Akademische abgeglittenen Vorträge und Redebeiträge, die insgesamt als viel zu lang empfunden werden. Kürzere und dafür prägnantere Beiträge sollten zukünftig helfen, die Bürger für das Vorhaben zu begeistern oder zumindest zum Mitmachen anzuregen.
Stadtverordnetenvorsteher Uwe Laskowski fasste das, was jetzt auf die Bürger zukommt, in einem Satz absolut zutreffend zusammen: „Demokratie ist Arbeit – Wir müssen alle mitarbeiten!“
Bericht und Foto: Markus Sommerfeld