(pm/ea) – Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler hat in der Diskussion um Nitratbelastung im Grundwasser die Landwirte im Main-Kinzig-Kreis in Schutz genommen.
„Es ist leider fast schon zum Reflex vieler Menschen geworden, bei hohen Nitratwerten ausschließlich auf Missverhalten von Landwirten zu schließen. Im Main-Kinzig-Kreis sind es allerdings die Landwirte selbst, die zusammen mit dem Kreis das Thema Gewässerschutz seit Jahren vorantreiben, länger als viele andere Landkreise“, sagte Simmler bei einem Besuch auf dem Hof der Giebisch GbR in Langenselbold.
Im Main-Kinzig-Kreis sind Formen gewässerschonender Bewirtschaftung schon lange verbreitet. Mit dazu beigetragen haben die Beratungsangebote des Kreises, die seit Beginn der 1990er Jahre ausgebaut wurden, bis hin zu einer kreisweiten Kooperation ab 1998. Die Nitratgehalte in Trinkwassergewinnungsanlagen sind dadurch binnen weniger Jahre zunächst nicht weiter angestiegen und konnten sogar ab der Jahrtausendwende im Gebiet des Main-Kinzig-Kreises nachhaltig gesenkt werden. Was über die Wasserrahmenrichtlinie mittlerweile europaweit durchgesetzt werden soll, gilt im Kreisgebiet längst als geübte Praxis.
Umweltdezernentin Susanne Simmler besprach das Thema Nitratbelastung bei ihrem Besuch in Langenselbold unter anderem mit Bruno Wörner, dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbands Main-Kinzig, sowie Dr. Matthias Peter, dessen Ingenieurbüro Schnittstelle Boden seit 2012 hiesige Landwirte berät. Wörner äußerte sich kritisch über stark vereinfachende Berichte zu Nitrat in den Grundwasservorkommen. Deutschlandweit und besonders in Norddeutschland sei dies ein großes Problem, auch im Main-Kinzig-Kreis wiesen viele Grundwässer eine Nitratbelastung auf. Allerdings seien diese Belastungen im Kreisgebiet mittlerweile vor allem Hypotheken aus der Vergangenheit, da das versickernde Regenwasser vor allem im Westkreis mit seinen Lößböden Jahrzehnte benötige, um bis in den Grundwasserleiter zu gelangen.
Das bestätigte Dr. Matthias Peter. „Insgesamt haben wir mit der Beratung und den von den Landwirten ergriffenen Maßnahmen Erfolg. Mitunter sehen wir diese Erfolge aber erst mit größerer zeitlicher Verzögerung“, so Peter. Einige Messstellen würden heute Nitratkonzentrationen aufweisen, die auf die Bewirtschaftung in der Landwirtschaft vor Jahrzehnten zurückgingen. Zugleich unterliege Nitrat im Boden einer großen Dynamik. Das bedeute, dass die Bewirtschaftungsmaßnahmen der Landwirte, die unterschiedliche Witterung, das Wachstum der unterschiedlichen Pflanzen sowie Pflanzenkrankheiten und Schädlinge und die unterschiedlichen Bodeneigenschaften allesamt eine Wirkung auf die Nitratgehalte von Boden und Wasser ausüben und sich gegenseitig beeinflussen könnten. So können die Landwirte nach Aussage Peters die Stickstoffdynamik im Boden durch ihre Maßnahmen zwar beeinflussen, aber im eigentlichen Sinn nicht steuern. „Anders ausgedrückt heißt das, dass Berater und Landwirte zwar wissen, welche Maßnahme die Nitratbelastung verringert, dass sie aber nicht voraussehen können, in welcher Höhe diese Beeinflussung erfolgt“, brachte es Peter auf den Punkt.
Die Europäische Union hat im Jahr 2000 die Wasserrahmenrichtlinie verabschiedet und damit in allen Mitgliedsstaaten der EU einheitliche Umweltziele für den Schutz des Oberflächen- und Grundwassers geschaffen. Mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wird länderübergreifend das Ziel verfolgt, spätestens bis 2027 den Zustand des Grund- und Oberflächenwassers zu verbessern beziehungsweise einen bereits bestehenden guten Zustand der Gewässer zu erhalten. In Bezug auf die Nitratbelastung setzt die Landesregierung unter anderem auf die grundwasserschutzorientierte landwirtschaftliche Beratung – womit der Main-Kinzig-Kreis bereits seit Jahren gute Erfahrungen macht.
Neben dem beratenden Ingenieurbüro Schnittstelle Boden sind weitere Akteure an der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Kreisgebiet beteiligt. Dazu zählen das Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum des Main-Kinzig-Kreises, die Obere Wasserbehörde beim Regierungspräsidium Darmstadt, der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, der Bauernverband und die lokalen Wasserversorger. Die Finanzierung erfolgt über das Land Hessen. Das Regierungspräsidium Darmstadt ist der Auftraggeber des Projektes.
Auf insgesamt 180 Dauerbeobachtungsflächen im Landkreis werden zweimal jährlich Bodenproben entnommen. Im Labor werden diese Proben auf ihren Stickstoffgehalt untersucht. Die Analyseergebnisse der im Frühjahr beprobten Flächen bilden zum Beispiel die Grundlage für Düngeempfehlungen, die alle rund 620 Landwirte im Maßnahmenraum erhalten. Die Beprobung im Herbst/Winter zeigt, wie viel Stickstoff im Boden vorhanden ist, der unter ungünstigen Witterungsbedingungen ins Grundwasser ausgewaschen werden kann. Mit diesen Informationen können Landwirte und Berater jedes Jahr besser einschätzen, wie eine möglichst grundwasserschonende Bewirtschaftung der Flächen erfolgen kann. Die Reststickstoffgehalte im Herbst konnten so seit der Jahrtausendwende auf fast die Hälfte reduziert werden.
„In diesem Projekt sehen wir, wie gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Wasserversorgern funktionieren kann und dass ein Interessenskonflikt nicht zwangsläufig bestehen muss“, erklärte Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler. Die Werte könnten sich sehen lassen, die gemeinsame Arbeit gehe in die richtige Richtung geht. „Bilanzen und Reststickstoffgehalte sinken, was sich langfristig auch in nitratärmeren Werten im Grundwasser zeigen wird“, so Simmler.
Nähere Informationen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Maßnahmenraum Main-Kinzig-Kreis sind im Internetportal www.schnittstelle-boden-wrrl-hessen.de/mr_mkk.html zu finden.
Auf dem Foto: „Langfristig weniger Nitrat im Grundwasser“: Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler (Fünfte von rechts) zieht mit Bruno Wörner (rechts daneben), Dr. Matthias Peter (Fünfter von links) und weiteren Fachleuten eine Zwischenbilanz ihrer gemeinsamen Maßnahmen gegen Nitratbelastung
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