(pm/ea) – „Männlich, 60 Jahre, jung geblieben sucht…“ – Die Polizei warnt vor Romance- oder Love-Scamming.
So wird die Masche bezeichnet, mit der sich die vermeintlichen Freunde erst das Vertrauen und dann Geld sowie Daten erschleichen.
Ein seriöses Foto, Komplimente, Aufmerksamkeit, vielleicht sogar falsche Liebesbekundungen. Betrüger machen vor nichts Halt, um ihre potentiellen Opfer um den Finger zu wickeln. Erst das harmlose Geplänkel über die Familie, über verstorbene Ehepartner und die Zukunftsplanung und dann die plötzlich auftretende Notsituation. Es wird Geld für eine dringende Operation benötigt, die Schulden für eine Immobilie des verstorbenen Mannes drücken oder das Flugticket für einen Besuch will bezahlt werden. Am Ende haben die gut organisierten Betrüger dabei nur ein Ziel: Dem Opfer das Geld aus der Tasche ziehen und ausnutzen.
Den Tätern gelingt es, ihre potentiellen Opfer, die im Internet und den sozialen Medien auf der Suche nach einer Freundschaft oder der neuen Liebe waren, in eine emotionale Abhängigkeit zu locken. Die ahnungslosen Opfer sollen schließlich per Bargeldtransfer an Konten im Ausland oder an Geldboten zahlen. Zudem haben es die Betrüger auf die Daten der Opfer abgesehen. Kopierte Ausweispapiere und Co. verwenden sie dann, um Verträge auf den Namen der Opfer abzuschließen. Auch als Warenagenten setzten manche Betrüger ihre Opfer ein. Sie empfangen Pakete oder Waren an der Adresse in Deutschland und sollen diese ins Ausland an den vermeintlichen Freund weiterschicken.
Betrugsbeispiele aus der Wetterau
Finanzielle Notlage
Im Internet lernte ein Senior aus der Wetterau eine angebliche britische Staatsbürgerin kennen, die vorgab sich beruflich in Kenia aufzuhalten. Der Mann selbst steht mitten im Leben, ist sogar ein Fachmann in Sachen IT. Doch auch er fiel auf die gut gemachte Betrügerei herein. Der Senior verliebte sich und überwies schließlich in mehreren Transaktionen nahezu 12.000 Euro an eine kenianische Bank, um der finanziell in Not geratenen Liebsten zu helfen.
Das Geld wird er wohl nie wieder sehen.
Kanadische Ölbohrinsel
Rund 26.000 US-Dollar (etwa 23.00 Euro) überwies eine 57-jährige Bürokauffrau im Sommer vergangenen Jahres nach Amerika. Über die Kontaktbörse Tinder hatte sie den Mann kennengelernt, der angeblich auf einer Ölbohrinsel in Kanada bei einem millionenschweren Projekt in Schwierigkeiten geraten war.
Die Kinder machten ihre Mutter schließlich darauf aufmerksam, dass sie zum Opfer eines Lovescamming-Betruges geworden war.
Der Ghana-Urlaub
Nach Ghana ging das Geld einer 48-jährigen Angestellten Anfang letzten Jahres. Über die Chatplatform Lavoot nahm der Betrüger Kontakt zu ihr auf, an den sie per Western Union mehrere kleine Geldbeträge übermittelte. Rund 2400 Euro waren es schließlich. Der Täter ließ zudem Mobiltelefone an ihre Anschrift liefern, die sie nach Ghana weiterleiten musste. Einen Geburtsort in Hamburg und Wohnort in Kanada täuschte der Betrüger vor, mit dem die Angestellte auch die Passdaten tauschte. Bei einem angeblichen Urlaub in Ghana benötigte er dann schließlich Geld für einen Flug, ein Hotel, Arztkosten und weitere erfundene Probleme. Im Briefkasten der Arzthelferin landeten indes Mahnungen für angeblich abgeschlossene Mobilfunkverträge.
