(pm/ea) – Öffentliche Wohnungsunternehmen werden auch in Zukunft eine wesentliche Rolle bei der Erstellung und Bewirtschaftung von -vor allem bezahlbarem- Wohnraum spielen. Darin waren sich alle Gäste, darunter auch Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks, beim Festakt zum 75-jährigen Bestehen der Baugesellschaft Hanau in der Orangerie von Schloss Philippsruhe einig.
Im Jahr 1942 war die Baugesellschaft gegründet worden, ihre erste Bewährungsprobe erlebte sie dann mit dem Kriegsende: Nicht nur die Stadt, auch die damals rund 100 Wohnungen der Gesellschaft waren zerstört. In den Nachkriegsjahren wurde das kommunale Unternehmen dann zum Motor des Wiederaufbaus, später entwickelte die Baugesellschaft ganze Wohnviertel neu, wie etwa in Lamboy-Tümpelgarten oder in der Weststadt. Zum Pionier wurde die Baugesellschaft bei der ersten Konversion von US-Army-Kasernen in den Francois-Gärten im Rahmen der Landesgartenschau. Mit der Umsetzung von großen öffentlichen Bauten wie etwa dem Congress Park Hanau und dem Gefahrenabwehrzentrum stellte das Unternehmen seine Kompetenz unter Beweis.
In den vergangenen Jahren hat die Baugesellschaft das größte Sanierungsprogramm ihrer Geschichte in Gang gesetzt. Über 100 Millionen Euro wurden bisher für die Verbesserung der Wohnverhältnisse und Energiesparmaßnahmen aufgewandt. Darüber hinaus wurden verschiedene innovative Projekte gestartet, wie etwa das Wohn- und Kulturprojekt „Hafentor“ oder die barrierefreie Wohnanlage Lenbachstraße, das erste öffentlich Gebäude in Hanau, das in Hybridbauweise errichtet wird. In ihrem 75. Jahr ist die Baugesellschaft Hanau mit ihren über 4000 Wohnungen und seit Jahren positiven Bilanzen eines der größten und erfolgreichsten kommunalen Wohnungsbauunternehmen der Region.
Diesen Erfolg habe man nicht einzelnen Personen oder einzelnen Entscheidungen zu verdanken, erklärte dazu der Geschäftsführer der Baugesellschaft, Rechtsanwalt Jens Gottwald. Wesentlich für den Erfolg des Unternehmens sei der ausgeprägte Teamgeist, die hohe Kompetenz und das große Engagement der gesamten Belegschaft. Ähnlich sah dies auch Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Hanau sei das beste Beispiel dafür, dass kommunale Wohnungsunternehmen nicht nur unverzichtbar für einen vernünftigen Wohnungsmarkt seien, sondern auch erfolgreich sein können, so der OB in seiner Festrede. Man könne die Baugesellschaften auch verkaufen, wie das in früheren Jahren einige Kommunen gemacht haben. Aber dies habe nur einen einmaligen Effekt in der städtischen Kasse und vor allem beraube sich die Kommune damit jeglicher Steuerungsmöglichkeit auf einem hochsensiblen Markt. Hanau bekenne sich deshalb klar zu seiner Baugesellschaft, die ein wichtiger Partner der Stadt und ein verlässlicher Partner der Bürger bei der Regelung des Wohnungsmarktes sei, so Kaminsky in seinem engagierten Plädoyer.
Ähnlich sahen dies auch weitere Gratulanten, wie etwa Dr. Axel Tausenpfund vom Verband der südwestdeutschen Wohnungswirtschaft und Dr. Gunther Quidde, Hauptgeschäftsführer der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, die beide eine Ehrenurkunde überreichte. Erwartungsgemäß positiv äußerte sich auch die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, die als Ehrengast am Festakt teilnahm. Sie verwies auf die Bedeutung der öffentlichen Wohnungsunternehmen in den vergangenen Jahrzehnten. Hanau sei ein gutes Beispiel für dieses erfolgreiche Wirken.
Diese Bedeutung werde noch massiv wachsen, so die Ministerin, angesichts der Herausforderungen, vor denen die Wohnungswirtschaft stehe. Der dringende Nachholbedarf im Wohnungsbau, aber auch die Frage, wie man bezahlbaren Wohnraum schaffen könne, bestimme bereits jetzt die Agenda und werde sich noch verschärfen.
Diese Fragen waren auch der roten Faden bei der anschließenden recht engagierten Podiumsdiskussion, zu der HR-Moderator Andreas Hieke nicht nur Hanaus Oberbürgermeister, die Ministerin und Verbandsrepräsentant Dr. Tausendpfund begrüßen konnte, sondern auch den Architekten Stefan Forster und den Bauunternehmer Anton Schick – beides bekannte Repräsentanten ihrer Branche und auch in Hanau aktiv. Sie hielten mit ihrer Kritik zum Beispiel an überzogenen Normen im Baubereich nicht hinterm Berg. Das man gar nicht so weit auseinanderlag -trotz der engagierten Wortbeiträge – wurde in der Diskussion deutlich. Ihr Ministerium sei seit längerem dabei, alle Baunormen auf ihre tatsächliche Notwendigkeit zu prüfen, so die Ministerin, aber das brauche nun einmal seine Zeit.
Ein Regulativ sah die Ministerin auch in einer Neuausrichtung der BIMA, der Bundesimmobilienverwaltung, die auch in Hanau als Besitzerin sämtlicher US-Kasernen eine große Rolle gespielt hat. Die bisherige Hauptaufgabe, Bundesbesitz so teuer wie möglich zu verkaufen, sei nicht mehr ausreichend. Hendricks plädierte zum Beispiel dafür, über die BIMA wieder verstärkt die klassischen „Dienstwohnungen“ anzubieten. Dadurch wäre es zum Beispiel möglich, Polizisten das Wohnen auch in Ballungsräumen zu ermöglichen, wo dies heute für einen einfachen Beamten kaum bezahlbar sei. Bisher sei sie mit ihren Vorschlägen jedoch am Finanzminister gescheitert, bedauerte die Ministerin. Aber immerhin sei es gelungen, die Forderungen der BIMA zu reduzieren, wenn auf den verkauften Grundstücken Sozialwohnungen gebaut werden.
Eine Maßnahme, so bestätigte abschließend Oberbürgermeister Claus Kaminsky, die man nur begrüßen könne und die sehr hilfreich sei. Auch wenn sie für Hanau, das ja mittlerweile alle Konversions-Wohnflächen vermarktet oder erworben habe „leider zu spät kommt“.
Auf dem Titelfoto: Begrüßten Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks in Hanau: Oberbürgermeister Claus Kaminsky (links) und der Geschäftsführer der Baugesellschaft Hanau, Jens Gottwald.
Fotos: Baugesellschaft, Privat