(pm/ea) – Die große Flüchtlingsbewegung des Jahres 2015 sei nur ein Anfang gewesen. „Viele werden sich auf den Weg machen, wenn wir vor Ort nicht mehr gegen Hunger und Armut tun. Wir werden die Menschen aus Afrika nicht dadurch aufhalten, wenn wir Mauern bauen oder mit Booten patrouillieren, sondern nur mit Zukunftsperspektiven vor Ort“, sagte Barbara Dieckmann.
Es seien enorme Aufgaben, die noch auf uns zukämen, ergänzte die Präsidentin der Welthungerhilfe, die auf Einladung und gemeinsam mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Sascha Raabe im proppenvoll besetzten Bürgerhaus Rodenbach über Fluchtursachen referierte.
„Wenn Deutschland, Europa und die anderen Industriestaaten ihre finanziellen Versprechungen gegenüber den Entwicklungsländern eingehalten hätten, wäre es nicht zu den großen Flüchtlingsbewegungen gekommen und es hätte viel Leid verhindert werden können“, sagte Raabe, der Anfang 2014 aus Protest gegen die von der Bundesregierung nicht eingehaltenen Mittel-Zusagen für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sein Amt als entwicklungspolitischer Sprecher niederlegte. Dieckmann und Raabe waren sich einig, dass künftig das international vereinbarte Ziel erreicht und eingehalten werden müsse, 0,7 Prozent vom Bruttonationaleinkommen für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Ziel müsse Hilfe zur Selbsthilfe sein. Armutsbekämpfung ist Fluchtursachenbekämpfung. Und hier erbringe die Welthungerhilfe mit 2.400 Mitarbeitern in 38 Ländern und einem Etat von über 260 Millionen Euro vorbildliche Arbeit. Nur wenn dem besser ausgebildeten, hochmotivierten Nachwuchs in Afrika eine Zukunft in Form von Jobs in ihrer Heimat geboten werde, könnten weitere Flüchtlingsströme verhindert werden, sagte Dieckmann: „Jeder von uns würde auch versuchen, seine Familie zu schützen, zu ernähren.“
Denn die Zeichen stehen vor allem in Afrika auf Elend: Korruption und Vorteilsnahme der Regierungen sowie einseitige Handelsverträge zugunsten von ausländischen Großunternehmen, das reine Ausschöpfen von Roh- und Wertstoffen verhindern eine nachhaltige Entwicklung. Beispielsweise habe der Ölreichtum von Nigeria keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern nur massive Umweltschäden, so Dieckmann. In 50, 60 Jahren würden ganze Regionen in Afrika nicht mehr bewohnbar sein. Der Klimawandel habe schon jetzt in Äthiopien und Kenia zu Dürren geführt, die sich statt alle zehn, elf Jahre nun alle zwei bis drei Jahre wiederholen. „Arme Bauern können so etwas nicht überleben. Also begeben sie sich auf die Flucht“, sagte die langjährige Oberbürgermeisterin von Bonn.
Die hohen Flüchtlingszahlen hätten allerdings einen positiven Nebeneffekt, nämlich dass nun bei den Bürgern ein „unheimlicher Sprung im Bewusstsein für Entwicklungspolitik“ entstanden sei. Dies zeigte sich auch an der großen Zuhörerzahl an diesem Abend und den vielen Beiträgen, die aus dem Publikum kamen.
Auf dem Foto: Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe, und Dr. Sascha Raabe
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