(pm/ea) – Der Main-Kinzig-Kreis beherbergt ungefähr ein Drittel des hessischen Brutbestandes der Saatkrähe. Dies haben Mitarbeiter der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) in Zusammenarbeit mit örtlichen Naturschützern in diesem Frühjahr in einer kreisweiten Kartierung erfasst.
Die ehrenamtlichen Beobachter der HGON zählten im MKK insgesamt ca. 340 Nester bzw. Brutpaare. Dies entspricht den leicht schwankenden Zahlen der letzten Jahre. Dennoch zeigen sich die Naturschützer besorgt.
Saatkrähen zählen mit Rabenkrähe, Dohle, Kolkrabe, Eichelhäher, Tannenhäher und Elster zu den heimischen Rabenvögeln, brüten jedoch neben der Dohle als einzige Art sehr gesellig. Als Koloniebrüter, für den Nahrungsflüge aufgrund der hohen Fütterungsfrequenz nur innerhalb eines relativ geringen Aktionsradius von etwa 5 Kilometern rentabel sind, erreicht die Saatkrähe darum örtlich, wenn möglich, sehr hohe Dichten. Während außerhalb der Brutzeit pflanzliche Nahrung überwiegt, werden die Jungen bevorzugt mit Regenwürmern sowie Insekten und deren Larven gefüttert. Aber Nestplünderung anderer Singvögel ist der Saatkrähe nicht anzulasten.
Seit vielen Jahrzehnten ist in und um Gelnhausen ein Brutverbreitungsschwerpunkt der Saatkrähe im Main-Kinzig-Kreis. Die Brutkolonie am Bahnhof existiert sogar bereits seit Ende des 2. Weltkriegs. Das belegt die Aussage von 1968: „Die Kolonien konzentrieren sich in Hessen auf das Kinzigtal bei Gelnhausen.“ aus dem Buch „Die Vögel Hessens“ von Berg-Schlosser. Dennoch waren die hessischen Brutbestände bis 1980 auf rund 150 Brutpaare geschrumpft. Im Jahr 1980 trat dann die Bundesartenschutzverordnung in Kraft. Wie zuvor schon in anderen Bundesländern ist die Saatkrähe seitdem auch in Hessen ganzjährig geschützt. Nach dem aktuellen Naturschutzgesetz sind auch Brutplätze dieser Art geschützt.
Die in den letzten Jahren fast 200 Nester zählenden Koloniestandorte rund um Gelnhausen sind jedoch um über die Hälfte geschrumpft. Viele Saatkrähen haben entweder woanders einen Nistplatz gesucht oder sind ganz verschwunden. Auch ehemals größere Kolonien in Rodenbach oder Gründau sind teilweise komplett verwaist. So gibt es laut Angaben der HGON dieses Jahr im MKK insgesamt 7 Neuansiedlungen von Koloniestandorten vor allem im Raum Hanau, aber auch in Gelnhausen. Hierzu zählen z.B. neue Kolonien an der Westspange in Gelnhausen zwischen Kinzig und Bahnbrücke, in der Großauheimer Innenstadt oder an der Kläranlage in Niederdorfelden. Die größte Kolonie liegt in diesem Jahr am Bahnhof in Gelnhausen mit ca. 60 gezählten Nestern.
Die Entwicklung ist laut der HGON jedoch Besorgnis erregend. Während es im MKK im Jahr 2012 insgesamt 9 Koloniestandorte mit noch durchschnittlich gut 45 Nestern pro Kolonie gab, gibt es dieses Jahr 16 Koloniestandorte mit nur durchschnittlich gut 20 Nestern pro Kolonie. „Mancher Orts wurden im Winter Koloniebäume entfernt oder so stark zurück geschnitten, dass diese für die Tiere unbrauchbar geworden sind“, so Ralf Sauerbrei stellv. Vorsitzender der HGON. Auch Störungen während der Koloniebildung im Frühjahr kämen laut Sauerbrei oft vor. Die Tiere haben kaum noch große Räume, um ihrem Brutgeschäft nachzugehen. Störungen führen jedoch im Allgemeinen nur zur Verlängerung des Brutgeschäfts oder zur Aufsplitterung und häufig zur Neubildung von Kolonien an Orten, an denen die Vögel noch weniger willkommen sind.
Eine großräumige Umverteilung der Saatkrähenkolonien von der Stadt zurück aufs Land ist nicht zu erwarten und selbst durch rigorose Maßnahmen nicht erzwingbar. In jüngerer Vergangenheit mehren sich Hinweise auf illegale Beseitigungen von Nestern, sodass die Zukunft der Saatkrähe keineswegs als gesichert angesehen werden kann. Auch aus diesem Grund wird die Bestandserfassung der HGON im nächsten Jahr weitergeführt. Mehr Verständnis und Toleranz für die in Hessen als bedroht eingestufte Saatkrähe, für die der Main-Kinzig-Kreis eine besondere Verantwortung trägt, und wie es die Stadt Gelnhausen seit Jahrzehnten vorlebt, sollten jedoch selbstverständlich sein. Dafür und für den Schutz dieser Art setzt sich die HGON ein.
Auf dem Foto: Saatkrähen sind gut an ihrem sehr spitz zulaufenden, grauen Schnabel zu erkennen
Foto: Privat