(pm/ea) – „Seine Bescheidenheit, seine Sachkompetenz und seine Verlässlichkeit haben ihn zu einem der beliebtesten Politiker gemacht, die Hanau je gesehen hat“, würdigt Oberbürgermeister Claus Kaminsky den langjährigen früheren OB Hans Martin, der am Sonntag im Alter von 85 Jahren verstorben ist.
„Hans Martin war ein großer Oberbürgermeister unserer Stadt, der überall seine Spuren hinterlassen hat, und der völlig zu Recht nach seiner Amtszeit zum Ehrenbürger ernannt wurde“. Sein Tod, so Kaminsky, hinterlasse eine große Lücke in der Stadtgesellschaft, aber auch in den Herzen der Menschen, denn dem Verstorbenen sei es immer gelungen, durch sein zugewandtes Wesen Männer und Frauen gleichermaßen für sich zu gewinnen. „Wer es schafft, sich über mehr als vier Jahrzehnte die ehrliche Zuneigung der Hanauerinnen und Hanauer zu erhalten, der muss eine herausragende Persönlichkeit sein“, so die Feststellung des OB. Für die Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck war das Wirken Hans Martins immer von „Augenmaß, Pflichtbewusstsein und Verantwortlichkeit“ geprägt. „Nur wenige Kommunalpolitiker haben sich in den vergangenen Jahrzehnten so um Hanau verdient gemacht,“ erinnert Funck daran, dass Martin von 1966 bis 1972 als Bürgermeister und von 1972 bis 1984 sowie von 1985 bis 1994 als Oberbürgermeister im Amt war.
Der am 18. Oktober 1930 in Frankfurt geborene Arbeitersohn begann seine berufliche Laufbahn nach dem Abitur 1951 bei der Stadt Frankfurt als Auszubildender für die Verwaltung. Parallel dazu studierte er Rechtswissenschaften in Frankfurt. Später avancierte er zum jüngsten Magistratsdirektor der Mainmetropole, ehe er dem Ruf folgte, Wahlbeamter in Hanau zu werden.
Zahlreiche Projekte, so OB Kaminsky, blieben untrennbar mit dem Namen Hans Martins verbunden. Die Gebietsreform im Jahre 1974 sei allerdings eine der größten Leistungen seines Vorgängers im Amt gewesen. „Martins Fähigkeiten zum Ausgleich und zur Integration hat dafür gesorgt, dass die widerstreitenden Interessenslagen der einst selbständigen Kommunen zu einem guten Ergebnis zusammengeführt werden konnten.“ Eine ähnliche große Bedeutung für die Stadtentwicklung habe die Entwicklung der Weststadt als attraktives Wohngebiet, der Bau der Autobahn 66 und die Beseitigung der beschrankten Bahnübergänge am Nord- und Westbahnhof gehabt. Mit den ersten Fußgängerzonen habe Hanau in der Ära Martin „städtebauliches Neuland für Hanau“ betreten, so Kaminsky weiter.
In der Amtszeit von Hans Martin seien die ersten wirklichen Schulentwicklungspläne konzipiert worden. Gleichzeitig habe die Schullandschaft durch den Bau der neuen Gebäude für die Hohe Landesschule (Hola), Otto-Hahn-Schule, Ludwig-Geissler-Schule und die Kaufmännischen Schulen wichtige Impulse erhalten. Die Heinrich-Heine-Schule entstand als eine modellhafte Grundschule in neuer Form und inhaltlicher Konzeption.
Für die Stadtverordnetenvorsteherin zählt es auch zu den großen Verdiensten des Verstorbenen, dass er, lange bevor es gesetzlich vorgeschrieben wurde, so etwas wie einen Ausländerbeirat ins Leben gerufen habe, und damit einen Grundstein für eine moderne Integrationspolitik in Hanau gelegt habe. Martins Ziel sei es von Anfang an gewesen, so Beate Funck, das Zusammenleben von Ausländern und Deutschen in Hanau konfliktfrei zu organisieren. Bereits Ende der 70 Jahre wurden Vorlaufkurse organisiert, in denen Migrantenkinder vor dem Schuleintritt Deutsch lernten. „Hanau übernahm damit seinerzeit eine Vorreiterrolle.“
Am 30. Juni 1994 ging Hans Martin auf eigenen Wunsch in den Ruhestand. Mit der Ehrenplakette der Stadt Hanau in Gold würdigte die Stadt seine herausragenden Leistungen. Noch im gleichen Jahr wurde er auch zum Ehrenbürger der Stadt Hanau ernannt.
Neben dem politischen Wirken zum Wohle der Stadt engagierte sich Hans Martin auch ehrenamtlich mit seinem Sachverstand und hoher Fachlichkeit. Rund vier Jahrzehnte gehörte er dem Vorstand der Martin-Luther-Stiftung an, davon die letzten 15 Jahre als Vorsitzender. „Aus den hier gemachten Erfahrungen heraus war er schon früh zu der Überzeugung gelangt, dass die Stadt auf Altenhilfe in eigener Trägerschaft nicht eingerichtet ist,“ erinnert Kaminsky daran, dass Hans Martin schon damals die Idee entwickelt hatte, die Stiftung Althanauer Hospital mit der Martin-Luther-Stiftung zu verschmelzen. „Er hatte sehr viel früher als andere erkannt, worin der zukunftsweisende Weg besteht“, so der OB und erinnert daran, dass diese skizzierte Zusammenführung der beiden Institutionen schließlich vor einigen Jahren tatsächlich vollzogen wurde.
Ganz persönlich habe er den Alt-Oberbürgermeister über all die Jahre immer als loyalen, solidarischen und immer diskreten Ratgeber erlebt. „Hans Martin hat nicht nur mir an vielen Stellen wertvolle Hinweise gegeben, ohne dies aber öffentlich zu machen oder gar an die große Glocke zu hängen.“ Nicht zuletzt dieser von großer Fairness geprägte Umgang habe dafür gesorgt, dass der Oberbürgermeister a.D. Hans Martin über alle Parteigrenzen hinweg großen Respekt genossen habe.
„Die Nachricht von seinem Tod hat große Trauer und Bestürzung in der Bürgerschaft ebenso wie bei den politischen Weggefährten ausgelöst,“ so der OB. Um Hanauer Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit für Trauerbekundungen zu geben, liegt von heute an ein Kondolenzbuch im Stadtladen im Rathaus aus. Außerdem hat Oberbürgermeister Kaminsky für die Tage bis zur Trauerfeier Trauerbeflaggung angeordnet.
Foto: Stadt Hanau/Medienzentrum