(pm/ea) – Der Main-Kinzig-Kreis hatte offensichtlich wieder einmal Glück, doch ob das dauerhaft so sein wird, darf bezweifelt werden. Denn auch die Kinzig mit ihren bei Starkregen rasant ansteigenden Nebenflüssen besitzt alle Voraussetzungen für eine Hochwasserkatastrophe.
„Für Sicherheit kann nur ein effizienter Hochwasserschutz sorgen“, erklärt Landrat Thorsten Stolz.
Daher appelliert er an das Regierungspräsidium sowie die zuständigen Landesbehörden, die Planungen des Main-Kinzig-Kreises zügig zu genehmigen. Mit Blick auf die möglichen Folgen dürfe keine weitere Zeit ungenutzt verstreichen. Wie Stolz betont, werde er als neuer Landrat ebenfalls keine Verantwortung für die zeitlichen Verzögerungen übernehmen.
Erst in diesen Tagen waren die Schlagzeilen in den Medien wieder geprägt von Katastrophenalarm, Evakuierungen und schwerwiegenden Zerstörungen. „Fußgängerzonen werden zu reißenden Flüssen“ war zu lesen, denn Tief Alfred sorgte im ganzen Land für Starkregen und Hochwasser. Niedersachsen war besonders betroffen, die meisten Hausbesitzer sind einmal nicht gegen Hochwasser versichert.
Für anerkannte Wissenschaftler beim Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist das keine Überraschung. Denn ihre statistische Analyse hat belegt, dass die Häufigkeit dieser Extrem-Niederschläge ab 1980 stärker zugenommen hat, als es allein durch natürliche Faktoren erklärbar wäre. Für die jüngere Vergangenheit bestätigen sie für Europa eine Zunahme der Starkregen-Ereignisse um 31 Prozent. Auch der Deutsche Wetterdienst in Offenbach geht „im Fazit von einem Einfluss des Klimawandels aus“.
„Wir können uns nicht darauf verlassen, dass wir auch künftig von solchen Szenarien verschont bleiben“, sagt Landrat Stolz. So war es von vier Jahren der pure Zufall, als ein verheerendes Niederschlagsgebiet etwa 70 Kilometer vor dem Main-Kinzig-Kreis abdrehte, dann aber Tote und Milliardenschäden in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Österreich und auf dem Balkan verursachte.
Vor diesem Hintergrund hat der Wasserverband Kinzig entsprechende Schutzmaßnahmen geprüft und mit Macht vorangetrieben. Wie sich Landrat Stolz jetzt im Gespräch mit Geschäftsführer Holger Scheffler informierte, kommen die Planungen die absolut notwendigen Becken in Bad Soden-Salmünster und Weilers nur langsam voran. Das Becken Bad Soden-Salmünster, welches auf Grund unterschiedlicher Expertenmeinungen in die öffentliche Diskussion geriet, wird nach den Vorgaben des Regierungspräsidiums und dem Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) einem Sondermessprogramm mit zwei jähriger Laufzeit unterworfen.
„Wie angekündigt werden wir diese zeitliche Verzögerung kompensieren, indem wir die Planungen mit Ziel einer baldigen Baugenehmigung parallel weiter vorantreiben“, kündigt Stolz an. Der Aufsichtsrat hatte dieses Verfahren bereits beschlossen.
Für das Becken in Wächtersbach-Weilers sind die Grundlagenermittlung und die Vorplanung abgeschlossen und es läuft nach dem „Go“ des Regierungspräsidiums aktuell die EU-weite Ausschreibung der Planungsleistungen. Das voraussichtliche Ziel ist ein Baubeginn 2023. Bis dahin bleibe im Ernstfall die Kinzigtalsperre als größtes Hochwasserschutzbauwerk der Region mit modernster Technik und gut geschulten Personal „das einzige wirksame Gegenmittel“.
Angesichts dieser langen Zeiträume betonen Stolz und Scheffler unisono, dass bei einem extremen Hochwasserfall im Main-Kinzig-Kreis kein Bürger diese langwierigen Abläufe verstehen werde. Aus Sicht des Landrates müssten zeitnah Vereinfachungen im Genehmigungsverfahren auf Landesebene angestrebt werden, so dass Planung und Bau solch wichtiger Schutzanlagen nicht mehr als fünf Jahre in Anspruch nehmen dürfen.
Auf dem Foto: Hochwasserkatastrophen wie im Jahr 2003 in Gelnhausen sollen mit Hilfe der geplanten Rückhaltebecken der Vergangenheit angehören
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