(pm/ea) – Wenn der örtliche Tennisclub am Ostersamstag hinter der Mehrzweckhalle das traditionelle Osterfeuer entzündet, dann ist die Freiwillige Feuerwehr Mittelbuchen nicht nur zugegen, damit niemand zu Schaden kommt. Sie will darüber hinaus den Anlass nutzen und Menschen im persönlichen Gespräch für den aktiven Brand- und Katastrophenschutz gewinnen.
Das ist Teil einer Mobilisierungskampagne, die Mittelbuchens Wehrführer Jens Fischer in den nächsten Monaten fahren will.
Denn Mittelbuchens Feuerwehr braucht dringend mehr Aktive, wenn sie die Tagesalarmstärke verlässlich wahren will. Eine Herausforderung, vor der nach den Worten von Peter Hack als Leiter des städtischen Brandschutzamtes auch andere Hanauer Stadtteile stehen; zudem sei Mittelbuchens Wehr „ein wesentlicher Bestandteil im Gesamt-Gefahrenabwehrkonzept der Stadt Hanau“.
Fischer skizziert die aktuelle Lage so: „Für das Besetzen unseres Löschfahrzeugs brauchen wir neun Einsatzkräfte. Zusätzlich sind 100 Prozent Ausfallreserve nötig. Aber die Mittelbücher Feuerwehr, mehr als 500 Mitglieder stark, hat derzeit insgesamt nur 21 im Ort wohnenden Aktive sowie drei in Nachbarkommunen.“ Zu den Aktiven gehören zudem sieben Schichtarbeiter, die teils nur bedingt verfügbar seien. Bei den jüngsten Einsätzen habe sich gezeigt, dass es mangels Personal „allmählich kritisch wird“.
2016 fuhr die Feuerwehr Mittelbuchen rund 100 Einsätze. 90 davon waren solche im Stadtteil selbst, darunter allein 30 anlässlich des Hochwassers im Juni.
Bis vor einigen Jahren war es so, dass die damals noch im Ort tätigen Landwirte einen Teil des Brandschutzes durch kurze Einsatzwege selbst bewerkstelligen konnten. Doch die Bauern sind heute praktisch „ausgestorben“. Für die Mittelbücher Wehr besteht ein Kernproblem darin, dass kaum noch ein Aktiver im Ort selbst sein Geld verdient.
Das Arbeitsleben bringt es auch mit sich, dass Stellenwechsel oder Berufseinstieg einen Umzug erfordern – und damit ist der Feuerwehrdienst in Mittelbuchen für Betroffene passé. Bei jungen Menschen ist es ähnlich, macht es ein Studium fernab von Mittelbuchen doch schwer sich im Heimatort zu engagieren. Hinzu kommt, so Fischer weiter, dass der Wegfall der Wehrpflicht so manchen Interessierten hat verloren gehen lassen, weil die Feuerwehr früher eine Alternative zum Grundwehrdienst war.
Ein Kardinalproblem für 20- bis 30-Jährige in der Familiengründungsphase bestehe darin, Wohnraum im Stadtteil zu finden. Wenn jemand deswegen wegziehe, sei er auch als Feuerwehrmann für Mittelbuchen verloren.
Umgekehrt profitiert Mittelbuchen wegen seiner Neubaugebiete vom Zuzug. Neubürger zu gewinnen, die tagsüber oft in Frankfurt arbeiten, ist aber gar nicht so einfach.
Dennoch sieht Hanaus Feuerwehr-Chef Hack auch bei den jungen Familien Chancen insbesondere auf Mütter zu bauen. „Die Frauen, die vorübergehend nicht berufstätig und damit zuhause sind, könnten im Ernstfall schnell vor Ort sein.“ Bilde sich solch eine „Mütter-Gruppe“, ließe sich untereinander auch die Kinderbetreuung regeln. Andere Kommunen hätten vorgemacht, dass das funktioniere.
Anreize für den freiwilligen Feuerwehrdienst wissen Hack, Fischer und der stellvertretende Wehrführer Stefan Klauer bei einem Gespräch mit Ortsvorsteherin Caroline Geier-Roth einige zu nennen. Und die haben nicht nur mit der Geselligkeit zu tun, die bei Festen und Feiern gepflegt wird und insbesondere Neue im Ort leichter in die Gemeinschaft reinwachsen lassen. Darüber hinaus will die Stadt Hanau, wenn es um Einstellungen speziell beim Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service geht, Bewerber mit dem Nachweis aktiver Feuerwehrarbeit bei gleicher Qualifikation bevorzugt einstellen. Grundsätzlich hält Hack die technische Ausbildung für den freiwilligen Feuerwehrdienst für so gut, dass sie auch für den beruflichen Erfolg dienlich sein könne.
Die Wehrführer Fischer und Klauer sind optimistisch, dass sie beim Osterfeuer bei dem einen oder der anderen Interesse am Feuerwehrdienst wecken. Schließlich habe das auch beim jüngsten Weihnachtsmarkt gefruchtet, wo sie zwei neue Aktive gewannen. Auch Ortsvorsteherin Geier-Roth steuerte beim gemeinsamen Gespräch eine Werbe-Idee bei: Ein Banner über der Straße könne am Ortseingang zumindest das Bewusstsein dafür wecken, „dass die Feuerwehr im Ernstfall für uns alle wichtig ist“.
Foto: PM
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