(pm/ea) – Jürgen von Paris berichtet über die Beringung der Störche am Diebacher Wehrturm und die diesjährigen Ringpaten.
Gewitter über Langendiebach!
Montag, 6. Juni 2016 – Beringungstag am Wehrturm Nord. Für 15 Uhr war der Hubsteiger bestellt, doch an diesem schwülen Tag kam es erstmal ganz anders als geplant. Oh Schreck! Ab 14 Uhr brauten sich dunkle Wolken am Himmel zusammen. In der Ferne schon konnte man Blitze und Donnergrummeln wahrnehmen und es sollte näher kommen!
Ab 14:30 Uhr hatten wir dann einen kleinen Gewitterschauer über dem Wehrturm! Sollte sich dieses Unwetter behaupten, konnte das nur eines bedeuten: Beringungsaktion absagen! Hubarbeitsbühnen dürfen bei Gewitter nicht eingesetzt werden! Ohnehin ist es keinem zuzumuten, da hochzufahren, weder bei Gefahr durch Gewitter noch bei starkem Regen!
Das Wetter jedoch hatte ein Einsehen. Bis 15 Uhr war glücklich das Gewitter so schnell vorbei wie es kam und auch der Regen hielt sich zurück.
Freie Fahrt für das Beringungsteam!
Auch wenn die Sonne sich immer noch hinter den Wolken verschanzte und zuweilen ein paar weitere Regentropfen fielen, konnte planmäßig beringt werden.
Alles war vorbereitet. Storchenfreunde, Vogelschützer, Ringpaten, Fotografen und weitere Interessierte trafen ein. Storchenexperte und Beringer Werner Peter brachte die ELSA-Plastikringe der Vogelwarte mit sowie eine Wolldecke.
Der Wagen mit der Hubarbeitsbühne parkte gekonnt rückwärts in der engen Gasse ein. Nach dem genauen Positionieren und dem Ausfahren der Stützen konnte es losgehen.
Zur Beringung der Störche wurden Werner Peter und Jürgen Von Paris mit dem Steiger den 18m hohen Turm hochgefahren. Die Gondel dockte direkt am Nest an. Der wachhabende Altstorch harrte lange aus, aber als die Arbeitsbühne dem Nest dann doch näher kam, flog er davon und überlies seine Jungen „mehr oder weniger vertrauensvoll“ dem Beringer.
Einer nach dem anderen bekam seinen Ring ans rechte Bein geklickt. Für gerade Jahre muss das rechte Bein herhalten, in ungeraden Jahren wird links beringt.
Die erwähnte mitgebrachte Decke diente dazu, die jeweils anderen drei abzudecken. Manchmal ist es nötig, die jungen Störche zur Beruhigung in Dunkelheit zu hüllen. Vor allem bei älteren Storchenkindern, die den Reflex der Akinese langsam verlieren, eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme! Aber heute und hier bestand da kaum eine Gefahr!
Für die Altstörche ist die Beringungsaktion normalerweise aufregender als für die Jungstörche selbst. Im Alter von 5 Wochen fallen die Kleinen noch in Akinese. Der angeborene Ruhereflex lässt sie das Prozedere ohne Stress und Angst über sich ergehen.
Aber auch unsere Storcheneltern machten im vierten Beringungsjahr schon einen weitaus unaufgeregteren Eindruck als in den letzten Jahren. Der eine Altstorch saß die ganze Zeit auf dem Nachbardach und sah dem Treiben zu, der andere war ohnehin auf Futtersuche und kam erst zurück, als die Aktion vorbei war!
Nachdem die eigentliche Beringung durch war, kam der Hubsteiger nochmals zu weiteren Einsätzen, allerdings ohne dabei direkt ans Nest zu steuern. So hatten unsere Ringpaten auch noch die seltene Gelegenheit, ins Storchennest auf die frisch beringten „Fab Four“ zu blicken, wie es Storchenfreund Mike Horst mit Begeisterung treffend ausdrückte.
Storchenkinder bekamen die Namen „Dammsche, Doro, Dakota und Dori“
In diesem Jahr wurden auch wieder Beringungspatenschaften ausgestellt Dabei durften sich die Ringpaten im Gegenzug für eine Spende auf das HGON-Artenschutzkonto Namen für ihr Storchenkind auswählen. Im vierten Brutjahr war der Anfangsbuchstabe D gefragt. So gab es für den 2016er Langendiebacher Storchennachwuchs die Namen „Dammsche, Doro, Dakota und Dori“.
Die vier Ringpaten (drei persönlich plus eine Vertretung) konnten an Ort und Stelle für ihr Engagement mit einer Erinnerungsurkunde zum Dank dafür ausgezeichnet werden. Anhand einer später abgelesenen Ringnummer seines Storches hat jeder Pate die Chance mehr über das weitere Leben seines Storches zu erfahren.
Folgende Ringpatenschaften kamen in diesem Jahr zustande:
„Dammsche“ Ringnummer DEW 5T589:
Axel Friedrich aus Erlensee bewarb sich als „Ur-Rückinger aus der sumpfigen Kinzigniederung“ für die Ringpatenschaft des Ältesten unserer 4 Jungstörche.
„Doro“ Ringnummer DEW 5T590:
Sigrid Horst aus Erlensee konnte leider nicht dabei sein und schickte ihren Mann vorbei, der als letzjähriger Pate im letzten Jahr fehlte.
„Dakota“ Ringnummer DEW 5T591:
Brandon Buckland aus Erlensee sah einen kleinen Indianerhäuptling in seinem Storch und nannte ihn dementsprechend Dakota.
„Dori“ Ringnummer DEW 5T592:
Silvia Zieg aus Neuberg mit der zweiten Patenschaft in Folge für den/die kleine Dori, das jüngste Storchenkind des Kleeblattes.
Ein großes Dankeschön an unsere Ringpaten und ihrer Spende, die direkt dem Storchen- und Artenschutz der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) zuteilwerden.
Auch turmstorch.de ist stolz darauf, diese Aktion vermitteln und organisieren zu dürfen!
Dank auch den Männern vom Bauhof für ihren Einsatz und der Stadt Erlensee für die freundliche Kostenübernahme der angeforderten Hubarbeitsbühne. Auch das etwas herunter gekommene und (noch) unbewohnte Nest am Südturm soll nun erneuert werden. Die alte Plattform hat ausgedient und wurde bereits am selben Tag schon entfernt.
In Erlensee haben wir dieses Jahr 7 Jungstörche und liegen dank der 4 Turmstörche bei einem Schnitt von 2,3 pro Nest, was, wenn sie alle ausfliegen, etwas über der durchschnittlichen arterhaltenden Fortpflanzungsrate bei Weißstörchen liegt. Das freut uns natürlich! Den Weißstorch als Symphatieträger und Symbolvogel des Natur- und Artenschutz sehen wir doch gerne im Aufwind!
Nach der Beringung war noch Zeit für den alljährlichen Storchenplausch bei Kaffee und Kuchen im Nachbargarten am Fuße des Wehrturms. Die Störche waren längst wieder ungestört und gingen ihrem eigenen Geschäft nach. Auch beringte Störche haben Hunger! Und zur Feier des Tages kam auch die Sonne nochmal hervor! Ein aufregend schöner Beringungstag ging zu Ende!
Auf dem Titelfoto: Die vier beringten Storchenkinder
Bericht und Fotos: JVP / www.turmstorch.de