(ea) – Haben Sie den Edersee schon mal „von unten“ gesehen? Wenn nicht, dann sei Ihnen ein Tagesausflug an das derzeit recht „mickrige“ Gewässer unterhalb von Schloss Waldeck ans Herz gelegt.
Schon in der Grundschule lernen die Kinder im Heimatkundeunterricht, dass der Edersee in Nordhessen liegt und von der Fläche her den zweitgrößten Stausee in Deutschland darstellt. Viele von Ihnen waren schon dort und haben vielleicht sogar einen Urlaub mit Baden, Angeln oder Bootfahren in schöner Erinnerung und denken an spiegelnde Wasserflächen, Ausflugsschiffe und Segelboote.
Derzeit ist aufgrund von Wasserregulierungsmaßnahmen für den Schiffsverkehr auf der Weser der Wasserstand im Stausee auf nur noch 16 % des Normalvolumens abgesenkt worden, so dass alte Bauwerke und Straßen wieder aus den Fluten auftauchen. Bezeichnend hierfür ist die Aseler Brücke, die – wie viele andere Häuser und Bauwerke auch – kurz vor dem 1. Weltkrieg beim ersten Aufstaues des Sees überflutet und später durch eine kleine Personenfähre ersetzt wurde.
Wer den Seebereich von Westen her am Einlauf der Eder erreicht, sucht zunächst in einer grasgrünen Talsohle kilometerweit vergeblich nach dem See. Irgendwo hinter Asel mit seiner bekannten Brücke kommt dann erstmals die Wasserfläche zum Vorschein, allerdings recht eingeschränkt. An den kahlen Felsabstürzen der Talseiten kann man gut erkennen, bis wohin das Wasser hier im normalen Aufstau steht; ein auf den derzeitigen Wasserspiegel gestelltes dreistöckiges Haus wäre wohl nicht mehr zu sehen.
Weiter am Nordufer entlang stößt man auf eine Stelle, an der sich vor der Flutung der Ort Berich befand. Hier sind Reste der Häuser zu sehen, die dort einmal standen; derzeit finden in diesem Bereich Arbeiten statt, um das Dorf teilweise wieder aufzubauen. Makaber, aber für den interessierten Besucher einen Besuch wert ist das Gräberfeld, zu dem man ein paar Kilometer weiter gelangt. Die rechteckigen Ruhestätten liegen am normalerweise überfluteten Hang und sind jeweils mit schweren Betonplatten bedeckt.
Schon jetzt kann man in der Ferne hinter der aus dem Wasser aufragende Felsformation des aufgetauchten Hammerbergs die große Sperrmauer sehen, die aufgrund des abgesenkten Pegelstandes hoch emporragt. Deutlich zu erkennen ist auf der rechten Seite das Fehlen von mehreren Wasserauslassöffnungen in der Wand. An dieser Stelle wurde im Mai 1943 ein Teil der Sperrmauer von englischen Bombern zum Einsturz gebracht, was eine verheerende Flutwelle im dahinterliegenden Edertal zur Folge hatte (im nahegelegenen Hemfurth befindet sich ein kleines Museum, das weitere Einzelheiten über den Angriff bereit hält).
Direkt oben auf der Sperrmauer bekommt man – mit Blick auf den See und die Burg Waldeck – einen imposanten Eindruck von den fehlenden Wassermassen: Auf der linken Seite steil in die Tiefe abfallende Felswände, rechts oben an der Straße die Restaurants, die normalerweise direkt am Wasser liegen. Und hinter der Staumauer – Stille; das so genannte Tosbecken ist leer und fast ausgetrocknet.
Ein Hinweis an alle Angler, die sich für den starken Raubfischbestand im Edersee interessieren: Der momentane Blick auf das trockengelegte Areal zeigt viele unter Wasser verborgenen Hindernisse sowie gute Fangstellen, die man bei normalem Wasserstand erst mühsam mit dem Echolot suchen müsste.
Und – falls die „lieben Kleinen“ das Interesse am See verlieren: Nahe der Staumauer liegt der „WildtierPark Kellerwald“ mit seinem schönen großen Bestand an heimischen Tieren, die teilweise auch recht zutraulich sind. Ein Highlight stellt hierbei die Fischotter-Familie dar, die in einer weitläufigen Freianlage mit Schwimmteich lebt und bei ihren Späßen über und unter Wasser beobachtet werden kann (Fischotter-Fütterung: 12.30 / 16.15 Uhr – bis 15.November).
Mehr unter www.nationalpark-kellerwald-edersee.de
Bericht: Ingbert Zacharias, Fotos: Irmtraud Zacharias