Polizeidirektor Claus Spinnler im Erlensee Aktuell-Interview

(ea) – Der neue Chef der Polizeidirektion Main-Kinzig, Polizeidirektor Claus Spinnler, sprach im Interview über seinen Wechsel von Offenbach nach Hanau und fand deutliche Worte auch zur gegenwärtigen öffentlichen Diskussion zum Thema „Schlägereien“.

Am 1. April haben Sie die Leitung der Polizeidirektion Main-Kinzig übernommen. Vorher waren Sie in gleicher Position sechs Jahre lang bei der Polizeidirektion Offenbach tätig. Ist es in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis etwa interessanter als in Offenbach?

Nachdem mein Vorgänger, Leitender Polizeidirektor Hans Knapp, ins Polizeipräsidium Westhessen nach Wiesbaden wechselte, habe ich mich auf die Stelle hier beworben.

Ich bin kein Freund davon, ewig und drei Tage auf der gleichen Position am gleichen Ort zu bleiben, da meiner Meinung nach im Laufe der Zeit die Sensibilität ein bisschen verloren geht. Daher suchte ich neue Herausforderungen in einem neuen Umfeld. Die Polizeidirektion Main-Kinzig in Hanau war für mich dafür ideal.

Mein Vorgänger hat eine sehr gute Arbeit geleistet. Ich gehöre aber nicht zu denen, die alles nachkopieren. Jeder soll seine eigenen Spuren hinterlassen, die aber in die gleiche Richtung gehen.

Wie sah ihr dienstlicher Werdegang vor Hanau und Offenbach aus?

Angefangen habe ich bei der Bereitschaftspolizei, wo ich die ersten 16 Dienstjahre verbrachte und anschließend in den höheren Dienst wechselte.

Ich war zwei Jahre in Dietzenbach, anschließend dreieinhalb Jahre bei der Direktion Sonderdienste, wo ich unter anderem mit dem Bereich „Fußball“ am Bieberer Berg befasst war, danach 4 Jahre stellvertretender Leiter der Polizeidirektion Offenbach. Anschließend war ich für dreieinhalb Jahre im neu geschaffenen Bereich Verkehrssicherheit und Sonderdienste, auch hier mit Schwerpunkt Fußball, tätig, bevor ich für 3 Jahre ins Polizeipräsidium nach Frankfurt wechselte. Danach wurde ich Leiter der Polizeidirektion Offenbach und bin jetzt hier in Hanau.

Wie beurteilen Sie die Lage hier in Hanau, gerade auch vor der aktuellen, manchmal aus dem Ruder laufenden, öffentlichen Diskussion über die Schlägereien?

Wir haben in Hanau keine unsichere Situation. Es gab und gibt immer wieder einmal auffällige Steigerungen in bestimmten Kriminalitätsbereichen, auf die wir aber entsprechend reagieren und die dann auch wieder zurückgehen. Wir müssen aber beides: reagieren und agieren! Unter anderem das Thema Prävention ist dabei besonders zu nennen. Hier wird bereits in Hanau sehr viel getan.

Lassen Sie mich das am Beispiel der Einbruchskriminalität verdeutlichen:

Die Quote, bei denen Einbrecher noch im Versuch ihr Vorhaben abbrachen, war noch nie so hoch wie heute. Dies liegt zum einen an der guten Beratung, auch durch die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen und der danach umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen an den Wohngebäuden durch die Besitzer.

Zum anderen üben wir durch unsere Präsenz insbesondere an Kontrollstellen einen großen Fahndungsdruck, sicherlich gepaart mit einem Abschreckungseffekt, aus, als Beispiel seien hier die Kontrollen zu nennen, die unter dem Aspekt „reisende Täter“ durchgeführt wurden.

Bei der Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistik, die Rückgänge bei den Straftaten und eine Steigerung der Aufklärungsquote zeigte, wurde in den so genannten sozialen Medien oft der Vorwurf gemacht, die Zahlen seien geschönt, die Statistik unglaubhaft und gefälscht. Immer öfter wird eine Diskrepanz deutlich zwischen den anhand der Daten veröffentlichtem Bild und dem „selbst gemachten“ Meinungsbild. Wie erklären Sie sich das?

Zuerst gilt es festzuhalten, dass die veröffentlichten Zahlen real und nicht geschönt sind.

Meiner Meinung nach liegt eine der Ursachen für das „selbst gemachte“ Meinungsbild darin, dass wir in einer schnellen privaten Medienwelt leben.

Beim Amoklauf in München im vergangenen Jahr waren beispielsweise Fotos und Videos im Fernsehen zu sehen, die aus dem Internet von Privatpersonen stammten und einfach übernommen wurden. Ohne den Sachverhalt kritisch zu hinterfragen, ist heute jeder sein eigener Journalist. So etwas gab es früher nicht.

Beispiel Hanau:

Es gab keine Massenschlägerei. Der Begriff wurde einfach übernommen und mit der Berichterstattung potenziert. Damit wurde ein Bild in der Öffentlichkeit vermittelt, das es so nie gab. Uns als Polizei wird dann vorgeworfen, dass wir nicht die Wahrheit sagen

Selbstverständlich will ich nichts beschönigen. Es gibt in Hanau eine Gruppe, deren Zusammensetzung uns im Wesentlichen bekannt ist, gegen die wir im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten vorgehen. Es gibt keine unsichere Situation in Hanau.

Die Bürgerinnen und Bürger sind durch die Berichterstattung mancher Medien und der ausufernden Mitteilungsmentalität in den so genannten sozialen Medien stark verunsichert und auch sensibilisiert. Wie sollen sie sich verhalten?

Auf jeden Fall gilt bei der Wahrnehmung verdächtiger Vorkommnisse: so schnell wie möglich die Polizei informieren! Wir sind auf die Hinweise der Bürger angewiesen, die sich in jedem Fall vertrauensvoll an uns wenden können, auch wenn eine Situation nicht immer auf den ersten Blick richtig zu deuten ist.

Stichwort „Verunsicherung der Bürger“: Der Freiwillige Polizeidienst soll zumindest subjektiv das Sicherheitsempfinden erhöhen. Dieser wurde in Erlensee vor kurzem abgeschafft. Wie beurteilen Sie den Dienst?

Ich bin ein Verfechter des Freiwilligen Polizeidienstes, wenn die Auswahl der Personen ernsthaft betrieben wird. Wir brauchen niemanden, der Polizei spielen will.

Die Mitglieder des Freiwilligen Polizeidienstes sind für uns zusätzliche Augen, die Wahrnehmungen machen und uns diese mitteilen, aber auch und gerade das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen.

Sie sind jetzt Chef von über 17 Dienststellen im gesamten Main-Kinzig-Kreis. Das Thema „dünne Personaldecke“ taucht immer wieder in der öffentlichen Diskussion auf, dabei wird auch öfter auf die Einstellungsoffensive des Landes Hessen verwiesen. Was sagen Sie zu diesem Thema?

Die Polizei hat schon aufgrund der weltweiten Bedrohungslage neue Aufgaben zusätzlich bekommen, die wir mit viel mehr „Manpower“ bewältigen müssen. Daher bin ich für die verstärkte Einstellungsoffensive dankbar, damit wir auch in Zukunft unseren Aufgaben mit ausreichend Personal gerecht werden.

Vielen Dank für das Gespräch

Die Fragen stellte Markus Sommerfeld

Auf dem Foto: Polizeidirektor Claus Spinnler

Foto: Markus Sommerfeld

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