Bei der Geschädigten blieben bis zum Schluss Zweifel, ob es sich um einen Betrüger oder einen echten Freund mit
Problemen handelte.
Der UNO-Generalsekretär in geheimer Mission
Einer 52-jährige Arzthelferin täuschte ein angeblicher UNO General-Sekretär via Facebook Anerkennung und Zuneigung vor und stellte ihr in Aussicht, sie aus dem Irak besuchen zu kommen, wo er sich aktuell zu einer Peace-Keeping-Mission aufhalte. Rund 2500 Euro überwies die Wetterauerin im letzten Jahr auf ein Konto in Italien, um den Urlaub aus der geheimen Mission für den vermeintlichen Freund zu zahlen, da dieser selbst nicht an sein Geld käme. Noch dazu füllte sie diverse Formulare mit persönlichen Daten aus und gab eine Kopie ihres Ausweises weiter, um den Urlaubsantrag des vermeintlichen General-Sekretärs zu unterstützen.
Erst als die Kinder das angebliche Portraitbild des Freundes im Internet einer anderen realen Person zuordnen konnten, bemerkte die Mutter den Betrug.
Als Warenagentin missbraucht
Als sie im April vergangenen Jahres zwei Schreiben einer Anwaltskanzlei erhielt mit der Aufforderung, Mobilfunkrechnungen zu begleichen, wurde eine 47-jährige Pflegerin stutzig. Über Skype stand sie in Kontakt mit einem Mann, den sie zufällig in Frankfurt kennengelernt hatte. Er nutzte ihre Daten aus, um Verträge über sie
abzuschließen und Pakete an sie zuzustellen, die später nach Ghana weitergeleitet wurden. Die Pflegerin selbst bemerkte lange nicht, dass sie ausgenutzt wurde, dies wurde ihr erst bei der Vernehmung durch die Polizei klar, als sie selbst in den Verdacht geriet eine Straftat begangen zu haben, indem sie als Warenagentin für die Betrüger arbeitete.
Witwe in finanzieller Notsituation
Erst vor wenigen Tagen erstattete ein 60-Jähriger Systemadministrator Anzeige bei der Polizei. Er hatte über das Portal lovescout eine angeblich aus Ungarn stammende Frau kennengelernt. Mit der Immobilie ihres verstorbenen Mannes gab es angeblich Schwierigkeiten, so dass der Wetterauer sie mit einer Zahlung von 3500 Euro auf ein Konto in Großbritannien unterstützte. Um ihre Geschichte glaubhaft zu machen, übermittelte die Frau auch ein angebliches Dokument einer real existierenden Anwaltskanzlei aus Deutschland, welches sich jedoch als gefälscht herausstellte.
Die vermeintliche Notlage weckte das Helfersyndrom bei dem Wetterauer, der sich nach dem Bemerken des Betruges nach eigenen Angaben ausgenutzt und betrogen vorkam.
Die Polizei weist darauf hin:
Betrüger nutzten missbräuchlich die Personalien und Bilder von anderen Personen, die sie im Internet oder anderweitig erlangt haben. Suchen Sie doch mal im Netz nach den angegebenen Namen und vielleicht stoßen Sie sogar auf die Bilder.
Angebliche Anwalts- und Firmendokumente sind oft Fälschungen – machen Sie den Plausi-Check und rufen Sie bei der richtigen Firma an.
Bleiben Sie skeptisch und sagen Sie „Nein“, wenn die Internet-Liebe Geld oder Daten fordert. Betrüger finden für
alles eine Ausrede, auch wenn angeblicher Wohnort, Zielort und Adressat des Geldes unterschiedlich sind.
Werden sie nicht zum „Zwischenhändler“ für Waren, es besteht die Gefahr, dass Sie sich selbst strafbar machen.
Scheuen Sie sich nicht, die Polizei zu verständigen, wenn Sie Zweifel haben oder bereits auf einen Betrug reingefallen sind. Die Polizei wird Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Weiterführende Informationen zum Thema „Romance- oder Love-Scamming“ unter www.polizei-beratung.de.